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19.02.2024 16:15
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
OPTIMA-le psychotherapeutische Behandlung der Depression
In der einzigartig umfangreichen OPTIMA-Studie konnten Forschende den klinischen Nutzen der Schematherapie im Rahmen einer stationären Behandlung nachweisen. Diese Therapie ist damit eine vielversprechende Alternative zur Behandlung schwerer Depressionen.
Die Schematherapie kommt als psychotherapeutisches Verfahren immer öfter zum Einsatz. Der Fokus liegt dabei auf frühkindlichen Erfahrungen und Emotionen, die zu aktuellen Symptomen und psychischen Störungen beitragen. Ein umfassender Nachweis zur Wirksamkeit der Schematherapie bei Depressionen lag bisher nur aus dem ambulanten Bereich vor. Forschende am Max-Planck-Institut für Psychiatrie (MPI) holten das nun für den stationären Bereich nach, und untersuchten im Rahmen der OPTIMA-Studie die Wirkung der Schematherapie zur Behandlung schwerer Depressionen. Das Ergebnis liefert den wissenschaftlichen Nachweis für ihren häufigen Einsatz: Die Schematherapie war dem bisher nachgewiesenermaßen wirksamsten psychotherapeutischen Verfahren, der kognitiven Verhaltenstherapie, im klinisch-relevanten Sinne nicht unterlegen.
Um die Wirksamkeit der Schematherapie zu testen, verglichen die Forschenden sie mit der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) und der individuell supportiven Therapie (IST). Die KVT ist die psychotherapeutische Standardbehandlung bei Depression, während die IST eine weniger spezifische, unterstützende Therapie ist. Die KVT und die IST dienten in der Studie als Kontrollbedingungen. ProbandInnen wurden zufällig einer der drei Therapien zugeordnet. Nach sieben Wochen sowie sechs Monate nach Abschluss der Behandlung ermittelten PsychologInnen Symptome wie depressive Verstimmung, Pessimismus oder Energieverlust mithilfe von Fragebögen. Dabei konnten die Forschenden keinen klinisch relevanten Unterschied zwischen der Schematherapie-Gruppe und den beiden Kontrollgruppen feststellen. Die Schematherapie war also nach knapp zwei Monaten Behandlung schwerer Depressionen genauso wirksam wie die KVT und die IST.
„Unsere Studie belegt zum ersten Mal, dass die Schematherapie auch bei stationär aufgenommenen schwer depressiven PatientInnen wirkt – bisher wurde sie immer nur in ambulanten Settings getestet“, so Studienleiter Johannes Kopf-Beck. Stationäre PatientInnen sind in der Regel schwerer erkrankt als ambulante. Außerdem leiden sie neben einer Depression häufig an weiteren psychischen Störungen. Bei solch komplexen Krankheitsbildern sind psychotherapeutische Standardbehandlungen nicht immer ausreichend. Deswegen ist es wichtig, effektive Behandlungsalternativen wie die Schematherapie zu haben.
Die Studie ist mit knapp 300 ProbandInnen die bisher erste und größte im stationären Setting. Einzigartig ist auch der Umfang: Zusätzlich zu depressiver Symptomatik und weiteren Symptomen wurden biologische Parameter wie Schlafverhalten erhoben, körperliche Aktivität gemessen sowie Bilder vom Gehirn gemacht. Außerdem wurde den PatientInnen Blut abgenommen, um unter anderem genetische Informationen auswerten zu können. Die große Menge an Daten muss noch ausgewertet werden und birgt viel Potential: „Durch die erhobenen Daten erhoffen wir uns zum Beispiel bestimmte Untergruppen von depressiven PatientInnen zu finden, für die die Schematherapie besonders gut geeignet ist“, erklärt Samy Egli, leitender Psychologe am MPI. Die Langzeitwirkung der Schematherapie erforschen die MPI-ExptertInnen weiter, sie erheben im Rahmen der Studie Daten bis zu vier Jahre nach Abschluss der Behandlung.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Johannes Kopf-Beck (Kopf-Beck@psy.lmu.de), Dr. Samy Egli (samy_egli@psych.mpg.de)
Originalpublikation:
Effectiveness of Schema Therapy versus Cognitive Behavioral Therapy versus Supportive Therapy for Depression in Inpatient and Day Clinic Settings: A Randomized Clinical Trial, Psychother Psychosom 1–12, https://doi.org/10.1159/000535492
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch