Fortschritt bei der funktionellen Charakterisierung menschlicher Geruchsrezeptoren



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22.06.2021 13:27

Fortschritt bei der funktionellen Charakterisierung menschlicher Geruchsrezeptoren

Ein Wissenschaftlerteam des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München hat nun entdeckt, dass der Geruchsrezeptor OR5K1 sowohl bei Menschen als auch bei domestizierten Tieren darauf spezialisiert ist, Pyrazine zu erkennen. Dies sind flüchtige Substanzen, die zum typischen Geruch vieler Gemüse beitragen oder beim Erhitzen von Lebensmitteln entstehen. Darüber hinaus spielen Pyrazine auch als Signalstoff bei der inner- oder zwischenartlichen Kommunikation eine Rolle. Die neuen Forschungsergebnisse tragen dazu bei, die molekularen Mechanismen besser zu verstehen, die der Geruchswahrnehmung von Lebensmitteln sowie der olfaktorischen Kommunikation zu Grunde liegen.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Die Geruchswahrnehmung ist für das Erkennen und Auswählen von Lebensmitteln sowie den Genuss beim Essen entscheidend. Das weiß jeder spätestens dann, wenn aufgrund einer verstopften Nase nichts mehr schmeckt. Ebenso beeinflusst die Wahrnehmung von Gerüchen das Verhalten vieler Tiere.

Für 80 Prozent ist das Geruchsstoffspektrum unbekannt

Seit über 30 Jahren sind zwar die Gene für die Rezeptoren bekannt, mit denen wir Gerüche wahrnehmen. Dennoch ist trotz intensiver Forschung für etwa 80 Prozent der menschlichen Geruchsrezeptoren das von ihnen detektierte, spezifische Duftstoffspektrum noch unbekannt.

Neue Erkenntnisse in diesem Bereich könnten dazu beitragen, biobasierte „künstliche Nasen“ zu entwickeln, mit denen sich beispielsweise die sensorische Qualität und Authentizität von Lebensmitteln überwachen lässt. Zudem könnten sie einen Einblick in die physiologischen Funktionen dieser Rezeptoren geben, die über die sensorische Wahrnehmung von Lebensmitteln hinausgehen.

„Insbesondere Duftstoffe wie Pyrazine sind in dieser Hinsicht interessant. Denn einige von ihnen prägen als Schlüsselgeruchsstoffe das typische Aroma von Lebensmitteln und spielen gleichzeitig als flüchtige Signalstoffe bei der olfaktorischen Kommunikation von Tieren eine große Rolle. Ein gutes Beispiel sind Wölfe, die über ihren Urin Duftbotschaften in ihrem Revier hinterlassen und dieses so markieren“, sagt Studienleiter Dietmar Krautwurst.

Pyrazin mit Doppelfunktion

Trimethylpyrazin ist eine solche Substanz. Sie entsteht bei Röstprozessen, wobei ihr Duft an gebackene Kartoffeln, geröstete Nüsse und Kakao erinnert. Sie ist daher ein häufig verwendeter Aromastoff der Lebensmittelindustrie. Ebenso ist diese Substanz natürlicherweise im Urin von Füchsen und Wölfen enthalten und versetzt Mäuse in Alarmbereitschaft, sobald sie diese riechen.

Welche der menschlichen Geruchsrezeptoren auf Pyrazine reagieren, war jedoch bislang nicht bekannt. Daher untersuchte das Forscherteam mit einem am Institut etablierten zellulären Testsystem die Reaktionen von über 600 menschlichen Rezeptorvarianten auf Trimethylpyrazin. Wie die Studienergebnisse belegen, reagierte der Geruchsrezeptor OR5K1 als einziger der getesteten Varianten auf die Substanz. Eine Überprüfung des Rezeptors mit weiteren Geruchsstoffen ergab, dass er selektiv noch 18 andere Pyrazine erkennt. Für den Test verwendete das Team unter anderem 178 Schlüsselgeruchsstoffe, die das Aroma von Lebensmitteln prägen, unter ihnen auch einige Pyrazine.

„Auffällig ist, dass diejenigen Pyrazine den Rezeptor am besten aktivieren, die sowohl als Lebensmittelgeruchsstoff als auch Signalstoff im Tierreich fungieren“, berichtet Franziska Haag vom Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München, die zusammen mit ihrem ehemaligen Kollegen Patrick Marcinek maßgeblich an der Studie beteiligt war. Wie die Studienergebnisse zudem zeigten, reagieren entsprechende (homologe) Geruchsrezeptoren von Haus- und Nutztieren, aber auch von Mäusen in ähnlicher Weise wie der menschliche Rezeptor auf die getesteten Pyrazine. „Wir nehmen daher an, dass sich das Erkennungsspektrum des Geruchsrezeptors OR5K1 unter dem Einfluss der Domestikation entwickelt hat“, erklärt Dietmar Krautwurst. Veronika Somoza, Direktorin des Leibniz-Instituts ergänzt: „Auch zukünftig wollen wir am Institut unsere einzigartige, umfangreiche Geruchsstoff- und Rezeptorsammlung nutzten, um die Funktion menschlicher Geruchsrezeptoren zu entschlüsseln.“

Originalpublikation: Marcinek P, Haag F, Geithe C, Krautwurst D (2021) FASEB J, 35(6):e21638, DOI: 10.1096/fj.202100224R. An evolutionary conserved olfactory receptor for foodborne and semiochemical alkylpyrazines, Open Access, https://faseb.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1096/fj.202100224R

Expertenkontakt:
PD Dr. Dietmar Krautwurst
Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie
an der Technischen Universität München (Leibniz-LSB@TUM)
Lise-Meitner-Str. 34
85354 Freising
Tel.: +49 8161 71-2634
E-Mail: d.krautwurst.leibniz-lsb@tum.de

Dr. Franziska Haag
Leibniz-LSB@TUM
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Leibniz-LSB@TUM
Wissenstransfer, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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Informationen zum Institut
Das Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (Leibniz-LSB@TUM) besitzt ein einzigartiges Forschungsprofil. Seine Wissenschaftler kombinieren Methoden der biomolekularen Grundlagenforschung mit Analysemethoden der Bioinformatik und analytischen Hochleistungstechnologien. Ihr Ziel ist es, die komplexen Inhaltsstoffprofile von Rohstoffen bis hin zu den finalen Lebensmittelprodukten zu entschlüsseln und deren Wirkung auf den Menschen aufzuklären. Basierend auf ihrer Forschung entwickelte Produkte sollen dazu beitragen, die Bevölkerung auch in Zukunft nachhaltig und ausreichend mit gesundheitsfördernden, wohlschmeckenden Lebensmitteln zu versorgen. Darüber hinaus sollen die neu gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu dienen, personalisierte Ernährungskonzepte zu entwickeln, die zum Beispiel Menschen mit einer Nahrungsmittelunverträglichkeit helfen, ohne dass die Lebensqualität eingeschränkt und die Gesundheit gefährdet ist.

Das Leibniz-LSB@TUM ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 96 selbständige Forschungseinrichtungen verbindet. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 20.000 Personen, darunter 10.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.

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Wissenschaftliche Ansprechpartner:

PD Dr. Dietmar Krautwurst
Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie
an der Technischen Universität München (Leibniz-LSB@TUM)
Lise-Meitner-Str. 34
85354 Freising
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E-Mail: d.krautwurst.leibniz-lsb@tum.de

Dr. Franziska Haag
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Tel.: +49 8161 71-2716
E-Mail: f.haag.leibniz-lsb@tum.de


Originalpublikation:

Marcinek P, Haag F, Geithe C, Krautwurst D (2021) FASEB J, 35(6):e21638, DOI: 10.1096/fj.202100224R. An evolutionary conserved olfactory receptor for foodborne and semiochemical alkylpyrazines, Open Access, https://faseb.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1096/fj.202100224R


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Tier / Land / Forst
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW