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03.09.2024 15:24
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Das alternde Gehirn entschlüsseln – Veränderungen der Gen-Aktivität in verschiedenen Zelltypen nachgewiesen
Das Altern ist ein komplexer biologischer Prozess, der auch im Gehirn stattfindet. Forschende fanden heraus, dass sich dabei die Gen-Aktivität in verschiedenen Zelltypen des Gehirns verändert. Ein bestimmter Typ von Neuronen ist besonders betroffen. Langfristig könnten die Erkenntnisse Ansatzpunkte liefern, um den Alterungsprozess zu verlangsamen und neurodegenerative Erkrankungen wie die Demenz vom Alzheimer-Typ hinauszuzögern.
Wenn wir altern, altert auch unser Gehirn. Jede einzelne Zelle unterliegt diesem Prozess, der unter anderem mit Veränderungen in der Gen-Aktivität einhergeht. Unser Gehirn besteht aus verschiedenen Zelltypen mit jeweils spezifischen Eigenschaften, Funktionen und Verknüpfungen, die zusammen die komplexen Berechnungen des Gehirns durchführen. Forschende vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie wollten wissen, wie sich die Gen-Aktivität in den verschiedenen Zelltypen des Gehirns im Laufe des Alterns verändert. Hierfür untersuchten sie Gewebeproben aus 90 Gehirnen von Menschen im Alter zwischen 25 und 85 Jahren, die diese nach ihrem Tod der Wissenschaft zur Verfügung stellten. Sie konzentrierten sich dabei auf Zellen aus dem präfrontalen Kortex, einer Region im Gehirn, die für kognitive Prozesse wie das Denken, Planen und Problemlösen maßgeblich ist.
Das Single Nucleus RNA Sequencing ermöglichte es den WissenschaftlerInnen, erstmals die Veränderung der Gen-Aktivität einzelner Zelltypen im Laufe des Alterns zu untersuchen. „Wir konnten nachweisen, dass sich die Genexpression in allen Zelltypen im Laufe des Alterns verändert, aber nicht unbedingt in den gleichen Genen“, fasst Studienleiterin Anna Fröhlich das Ergebnis zusammen. Sie fand, dass sich in allen Zelltypen die Aktivität von Genen, die wichtig für die synaptische Übertragung, also die Kommunikation zwischen den Neuronen sind, mit dem Altern verändert. Genauso wandelt sich die Aktivität in Genen, die an der sogenannten mRNA-Prozessierung, also bei der Herstellung von Eiweiß-Molekülen, beteiligt sind, im Laufe des Alterungsprozesses.
Vergleich mit Alzheimer-Erkrankung
Da das Alter der größte Risikofaktor für neurodegenerative Erkrankungen wie eine Alzheimer-Demenz ist, verglichen die ForscherInnen die altersbedingten Veränderungen in der Genexpression mit Veränderungen bei der Alzheimer-Erkrankung. Sie fanden weitreichende Überlappungen in bestimmten Zelltypen. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass kontinuierliche, nicht-krankhafte Veränderungen ab einem gewissen Zeitpunkt eine Schwelle überschreiten und sozusagen ins Pathologische umschlagen. Besonders interessant ist, dass ein bestimmter Zelltyp von hemmenden Neuronen sowohl durch Altern also auch bei der Alzheimer-Demenz besonders stark betroffen zu sein scheint.
Die untersuchten Gewebeproben stammten von Menschen mit und ohne psychiatrische Erkrankung. Ein Vergleich dieser zwei Gruppen zeigte Unterschiede in der biologischen Alterung: Das Genexpressions-Alter von Menschen mit psychiatrischer Erkrankung war beschleunigt, das heißt, dass sie „biologisch gesehen“ älter waren. Dies könnte daran liegen, dass sich die Aktivität mancher Gene nicht nur im Alter verändert, sondern auch durch psychiatrische Erkrankungen beeinflusst wird, wie die WissenschaftlerInnen zeigen konnten. Dies ist eine mögliche Erklärung dafür, warum Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen wie zum Beispiel der Schizophrenie besonders anfällig für pathologische Gehirnalterungsprozesse sein könnten.
Die jüngst in der Fachzeitschrift Nature Neuroscience veröffentlichten Erkenntnisse könnten dazu beitragen, auf molekularer Ebene neue therapeutische Ansatzpunkte zu finden, die den Alterungsprozess beeinflussen könnten und damit eventuell auch Demenz-Erkrankungen hinauszuzögern. Dafür bedarf es jedoch umfangreicher weiterer Forschung.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Anna Fröhlich
anna_froehlich@psych.mpg.de
Originalpublikation:
Nature Neuroscience, 2024
https://doi.org/10.1038/s41593-024-01742-z
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
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