KI analysiert weltweit grösste Herzinfarkt-Datensätze – und weist neue Behandlungswege



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16.10.2025 23:30

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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KI analysiert weltweit grösste Herzinfarkt-Datensätze – und weist neue Behandlungswege

Künstliche Intelligenz kann das Risiko von Patient:innen mit der häufigsten Form des Herzinfarkts präziser einschätzen als bisherige Methoden und somit die Behandlung gezielter steuern. Dies zeigt eine internationale Studie unter Leitung der Universität Zürich.

Ärzt:innen, die Patient:innen mit der häufigsten Form des Herzinfarkts – dem sogenannten akuten Koronarsyndrom ohne ST-Hebung – behandeln, stützen sich bislang auf einen festgelegten Score. Mithilfe des sogenannten GRACE-Scores werden das Risiko sowie der optimale Zeitpunkt für eine Herzkatheter-Behandlung eingeschätzt und bestimmt. Dieser Score ist weit verbreitet und weltweit in internationale klinische Leitlinien integriert. Allerdings ist schon lange bekannt, dass die bestehenden Instrumente die Komplexität dieser Patient:innen nicht vollständig erfassen.

Daten von über 600’000 Patient:innen

Die heute in der Fachzeitschrift «The Lancet Digital Health» veröffentlichte Studie zeigt: Viele Patient:innen müssen möglicherweise neu eingestuft werden – mit potenziell weitreichenden Folgen für die weltweite Behandlung von Herzinfarkten. In der bislang grössten Studie zur Risikovorhersage bei der häufigsten Herzinfarktform analysierte ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Zürich (UZH) die Gesundheitsdaten von über 600’000 Patient:innen aus zehn Ländern.

Dabei wurden die klinischen Studiendaten der sogenannten VERDICT-Studie erstmals mithilfe von KI ausgewertet und das Modell darauf trainiert, jene Patient:innen zu identifizieren, die am meisten von einer frühen Herzkatheterbehandlung – etwa dem Einsetzen eines Stents – profitieren.

Neue Risikoeinteilung der Patient:innen nötig

«Die Ergebnisse waren bemerkenswert: Während einige Patient:innen deutlich von einer frühzeitigen Intervention profitierten, zeigte sich bei anderen nur ein geringer oder gar kein Nutzen», sagt Erstautor Florian A. Wenzl vom Zentrum für Molekulare Kardiologie der UZH, der auch am National Health Service in England forscht. Gemäss den Forschenden deutet dies darauf hin, dass die derzeitigen Behandlungsstrategien teilweise die falschen Patient:innen adressieren. Eine umfassende Neustratifizierung der Versorgung, bei der der individuelle Nutzen etablierter Behandlungsstrategien abgeschätzt wird, könnte demnach nötig sein.

Laut Wenzl zeigt die Studie, wie künstliche Intelligenz die Behandlung von Herzinfarkten verändern kann: «Indem wir die klinischen Studiendaten erneut analysiert haben, hat unser Modell GRACE 3.0 gelernt, wer tatsächlich von einer frühen invasiven Behandlung profitiert – und wer nicht. Das könnte helfen, in Zukunft die Versorgung dieser Patient:innen sowie die Herzkreislaufgesundheit nach dem Infarkt zu verbessern».

Personalisierte Therapie dank präziserer Risikoabschätzung

Letztautor Thomas F. Lüscher, der am Zentrum für Molekulare Kardiologie der UZH und an der Royal Brompton and Harefield hospitals in London forscht, erklärt: «GRACE 3.0 ist das bislang fortschrittlichste und zugleich praktischste Instrument, um Patient:innen mit der häufigsten Form des Herzinfarkts zu behandeln.» Der neue Score ermittelt nicht nur das Risiko genauer, sondern dient auch als Entscheidungshilfe für eine personalisierte Therapie. «Das könnte in Zukunft klinische Leitlinien prägen und dazu beitragen, Leben zu retten», so Lüscher.

Mit dem neuen GRACE 3.0-Score möchten die Forschenden Ärzt:innen ein einfaches, validiertes und KI-gestütztes Instrument zur Verfügung stellen, das sie in der klinischen Praxis unterstützt, und ihnen dabei hilft, Herzinfarkt-Patient:innen zukünftig individueller und wirksamer zu versorgen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. med. Florian A. Wenzl
Center for Molecular Cardiology
Universität Zürich
florian.wenzl@uzh.ch
+41 76 749 42 50

Prof. Dr. med. Thomas F. Lüscher
Royal Brompton and Harefield hospitals
London, UK
t.luescher@rbht.nhs.uk
+44 7502 008 487


Originalpublikation:

Wenzl FA, Kofoed KF, Simonsson M, Ambler G, van der Sangen NMR, Lampa E et al. Extension of the GRACE score for non-ST-elevation acute coronary syndrome: a development and validation study in ten countries. Lancet Digit Health. 18 October 2025. DOI: https://doi.org/10.1016/j.landig.2025.100907


Weitere Informationen:

https://www.news.uzh.ch/de/articles/media/2025/KI-Herzinfarkt.html


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW