Teilen:
27.04.2023 09:23
Gesundheits- und Fitnessaccounts auf Social Media fördern problematische Fixierung auf Ernährungsintentionen
Der Begriff Orthorexia nervosa meint Ernährungsintentionen, bei denen sich die Betroffenen übermäßig stark mit Lebensmitteln beschäftigen und sich häufig starke Beschränkungen auferlegen. Forscher:innen der Universität Klagenfurt sind nun den Effekten von Social Media auf die Herausbildung von Orthorexia nervosa auf den Grund gegangen. Ihre Erkenntnis: Je mehr sich junge Erwachsene für „Health und Fitness Content“ interessieren, desto eher neigen sie zu höheren Orthorexie-Tendenzen.
Social Media ist allgegenwärtig, und die Pandemie befeuerte das Nutzungsverhalten der Konsument:innen zusätzlich. Dies hat, wie Studien zeigen konnten, auch Auswirkungen auf die Gesundheit der Nutzer:innen: Die Lockdowns haben zu einem höheren medialen Druck geführt. Die „idealtypischen“ dünnen und fettarmen Körper, die auf den zahllosen Health- und Fitnessaccounts eindrucksvoll präsentiert werden, wurden noch stärker als bisher internalisiert.
Rebecca Scheiber, Sandra Diehl und Matthias Karmasin (alle Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Klagenfurt) haben nun in einer quantitativen Studie untersucht, inwiefern das Interesse an diesen Inhalten eine problematische Fixierung auf Ernährungsintentionen fördern kann. Dafür haben sie insgesamt 788 Teilnehmer:innen online befragt, davon waren 647 Fragebögen auswertbar. Angesprochen waren deutschsprachige Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 30 Jahren. Die theoretische Basis für die Untersuchung war ein social-media-basiertes soziokulturelles Modell zu Orthorexie-Tendenzen.
„Wir konnten zeigen, dass User:innen, die sich mehr für Health- und Fitnesscontent interessieren, auch eher zu Orthorexie-Tendenzen neigen“, fasst Rebecca Scheiber die Ergebnisse zusammen. Personen, die solche Accounts stärker im Fokus haben, neigen auch eher dazu, ein bestimmtes Körperideal zu internalisieren: Dünne und muskulös definierte Körper werden dabei angestrebt. Für die Forscher:innen erstaunlich ist die Erkenntnis, dass der Vergleich des eigenen Aussehens mit den idealtypisch präsentierten Körpern weniger wichtig für die Zusammenhänge zwischen Social-Media-Konsum und Orthorexie-Tendenzen ist.
Rebecca Scheiber schließt aus der Untersuchung: „Vielerorts dominieren Salat und Pilates, Proteinshakes und Crunches den Lifestyle von jungen Menschen. Das Gesunde ist dann nicht mehr nur noch gesund. Wir brauchen eine höhere Aufmerksamkeit für dieses Thema. Die Nutzer:innen von Social Media sollen sich verstärkt darüber bewusst sein, dass der Content dieser Accounts einen Einfluss auf ihr eigenes Verhalten haben kann. Eine wichtige Rolle könnten bei dieser Aufklärung die Influencer:innen selbst spielen, aber auch Organisationen im Bereich Public Health können intervenieren.“
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Univ.-Ass. Rebecca Scheiber, MSc
+43 (0)463 2700 1816
rebecca.scheiber@aau.at
Originalpublikation:
Rebecca Scheiber, Sandra Diehl & Matthias Karmasin (2023). Socio-cultural power of social media on orthorexia nervosa: An empirical investigation on the mediating role of thin-ideal and muscular internalization, appearance comparison, and body dissatisfaction. Appetite, Vol. 185, https://doi.org/10.1016/j.appet.2023.106522.
Bilder
Rebecca Scheiber
aau/Müller
aau/Müller
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Medien- und Kommunikationswissenschaften, Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch