Stammzellbasiertes Zellkulturmodell für nichtalkoholische Fettleber: Analysemodell für den Stoffwechsel



Teilen: 

25.01.2021 15:55

Stammzellbasiertes Zellkulturmodell für nichtalkoholische Fettleber: Analysemodell für den Stoffwechsel

Nichtalkoholische Fettleber (NAFLD) ist eine weitverbreitete Erkrankung in der westlichen Welt. Um die zu Grunde liegenden Mechanismen besser zu verstehen, haben Wissenschaftler um Dr. Nina Graffmann und Prof. James Adjaye aus dem Institut für Stammzellforschung und Regenerative Medizin der Uniklinik Düsseldorf induzierte pluripotente Stammzellen (iPSCs) von NAFLD Patienten und gesunden Probanden in der Zellkultur zu hepatozyten-ähnlichen Zellen differenziert.

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Die Forscher simulierten eine fettreiche Ernährung in der Zellkultur durch Zugabe von Fettsäuren ins Medium. Unter diesen Bedingungen bildeten die hepatozyten-ähnlichen Zellen Fetttröpfchen, vergleichbar mit denen, die in Leberbiopsien von Patienten sichtbar sind. Die so induzierte Fetteinlagerung wurde in Zusammenarbeit mit Prof. Beller aus der Arbeitsgruppe „Systembiologie des Fettstoffwechsels“ (HHU) analysiert.

In der kürzlich in Biology Open (Verlag – Company of Biologists) veröffentlichten Studie zeigte sich eine starke Heterogenität zwischen den einzelnen Zelllinien in Bezug auf Genexpressionsmuster und Morphologie der Fetttröpfchen. Diese Heterogenität resultiert in den Augen der Wissenschaftler zum einen aus den vielfältigen beteiligten Stoffwechselnetzwerken. Zum anderen spiegelt sie die umfangreichen patienten-abhängigen Phänotypen wider, die NAFLD zu einer hochkomplexen Erkrankung machen und deren Auswirkungen die Arbeitsgruppe schon in einer früheren Studie untersucht hat (Wruck et al, 2015). Nichtsdestotrotz konnten die Wissenschaftler Genexpressionsmuster mit dem Schweregrad der Erkrankung korrelieren.

Ein körpereigenes Molekül, das von Fettzellen gebildet wird und den Fettmetabolismus in Hepatozyten positiv beeinflusst, ist Adiponektin. Um seine Rolle im Zellkulturmodell zu analysieren, wurde für diese Studie ein Analogon (AdipoRon) im Institut für Organische Chemie und Makromolekulare Chemie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf unter der Leitung von Prof. Dr. Constantin Czekelius synthetisiert. Ursprünglich wurden AdipoRon-vermittelte Effekte in einem Mausmodell für Diabetes untersucht. Hier konnte ein signifikanter schützender Effekt vor der Erkrankung beobachtet werden (Okada-Iwabu et al, 2013).

Auch die Behandlung mit AdipoRon zeigte Effekte, die für die jeweilige Zelllinie bzw. ihren genetischen Hintergrund spezifisch waren. Daneben konnte ein genereller Einfluss von AdipoRon auf die Transkription von Genen für Stoffwechsel- und Transportmechanismen, das Immunsystem sowie für Zellstress und Signaltransduktion festgestellt werden.

„Mit unserem stammzellbasierten Zellkulturmodell konnten wir wichtige Aspekte von NAFLD nachstellen. Wir wollen es auch in Zukunft weiter für die Analyse der Krankheit nutzen, da etablierte Tiermodelle die umfangreichen Stoffwechselmechanismen nicht ausreichend reproduzieren können,“ erklärt Dr. Graffmann.

„Wir konnten wieder einmal zeigen, dass aus iPS-Zellen generierte hepatozyten-ähnliche Zellen trotz ihrer unreifen, d.h. fetalen Natur, von unschätzbarem Wert sind, um komplexe Krankheiten wie NAFLD besser zu verstehen und um die Wirkung von Medikamenten zu testen,“ betont Prof. Adjaye.

Referenzen:
Graffmann, N., Ncube, A., Martins, S., Fiszl, A., Reuther, P., Bohndorf, M., Wruck, W., Beller, M., Czekelius, C. & Adjaye, J. (2020) A stem cell based in vitro model of NAFLD enables the analysis of patient specific individual metabolic adaptations in response to a high fat diet and AdipoRon interference. Biology open.

Okada-Iwabu, M., Yamauchi, T., Iwabu, M., Honma, T., Hamagami, K., Matsuda, K., Yamaguchi, M., Tanabe, H., Kimura-Someya, T., Shirouzu, M., Ogata, H., Tokuyama, K., Ueki, K., Nagano, T., Tanaka, A., Yokoyama, S. & Kadowaki, T. (2013) A small-molecule AdipoR agonist for type 2 diabetes and short life in obesity. Nature, 503(7477), 493-9.

Wruck, W., Graffmann, N., Kawala, M. A. & Adjaye, J. (2017) Concise Review: Current Status and Future Directions on Research Related to Nonalcoholic Fatty Liver Disease. Stem Cells, 35(1), 89-96.

Wruck, W., Kashofer, K., Rehman, S., Daskalaki, A., Berg, D., Gralka, E., Jozefczuk, J., Drews, K., Pandey, V., Regenbrecht, C., Wierling, C., Turano, P., Korf, U., Zatloukal, K., Lehrach, H., Westerhoff, H. V. & Adjaye, J. (2015) Multi-omic profiles of human non-alcoholic fatty liver disease tissue highlight heterogenic phenotypes. Scientific Data, 2, 150068.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. James Adjaye, Dr. Nina Graffmann,
Institute for Stem Cell Research and Regenerative Medicine
Medizinische Fakultät / Universitätsklinikum Düsseldorf
Heinrich Heine Universität Düsseldorf
Tel: +49 (0) 211 81-08191
James.Adjaye@med.uni-duesseldorf.de
nina.graffmann@med.uni-duesseldorf.de


Originalpublikation:

https://bio.biologists.org/content/biolopen/early/2020/12/09/bio.054189.full.pdf


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW