Neues Mikroskop: ComplexEye und KI ermöglichen schnellere Migrationsanalyse von Immunzellen



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11.12.2023 11:15

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Neues Mikroskop: ComplexEye und KI ermöglichen schnellere Migrationsanalyse von Immunzellen

Immunzellen bekämpfen z.B. Infektionserreger oder suchen nach sich entwickelnden Krebserkrankungen. Dazu wandern sie durch die Gewebe des Körpers. Am falschen Ort können Immunzellen wie Neutrophile Granulozyten auch Schäden anrichten: Infiltrieren diese weißen Blutkörperchen Tumoren, verschlechtert das oft die Prognose für Patienten. Betroffene könnten daher von Arzneimitteln profitieren, die das Einwandern verhindern. Bisher ließ sich dieses Migrationsverhalten nur mit herkömmlicher Videomikroskopie untersuchen. Forschende (Universität Duisburg-Essen, Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften) haben nun ein Mikroskop für die Hochdurchsatzanalyse von Arzneimittelsubstanzen entwickelt.

Bei der herkömmlichen Videomikroskopie beobachtet ein einzelnes Objektiv die Bewegung von Zellen unter dem Mikroskop – eine Probe nach der anderen, der Reihe nach. Mit ihrem neuen Mikroskop jedoch können die Wissenschaftler:innen der Universität Duisburg-Essen (UDE) und des Leibniz-Instituts für Analytische Wissenschaften (ISAS) 64 und künftig 384 Proben gleichzeitig untersuchen. Ihr Mikroskop mit dem Namen ComplexEye (dt. Facettenauge oder Komplexauge) haben sie nun in Nature Communications vorgestellt.

„Wenn man wüsste, wie sich Neutrophile steuern lassen, würden sich viele Erkrankungen besser behandeln lassen“, sagt Prof. Dr. Matthias Gunzer, Direktor am Institut für Experimentelle Immunologie und Bildgebung (UDE) sowie Leiter der Abteilung Biospektroskopie am ISAS. Aber um solche Forschungsarbeiten voranzutreiben, fehlte es bisher an Untersuchungsmethoden, vor allem für die kleinen, schnell wandernden Immunzellen. Gunzer und seine Co-Autor:innen konnten nun mit der Technik des ComplexEye das Tempo bei der Migrationsanalyse drastisch erhöhen.

60-mal schneller als herkömmliche Mikroskope

„Wir konnten in unseren Testläufen die Proben rund 60-mal schneller untersuchen als es mit herkömmlicher Videomikroskopie möglich gewesen wäre“, erklären die beiden Erstautorinnen Zülal Cibir und Jaqueline Hassel (UDE). Um den Einfluss existierender Arzneimittelwirkstoffe auf die Migration von Neutrophilen zu untersuchen, haben die Essener Forschenden rund 1.000 Wirkstoffe aus einer Substanzbibliothek des Lead Discovery Centers Dortmund getestet. Für die anschließende Analyse programmierten die KI-Expert:innen am ISAS eine passgenaue Software. Mithilfe des KI-unterstützten ComplexEye-Systems identifizierten die Forschenden dann innerhalb von nur vier Tagen 17 Substanzen, die die Beweglichkeit der humanen Neutrophilen stark beeinflussen können.

ComplexEye: weitere Diagnoseverfahren möglich

Zunächst sind die Erkenntnisse von grundlagenwissenschaftlichem Wert, aber die Forschenden hoffen, dass sich hieraus viele neue therapeutische Möglichkeiten ergeben. „Mit einigen kleineren Anpassungen lässt sich das ComplexEye auch für andere Zellen anwenden, um beispielsweise Krankheitsverläufe zu beobachten und dabei Frühwarnzeichen für eine Verschlimmerung von Infektionen wie drohende Blutvergiftungen zu erkennen“, so Immunologe Gunzer.

Über das ComplexEye

Um das ComplexEye zu entwickeln, haben Wissenschaftler:innen der Medizinischen Fakultät, der Elektro- und Informationstechnik der UDE und des Dortmunder ISAS eng zusammengearbeitet. „Die Herausforderung war, miniaturisierte Mikroskope zu bauen, beweglich zu machen und so dicht zu einem System zusammenzufügen, dass sie Videos von jeder einzelnen der 384 Kammern einer Well-Platte, einer gängigen Untersuchungskassette, aufnehmen können“, sagt Dr. Reinhard Viga aus dem Fachgebiet Elektronische Bauelemente und Schaltungen der UDE. Der Elektroingenieur leitete den technischen Aufbau des neuen Mikroskops. Wie das Facettenauge einer Fliege bewegt sich das ComplexEye unter der Well-Platte und macht gleichzeitig mit allen Linsen Aufnahmen im Abstand von acht Sekunden. Diese Aufnahmen fügen die Forschenden anschließend zu einem Zeitraffer-Video zusammen. Die in diesen Videos sichtbaren wandernden Zellen verfolgen („tracken“) die Forschenden anschließend mithilfe von KI. In Zukunft soll das ComplexEye um weitere Linsen erweitert werden, sodass noch mehr Aufnahmen möglich werden.

Zur Publikation in Nature Communications (online ab 11.12.2023): https://doi.org/10.1038/s41467-023-43765-3


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Matthias Gunzer

Universitätsklinikum Essen
Institut für Experimentelle Immunologie und Bildgebung

Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften

Tel.: 0201 / 183-6640
E-Mail: matthias.gunzer@uk-essen.de


Originalpublikation:

https://doi.org/10.1038/s41467-023-43765-3


Bilder

Vergleich: ComplexEye-Objektiv & konventionelles Objektiv

Vergleich: ComplexEye-Objektiv & konventionelles Objektiv
Prof. Dr. Matthias Gunzer
Universität Duisburg-Essen

Autor:innen-Team

Autor:innen-Team
Prof. Dr. Matthias Gunzer
Universität Duisburg-Essen


Anhang

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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Elektrotechnik, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW