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15.11.2024 07:48
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
CTBP2-Genvarianten mit Relevanz für Körpergewicht und Essverhalten
Forscher:innen der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen konnten zeigen, dass drei genetische Varianten im CTBP2-Gen sowohl mit einem geringeren Body-Mass-Index (BMI) als auch mit einem erhöhten Risiko für die Essstörung Anorexia nervosa, umgangssprachlich Magersucht genannt, in Verbindung stehen. Die Effekte dieser drei Varianten auf das Körpergewicht waren hauptsächlich bei Frauen zu finden. „Das hat uns natürlich hellhörig gemacht. Denn Anorexia nervosa ist eine Erkrankung, die vorwiegend junge Mädchen betrifft“, erklärt Prof. Dr. Anke Hinney, Leiterin der Sektion für Molekulargenetik Psychischer Störungen am LVR-Universitätsklinikum.
Nun wurden neue Erkenntnisse in der Zeitschrift „Molecular Psychiatry“ veröffentlicht. „Interessant ist, dass die genetischen Varianten, die wir nun in Patientinnen mit Anorexia nervosa und Kindern und Jugendlichen mit Adipositas gefunden haben, alle in einer spezifischen Region von CTBP2 liegen. Diese Region kodiert für das RIBEYE-Protein, von dem wir bisher geglaubt haben, dass es vor allem in den sogenannten Bändersynapsen (engl. „synaptic ribbons“), also beispielsweise in der Retina im Auge vorkommt“, erläutert Dr. Luisa Rajcsanyi, eine der Seniorautor:innen der Studie.
Um diesen unerwarteten Zusammenhang besser zu verstehen, haben sich die Forscher:innen Expressionen des Proteins und seiner Vorläufer-Version, der mRNA („messenger RNA“), in verschiedenen Tiermodellen näher angeschaut. So konnte zum ersten Mal überhaupt eine Ribeye mRNA im Hypothalamus, einer Gehirnregion mit einer hohen Relevanz für Energiebilanz und Essverhalten, nachgewiesen werden.
„Anschließend untersuchten wir auch mögliche Zusammenhänge mit Leptin, einem der wichtigsten Hormone für das Essverhalten. Dazu haben wir Mäuse untersucht, die kein körpereigenes Leptin bilden können. Wurden diese Mäuse mit Leptin behandelt, stieg die Produktion von Ribeye im Hypothalamus deutlich an“, sagt Prof. Dr. Anke Hinney. „Weiterführende Analysen müssen nun zeigen, über welchen Mechanismus RIBEYE das Körpergewicht reguliert.“
Originalpublikation:
https://www.nature.com/articles/s41380-024-02791-3
Weitere Informationen:
https://www.uni-due.de/med/meldung.php?id=1708
Bilder
Sieglinde Düerkop, Dr. Triinu Peters, Prof. Dr. Anke Hinney und Dr. Luisa Rajcsanyi, alle LVR-Unive …
Andre Zelck
Andre Zelck, UDE/UK Essen
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
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