Schlaganfall: Kliniken leisten gute Arbeit



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11.11.2020 14:05

Schlaganfall: Kliniken leisten gute Arbeit

Die Erfüllung von Qualitätskriterien bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten ist mit einer Verringerung der Sterblichkeit verbunden. Das zeigt eine neue Studie von Epidemiologen der Universität Würzburg sowie von regionalen Schlaganfallregistern in Deutschland, die in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlaganfall Register (ADSR) kooperieren.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Nach einem Schlaganfall ist schnelles Handeln gefordert. Je früher die Behandlung einsetzt, desto geringer sind in der Regel die Folgeschäden bei den Betroffenen. Doch Geschwindigkeit ist nicht alles: Krankenhäuser sollten darüber hinaus eine ganze Reihe spezieller Qualitätskriterien bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit einem akuten Schlaganfall erfüllen. Denn je mehr dieser Kriterien sie einhalten, desto weniger der Betroffenen sterben innerhalb der ersten sieben Tage nach ihrer Einlieferung.

Dieses eindeutige Ergebnis zeigt eine neue Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutschsprachiger Schlaganfall-Register (ADSR), einem gemeinnützigen Verein bestehend aus neun regionalen Schlaganfallregistern in Deutschland, die jetzt in der Fachzeitschrift Stroke veröffentlicht wurde. Verantwortlich für diese Studie sind Forscher der ADSR; analysiert wurden die Daten von Dr. Kirsten Haas und Viktoria Rücker (M.Sc.) am IKE-B.

Ein Katalog von 20 Qualitätskriterien

„Wir konnten einen Zusammenhang zwischen der Einhaltung der Qualitätsindikatoren und der Sieben-Tages-Krankenhaussterblichkeit nachweisen. Je mehr Indikatoren erfüllt werden, desto niedriger ist die Sterblichkeit – unabhängig beispielsweise von Alter und Geschlecht des Patienten sowie vom Schweregrad seiner Erkrankung“, fasst Kirsten Haas die zentralen Ergebnisse der Studie zusammen.

Insgesamt 20 solcher Qualitätsindikatoren hat eine multidisziplinär besetzte Arbeitsgruppe in den vergangenen Jahren entwickelt, der unter anderem Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlaganfall Register (ADSR), der Deutschen Schlaganfall Gesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe angehören. Wichtigstes Ziel dabei ist es, die Patientenversorgung nach einem Schlaganfall zu verbessern.

Daten von 388.000 Fällen

„Wir haben aus diesem Katalog der 20 Indikatoren insgesamt elf ausgewählt, die sich drei Schwerpunkten zuordnen lassen: der schnellstmöglichen Akutbehandlung, einer frühzeitigen Bildgebung und Diagnostik sowie einer frühen Rehabilitation“, erklärt Dr. Björn Misselwitz, Koordinator der ADSR. Anschließend haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersucht, wie viele dieser Indikatoren an ausgesuchten Krankenhäusern erfüllt wurden, und dieses Ergebnis in Relation gesetzt zur Zahl der Patientinnen und Patienten, die innerhalb von sieben Tagen verstorben sind.

Dafür haben sie Daten aus 736 Kliniken und 388.012 Fällen in den Jahren 2015 und 2016 in Deutschland ausgewertet. Die Patienten waren im Mittel 76 Jahre alt, mehr als die Hälfte – exakt 52,4 Prozent – waren weiblich.

Was die Studie allerdings auch zeigt: „Die Qualität der Behandlung in den von uns untersuchten Krankenhäusern ist als hoch einzuschätzen“, sagt Professor Peter Hermanek, Vorsitzender der ADSR. Die meisten Kliniken würden die Qualitätsindikatoren zu einem hohen Maß erfüllen; die Werte für die meisten Qualitätsindikatoren würden über einem vorab definierten Schwellenwert liegen. „Bei einigen wenigen Krankenhäusern mit messbaren Defiziten erfolgen auf regionaler Ebene qualitätsverbessernde Maßnahmen, die unter anderem Zielvereinbarungen beinhalten“, so Hermanek weiter.

Woher die Daten stammen

Die Daten zur Versorgung der Schlaganfallpatienten werden über die Arbeitsgemeinschaft deutschsprachiger Schlaganfall Register (ADSR) erhoben, einem Zusammenschluss von neun regionalen Qualitätssicherungsprojekten. In vielen Bundesländern und für alle Kliniken mit einer zertifizierten Stroke Unit ist die Teilnahme an diesem Qualitätssicherungsprogramm verpflichtend.

Die ADSR wurde 1999 mit dem Ziel gegründet, eine standardisierte Datenerfassung zum Krankheitsbild „Schlaganfall“ zu entwickeln. Dafür werden unter anderem regionale und überregionale Vergleiche unter wissenschaftlichen, qualitätsrelevanten und epidemiologischen Gesichtspunkten erstellt. Diese bilden die Basis für neue Beiträge zur Optimierung des Schlaganfallmanagements. Jährlich werden innerhalb der ADSR rund 300.000 Datensätze und damit Informationen über rund 80 Prozent aller Schlaganfälle in Deutschland erfasst und ausgewertet.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Kirsten Haas, T: +49 931 201-47302, kirsten.haas@uni-wuerzburg.de
Viktoria Rücker, T: +49 931 201-47317, viktoria.ruecker@uni-wuerzburg.de
Prof. Dr. Peter Hermanek, T: +49 89 2115900, hermanek@baq-bayern.de


Originalpublikation:

“Association Between Adherence to Quality Indicators and 7-Day In-Hospital Mortality After Acute Ischemic Stroke”. Kirsten Haas, Viktoria Rücker, Peter Hermanek, Björn Misselwitz, Klaus Berger, Günter Seidel, Alfred Janssen, Susanne Rode, Christoph Burmeister, Christine Matthis, Hans-Christian Koennecke, Peter U. Heuschmann, and on behalf of the German Stroke Register Study Group (ADSR). Stroke. Originally published 12 Oct 2020. https://doi.org/10.1161/STROKEAHA.120.029968


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW