07.11.2022 10:40
Zuckermoleküle als Angriffspunkt für Krebstherapie
Tumorzellen nutzen Zuckermoleküle auf ihrer Oberfläche, um Angriffe des körpereigenen Immunsystems lahmzulegen. Forschende der Universität Basel berichten nun, wie sich dieser Mechanismus aushebeln lässt.
Eigentlich wäre das Immunsystem bestens ausgerüstet, entartete Zellen zu beseitigen. Das Abwehrsystem kennt aber auch Sicherheitsmechanismen, die verhindern, dass gesunde Zellen angegriffen werden. Perfiderweise können Krebszellen diese Schutzmechanismen so manipulieren, dass die Immunzellen sie nicht angreifen.
In den letzten Jahren haben Immuntherapien die Krebsbehandlung revolutioniert. Dazu gehören auch Therapien, die verhindern, dass Tumorzellen die Immunabwehr unterbinden. Dabei werden sogenannte Immuncheckpoints durch künstlich hergestellte Eiweisse blockiert, was den Immunzellen erlaubt, die Krebszellen anzugreifen.
«Bei vielen Tumoren waren die Erfolge aber bisher mässig. Deshalb suchen wir nach neuen Ansätzen, die Immuncheckpoint-Blockade effizienter zu machen», erklärt Prof. Dr. Heinz Läubli vom Departement Biomedizin der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel. Im Fachjournal «Science Translational Medicine» berichtet sein Team gemeinsam mit Forschenden um die frischgebackene Chemie-Nobelpreisträgerin Prof. Dr. Carolyn Bertozzi von der Stanford University von einem vielversprechenden Ansatz. Indem die Forschenden bei Mäusen Zuckermoleküle auf der Oberfläche der Tumorzellen veränderten, konnten sie den Immunangriff auf den Tumor deutlich steigern.
Wie Immunzellen zu Verrätern werden
Im Fokus stehen Zuckermoleküle auf der Oberfläche der Tumorzellen und der Zellen ihrer direkten Umgebung, die Sialinsäure enthalten. Diese Sialinsäure-Zucker kommen auch auf gesunden Zellen vor und sind wichtig für die Zell-Zell-Kommunikation, allerdings fahren Tumore den Anteil dieser Zucker auf ihrer Oberfläche hoch.
Bestimmte Immunzellen namens Makrophagen erkennen diese Sialinsäure-Zucker und werden durch dieses Signal unfreiwillig zu Verrätern: Sie vermitteln anderen Immunzellen in der Umgebung den Eindruck, hier sei alles in Ordnung. Das Forschungsteam konnte nun in Versuchen mit Mäusen zeigen, dass sich die Sialinsäure-Zucker mithilfe eines Enzyms entfernen oder zumindest stark reduzieren lassen. In der Folge bremsen die Makrophagen den Immunangriff auf den Tumor nicht mehr aus.
Zielstruktur für neue Therapien
Durch genauere Analysen konnten die Forschenden auch identifizieren, welche Andockstelle auf den Makrophagen bei Mäusen genau die Sialinsäure-Zucker erkennt. Liesse sich das Pendant dieser Andockstelle beim Menschen identifizieren, könnte es auch ein interessantes Ziel sein, um Krebszellen mithilfe des eigenen Immunsystems zu bekämpfen.
«Die Kombination unseres Ansatzes mit den bereits etablierten Immuncheckpoint-Blockaden konnte das Tumorwachstum bei den Versuchsmäusen stark bremsen», so Läubli. Als nächsten Schritt wollen die Forschenden unter anderem nach Möglichkeiten suchen, die Sialinsäure-Zucker möglichst gezielt aus dem Tumor und seiner Umgebung zu entfernen, um die Funktion gesunder Zellen nicht zu stören und mögliche Nebenwirkungen auszuschliessen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Heinz Läubli, Universität Basel, Departement Biomedizin, Universitätsspital Basel, Tel: +41 61 265 23 55, E-Mail: heinz.laeubli@unibas.ch
Originalpublikation:
Michal A. Stanczak et al.
Targeting cancer glycosylation repolarizes tumor-associated macrophages allowing effective immune checkpoint blockade
Science Translational Medicine (2022), doi: 10.1126/scitranslmed.abj1270
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
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Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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