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27.08.2025 11:48
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Und sie bewegen sich doch
Forschende enthüllen die Bewegungen großer molekularer Maschinen durch die Kombination verschiedener biophysikalischer Techniken
Forschende des Regensburg Center for Biochemistry (RCB) und des Regensburg Center for Ultrafast Nanoscopy (RUN) der Universität Regensburg erlangen einzigartige Einblicke in die Struktur, Dynamik und Funktion von beweglichen Bauteilen des Exosoms, einer RNA-abbauenden molekularen Maschine der Zelle. Die Ergebnisse liefern nicht nur biologische Informationen zum RNA-Abbau, sondern sind auch ein methodischer Meilenstein in der Strukturaufklärung von Biomolekülen. Die Arbeit zeigt, dass das Zusammenspiel experimenteller und computergestützter biophysikalischer Methoden die Untersuchung der Bewegungen großer molekularer Maschinen erlaubt. Solche Untersuchungen waren bisher nicht möglich. Das interdisziplinäre Team um Dr. Jobst Liebau, Dr. Daniela Lazzaretti, Prof. Dr. Till Rudack und Prof. Dr. Remco Sprangers berichtet über ihre Ergebnisse in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications, online.
Gemeinsam stark: Proteine arbeiten zusammen
Proteine sind die Alleskönner in den Zellen jedes Lebewesens und die Grundlage jeglichen Lebens. Häufig formen mehrere Proteine größere Komplexe, die als molekulare Maschinen vielfältige lebenswichtige Aufgaben durchführen. Zum Beispiel bauen diese Komplexe lebensnotwendige Moleküle zusammen und zerlegen sie wieder, wenn sie nicht länger benötigt werden. Andere Komplexe transportieren oder sortieren Biomoleküle, oder sie senden Nachrichten und empfangen sie. Um zu verstehen, wie diese Proteinkomplexe ihre Funktionen erledigen, muss man verstehen, wie sie aussehen. In den letzten Jahrzehnten haben Forschende die dreidimensionale (3D) Struktur einer Vielzahl von Proteinen aufgeklärt. Die Universität Regensburg verfügt über ein eigenes hochauflösendes Kryo-Elektronenmikroskop, das für diese Zwecke eingesetzt wird. Dieses Mikroskop wurde in der aktuellen Studie verwendet, um die statische Struktur einer molekularen Maschine aufzuklären.
Gemeinsam stark: NMR und MD-Simulationen
“Diese 3D Strukturen sind sehr wichtig, genügen aber nicht”, sagt Remco Sprangers, Professor für Biophysik an der Universität Regensburg. “Um die Funktion von Proteinen wirklich verstehen zu können, müssen wir verstehen, wie sie sich bewegen und wie sich ihre Struktur verändert, wenn sie arbeiten. Dies ist eine Aufgabe, die noch anspruchsvoller als die Aufklärung der starren Struktur ist.” Sprangers Forschung hat genau dies zum Ziel. Mittels der sogenannten Kernspinresonanz-Spektroskopie („Nuclear Magnetic Resonance“, NMR), erforscht seine Arbeitsgruppe, wie Proteine ihre Struktur verändern, um ihre Funktion ausüben zu können. Doch wie werden diese Veränderungen anschaulich machen? In der Regel sind die Daten der NMR sehr abstrakt. Mittels Molekulardynamik-(MD)Simulationen lassen sich anschauliche dynamische Strukturmodelle berechnen, die zeigen, wie genau die Veränderungen aussehen. Diese Modelle benötigen allerdings experimentelle Überprüfung. „Die Kombination aus NMR und MD funktioniert gemeinsam ähnlich wie ein Mikroskop mit sehr hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung und liefert eine Art Film vom atomaren Zusammenspiel der Proteine“, erläutert Till Rudack, Professor für Strukturelle Bioinformatik der Universität Regensburg.
Herausforderung: große molekulare Maschinen
Meistens funktionierte die NMR-Methode allerdings nur für kleine Proteine. „Bei größeren Proteinkomplexen stößt NMR oft an ihre Grenzen. Jetzt ist uns ein Durchbruch gelungen, der es ermöglicht, auch die Giganten der mikroskopischen Welt der Proteine zu untersuchen, wie zum Beispiel den RNA-Exosom-Komplex, der entscheidend am RNA-Abbau beteiligt ist“, erklärt Jobst Liebau, Postdoc in der Sprangers Gruppe und Erstautor der Studie. „Zusätzlich konnten wir jetzt Bereiche des Exosom-Komplexes untersuchen, die bisher für alle anderen Methoden unsichtbar geblieben waren“, ergänzt Daniela Lazzaretti, ebenfalls Postdoc in der Sprangers Gruppe.
Dynamische Einblicke in RNA-Abbauprozess
Das RNA-Exosom besteht aus zehn unterschiedlichen Proteinen und baut RNA ab. Eine unerlässliche Aufgabe in jeder Zelle. „Dass wir die Bewegungen von bisher unsichtbaren Regionen messen können, erlaubt uns, die kurzlebigen Interaktionen zwischen RNA und dem Exosom zu analysieren,“ erläutert Jobst Liebau. Manche Bereiche des Proteins bewegen sich extrem schnell. Sie führen eine Bewegung mehrere Milliarden mal pro Sekunde aus. Andere meist größere Regionen bewegen sich langsamer: „nur“ 30-mal pro Sekunde. Gerade diese langsamen Bewegungen scheinen häufig von zentraler Bedeutung für die Funktion von Proteinkomplexen zu sein. Zum Beispiel konnten die Forschenden einen Bereich im RNA-Exosom identifizieren, der sich in etwa genauso schnell bewegt, wie das Exosom RNA abbaut. Einen direkten Zusammenhang können die Forschenden bisher nicht belegen, aber klar ist, dass es ohne Bewegungen keinen RNA-Abbau geben würde.
Von starren zu beweglichen Bildern
Die Studie liefert also mehr als ein stillstehendes Bild. Sie liefert eine Art Film, der Einblicke in die dynamischen Prozesse des RNA-Abbaus durch den Exosom-Komplex liefert. „Leben ist Bewegung“, erläutert Till Rudack, „und das Zusammenspiel von NMR und MD-Simulationen ermöglicht tiefe Einblicke in die dynamische Welt der Proteine.“ „Die Verbindung verschiedener biophysikalischer Methoden zur Aufklärung von Strukturdynamik ist wegweisend für die zukünftige Forschung. Wir fangen gerade erst an zu verstehen, welche Rolle Dynamik für die Funktion von Proteinen spielt“, ergänzt Remco Sprangers. Mit ihrer Studie haben die Forschenden einen Grundstein gelegt, die bisher statischen Bilder des Mikrokosmos der Zelle in sich bewegende Filme zu verwandeln.
Bildquelle:
Grafik aus: Liebau, J., Lazzaretti, D., Fürtges, T. et al. 4D structural biology–quantitative dynamics in the eukaryotic RNA exosome complex. Nat Commun 16, 7896 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-62982-6
Lizenz: Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Remco Sprangers
Lehrstuhl für Biophysik
Regensburg Center für Biochemie
Regensburg Center für Untraschnelle Nanoskopie
Universität Regensburg
E-Mail: remco.sprangers@ur.de
Prof Dr. Till Rudack
Strukturelle Bioinformatik
Regensburg Center für Biochemie
Regensburg Center für Untraschnelle Nanoskopie
Universität Regensburg
E-Mail: till.rudack@ur.de
Originalpublikation:
doi.org/10.1038/s41467-025-62982-6
Bilder
Liebau, J., Lazzaretti, D., Fürtges, T. et al. 4D structural biology–quantitative dynamics in the eu …
Copyright: Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Biologie, Medizin, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
