26.02.2021 08:39
COVID-19: Neue Behandlungsempfehlungen auf Intensivstation
In einer internationalen Kooperation testet die REMAP-CAP-Studiengruppe bekannte Wirkstoffe in der Behandlung von COVID-19. Ihre jetzt im New England Journal of Medicine veröffentlichten Ergebnisse belegen für schwer erkrankte Patienten den Nutzen monoklonaler Antikörper in Ergänzung zu Kortisonpräparaten.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Die REMAP-CAP-Studiengruppe ist ein von Intensivmedizinern und Infektiologen aufgebauter Zusammenschluss von Intensivstationen in 14 Ländern in Europa, Kanada, USA, Australien, Neuseeland und Saudi-Arabien. In dieser einzigartigen weltweiten Kooperation führt die Gruppe randomisierte klinische Tests in einer laufenden internationalen, multifaktoriellen, adaptiven Plattformstudie durch, um die Wirksamkeit bekannter Medikamente in der COVID-19-Pandemie zu untersuchen. Die aus derzeit 25 Intensivstationen bestehende Studienbeteiligung in Deutschland wird am Zentrum für Klinische Studien des Universitätsklinikums Jena (UKJ) koordiniert.
In einer jetzt im New England Journal of Medicine erschienenen Arbeit berichten die Ärzte von einer Studie, die den Einsatz von monoklonalen Antikörpern bei COVID-19-Erkrankungen mit sehr schwerem Verlauf testete. Die Wirkstoffe Tocilizumab und Sarilumab werden seit Jahren bei rheumatischer Arthritis eingesetzt. Sie blockieren den Rezeptor für Interleukin-6, einen entzündungsfördernden Immunbotenstoff. Auf diese Weise, so die Studienhypothese, könnte die organschädigende Entzündungsantwort gemildert werden. Diese Vermutung konnte die randomisierte kontrollierte Studie mit 800 Intensivpatienten, von denen 70% eine künstliche Beatmung erhielten, bestätigen.
Die Hälfte der Patienten erhielt die Studienmedikamente innerhalb eines Tages, nachdem eine Unterstützung der Organfunktionen notwendig geworden war. „In der Folge benötigten diese Patienten zehn Tage weniger eine Organunterstützung als die Kontrollgruppe, auch konnte das Risiko zu versterben um ein Viertel gesenkt werden“, fasst Frank Brunkhorst das Ergebnis zusammen. Der Leiter des Studienzentrums und Professor für klinische Sepsisforschung am UKJ ist als Mitglied der globalen Lenkungsgruppe mitverantwortlich für Design und Protokolle der REMAP-CAP-Studien. „Neben den Kortikosteroiden steht uns damit eine zweite gut bekannte und sichere Wirkstoffgruppe zur Verfügung, deren Einsatz bei der Behandlung schwerer COVID-19-Verläufe nachweislich wirksam ist.“ Die kürzlich als Preprint veröffentlichten Ergebnisse der britischen RECOVERY-Studiengruppe haben den Nutzen von Tocilizumab auch bei weniger schwer kranken hospitalisierten Patienten eindrucksvoll bestätigt.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Frank M. Brunkhorst
Zentrum für Klinische Studien, Universitätsklinikum Jena
E-Mail: frank.brunkhorst@med.uni-jena.de
Telefon: +49 3641 9-396687
Originalpublikation:
REMAP-CAP Investigators: Interleukin-6 Receptor Antagonists in Critically Ill Patients with Covid-19, February 25, 2021, N Engl J Med 2021; DOI: 10.1056/NEJMoa2100433
Weitere Informationen:
http://www.remapcap.org Homepage der Studiengruppe
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
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