Wie Herz und Gehirn zusammenspielen – Herzinfarkt-Risiko bei Schlaganfall-Patienten besser beurteilen



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04.06.2024 13:28

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Wie Herz und Gehirn zusammenspielen – Herzinfarkt-Risiko bei Schlaganfall-Patienten besser beurteilen

Der Blutwert Troponin eignet sich auch bei Patienten mit einem akuten Schlaganfall, um einen akuten Herzinfarkt besser zu erkennen. Das zeigt die vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) gemeinsam geförderte PRAISE-Studie.

Patienten mit einem akuten Schlaganfall erleiden häufig Komplikationen am Herzen, die früh festgestellt und behandelt werden sollten. Den Mechanismus der Herzschädigung zu identifizieren ist hier von großer Bedeutung. Dies stellt die behandelnden Ärzte jedoch häufig vor diagnostische Herausforderungen. Denn im Einzelfall ist es schwer zu sagen, ob eine stressvermittelte Herzschädigung oder ein akuter Herzinfarkt, also eine Durchblutungsstörung des Herzmuskels, vorliegt. Bisher gibt es keine gut etablierten diagnostischen Methoden, um dies sauber zu unterscheiden, ohne die Patienten mit einem Herzkatheter zu untersuchen.

Troponin wird im Blut bestimmt und ist derzeit der empfindlichste Marker, um Schäden am Herzmuskel zu erkennen. Bei Patienten mit Brustschmerz und erhöhten oder ansteigenden Troponinwerten wird routinemäßig ein Herzkatheter (Koronarangiographie) durchgeführt, um einen möglichen Herzinfarkt festzustellen und zu behandeln. Bei diesem Eingriff setzen die Ärzte zur Therapie einen Stent ein, falls ein Gefäßverschluss oder eine kritische Verengung vorliegt.

Erhöhte Troponinwerte finden sich bei jedem zweiten Schlaganfallpatienten und bei jedem siebten sind diese sogar so stark erhöht, dass die Kriterien zur diagnostischen Abklärung mittels Herzkatheter für einen möglichen Herzinfarkt erfüllt sind. Bislang ist der Nutzen der Herzkatheteruntersuchung bei Schlaganfallpatienten jedoch unklar. Im klinischen Alltag wird diese Untersuchung deshalb derzeit nur selten durchgeführt – bei etwa ein bis zwei Prozent der Schlaganfallpatienten.

Mit der Studie PRAISE (PRediction of Acute coronary syndrome in acute Ischemic StrokE) haben Kardiologen und Neurologen des DZHK und DZNE nun herausgefunden, dass tatsächlich bei der Hälfte aller Schlaganfallpatienten mit stark erhöhten Troponinwerten ein Herzinfarkt vorliegt. „Das ist zumindest aus Sicht von Neurologen ein überraschend hoher Anteil, so viele Herzinfarkte hatten wir nicht erwartet“, sagt Prof. Matthias Endres, Direktor der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und Forscher am DZNE-Standort Berlin. Er leitete die Studie zusammen mit seinen Charité-Kollegen Prof. Christian Nolte und Prof. Ulf Landmesser vom Deutschen Herzzentrum der Charité.

Es stellte sich heraus: Etwa 20 Prozent der Schlaganfall-Patienten haben einen Herzinfarkt vom Typ 1, der umgehend behandelt werden muss. Dabei führt oft die Ruptur einer Gefäßablagerung (Plaque) und eine Gerinnselbildung im Herzkranzgefäß zum Infarkt. „In der PRAISE Studie zeigte ein mehr als fünffach erhöhter Troponinwert mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Herzinfarkt Typ 1 an. Das ist eine relevante Erkenntnis. Der neue Grenzwert kann helfen, zu entscheiden, welche Patienten mit Schlaganfall eine Koronarangiographie erhalten sollten“, sagt Nolte, Erstautor der Studie und Oberarzt an der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie an der Charité. Bei weiteren 30 Prozent lag ein Herzinfarkt Typ 2 vor, bei dem keine Thrombusbildung und keine hochgradige Verengung der Blutgefäße zum Infarkt führen. Hier entwickelt sich der Sauerstoffmangel durch ein komplexes Zusammenspiel zwischen Sauerstoffangebot und Nachfrage am Herzen.

Dynamik liefert keinen Hinweis auf Herzinfarkt

Bei Patienten mit Brustschmerzen wird das primäre Augenmerk auf den Verlauf des Troponinwertes über die Zeit gelegt. Insbesondere ein Anstieg oder Abfall („Dynamik”) um mindestens 20 Prozent ist relevant für die Wahrscheinlichkeit, dass ein akuter Herzinfarkt vorliegt. „Anders als von uns erwartet, hatten solche dynamischen Veränderungen von Troponin bei Schlaganfallpatienten jedoch keine gute Vorhersagekraft, um den Mechanismus der Herzmuskelschädigung zu klären und zwischen Durchblutungsstörung und Nerven-vermittelter kardialer Störung zu unterscheiden”, sagt Landmesser, Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Deutschen Herzzentrum der Charité.

Behandlungsstudie geplant

„PRAISE ist eine diagnostische Studie, um den Mechanismus decontent=olf&utm_term=0r Herzschädigung besser zu verstehen“, betont Endres. „Als Nächstes wollen wir nun mit einer Behandlungsstudie untersuchen, ob wir die Prognose von Schlaganfallpatienten mit fünffach erhöhten Troponinwerten mithilfe eines Herzkatheters und der entsprechenden Behandlung verbessern können.“ Erst dann ließen sich verbindliche Empfehlungen für die klinische Praxis aussprechen.

Bei der von DZHK und DZNE geförderten Studie haben Kardiologen und Neurologen auf allen Ebenen eng zusammengearbeitet, das fing bei der Antragstellung an und zog sich bis zu den Studienteams an den 26 beteiligten Kliniken durch. Insgesamt nahmen 254 Patientinnen und Patienten mit einem akuten Schlaganfall und stark erhöhten Troponinwerten an der Studie teil. 47 Prozent waren Frauen und das mittlere Alter lag bei 75 Jahren. Alle Teilnehmer erhielten eine Ultraschalluntersuchung, ein Elektrokardiogramm (EKG) und eine Blutuntersuchung. Die Ergebnisse wertete ein Endpunktkomitee standardisiert aus.

„Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, wie wichtig die Verbindung zwischen Herz und Gehirn beim akuten ischämischen Schlaganfall ist und legen die Basis für weitere Studien von Kardiologie und Neurologie”, so Endres.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Matthias Endres, Direktor der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, matthias.endres(at)charite.de


Originalpublikation:

Nolte CH, von Rennenberg R, Litmeier S, et al. Type 1 Myocardial Infarction in Patients With Acute Ischemic Stroke. JAMA Neurol. Published online June 03, 2024. doi:10.1001/jamaneurol.2024.1552 https://jamanetwork.com/journals/jamaneurology/fullarticle/2819394?guestAccessKe…


Weitere Informationen:

https://dzhk.de/forschung/klinische-forschung/alle-studien/studie/detail/praised… Studientitel: PRAISE-DZHK19 I DZNEB001 (Prediction of Acute Coronary Syndrome in Acute Ischemic Stroke)
https://jamanetwork.com/journals/jamaneurology/article-abstract/2819396 Editorial: Seitz A, Merkler AE. Time to Think About Myocardial Infarction in Acute Ischemic Stroke. JAMA Neurol. Published online June 03, 2024. doi:10.1001/jamaneurol.2024.1547


Bilder

Prof. Christian Nolte, Prof. Matthias Endres und Prof. Ulf Landmesser (v. l. n. r.) untersuchten das Herzinfarkt-Risiko von Schlaganfall-Patienten.

Prof. Christian Nolte, Prof. Matthias Endres und Prof. Ulf Landmesser (v. l. n. r.) untersuchten das

Stiftung Charité, Fotograf: Andreas FranzXaver Süß | Centrum für Schlaganfallforschung Berlin | DHZC/Sara Paff


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW