Gynäkologie: Minimalinvasive Chirurgie ohne Nachteile auf 5-Jahres Überleben



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31.03.2021 09:06

Gynäkologie: Minimalinvasive Chirurgie ohne Nachteile auf 5-Jahres Überleben

In einer aktuellen Studie weisen Forschende des Inselspitals, Universitätsspital Bern und der Universität Bern nach, dass bestimmte gynäkologische Behandlungen mittels schonenden Eingriffen keine Nachteile bezüglich des Überlebens zur Folge haben. Zugleich konnte gezeigt werden, dass die minimalinvasiven Methoden für die Patientinnen wesentlich weniger belastend sind.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Gebärmutterkrebs ist die häufigste gynäkologische Krebsart in entwickelten Ländern. In der Schweiz beträgt die Anzahl Neuerkrankungen pro Jahr etwa 950 Fälle. Seit der Einführung laparoskopischer, minimal invasiver Methoden in den 1990-er Jahren hat sich diese schonende Eingriffsart weitgehend etabliert. Während es zum Vergleich der Methode des offenen Eingriffes und der Laparoskopie bei Frühstadien von Gebärmutterkrebs seit längerem grössere Studien gab, fehlten solche für Spätstadien, die eine Entfernung der Ovarien, der Eileiter und der Lymphknoten miteinschlossen. Die Studie zielte darauf ab, die beiden Eingriffsmethoden in Bezug auf die Überlebenschancen zu vergleichen.

Minimal invasive Methode ist nicht schlechter als offener chirurgischer Eingriff

Die Studie schloss 66 Patientinnen ein, die einen vergleichbaren Schweregrad aufwiesen. Zwei Gruppen mit einem vergleichbaren mittleren Alter, BMI, Krebs Typ (Histotype), sowie vergleichbarer Anzahl und Durchmesser betroffener Lymphknoten wurden untersucht.
Das Ergebnis zeigte eindeutig weniger Komplikationen während der Operation, weniger Blutverlust und weniger Transfusionen für die minimalinvasive laparoskopische Methode.
Dagegen war erstaunlicherweise die Überlebenschance 60 Monate nach dem Eingriff für beide Gruppen absolut vergleichbar, ohne statistisch relevante Abweichung. Einzig das Alter zeigt einen direkten Zusammenhang mit der Überlebenswahrscheinlichkeit. Die Studie folgert, dass laparoskopische, minimalinvasive Eingriffe auch bei fortgeschrittenem Gebärmutterkrebs die Methode der Wahl sein sollten.

Folgerungen für die klinische Praxis

Minimalinvasive Chirurgie zeigt wesentlich bessere Resultate während und kurz nach dem Eingriff. Für die Patientin ist diese Methode erheblich weniger belastend. Der Studienleiter Prof. Michael Mueller betont: «Zudem konnte jetzt klar nachgewiesen werden, dass auch ein umfangreicher Eingriff mit einer Entfernung der Gebärmutter, der Eierstöcke und Eileiter sowie der betroffenen Lymphknoten das 5-Jahres-Überleben nicht vermindert. Wir können unseren Patientinnen deshalb mit einem weniger belastenden Eingriff das gleiche Langzeitresultat bieten.»

Schonendere Eingriffsmethoden: Frauenklinik gibt internationale Impulse

Beim internationalen Trend zu schonenderen Eingriffen in der chirurgischen Krebsbehandlung spielt die Universitätsklinik für Frauenheilkunde eine führende Rolle. In diesem Zusammenhang erwähnt Prof. Michael Mueller eine weitere Studie bei der er kürzlich mitgewirkt hat. Darin hat ein grosses Team aus Italien und der italienischsprachigen Schweiz Einsatzmöglichkeiten des sogenannten Konzeptes der Wächterlymphknoten untersucht. Prof. Michael Mueller schildert: «Die Ergebnisse waren auch hier ermutigend. Die schonendere Methode, die auf eine «Kartierung» und selektive Operation betroffener Lymphknoten abzielt, statt schon zu Beginn radikal alle Lymphknoten zu entfernen, zeigte in gewissen Fällen ebenfalls keine Nachteile in Bezug auf das langzeitliche Überleben der Patientinnen. Der genaue Einsatzbereich dieser Methode muss aber noch weiter eingegrenzt werden.»
Die Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Dienstleistungen an den Patientinnen wird am Inselspital durch das UCI – Tumorzentrum Bern sichergestellt und gefördert. Das UCI koordiniert alle Aktivitäten am Inselspital, die mit Tumorbehandlungen in Zusammenhang stehen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. med. Michael Mueller, Co-Klinikdirektor und Chefarzt Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie, Inselspital, Universitätsspital Bern


Originalpublikation:

o Minimally invasive surgery does not impair overall survival in stage IIIC endometrial cancer patients. doi: 10.1007/s00404-019-05393-5
o Sentinel node mapping vs. sentinel node mapping plus back-up lymphadenectomy in high-risk endometrial cancer patients: Results from a multi-institutional study. doi: 10.1016/j.ygyno.2021.01.008


Anhang

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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW