Mangelernährung bei älteren Menschen besser erkennen



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11.12.2023 15:27

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Mangelernährung bei älteren Menschen besser erkennen

Dr. Nicolas Fabian Graeb hat in seinem Dissertationsprojekt ein hohes Risiko von Mangelernährung und Muskelabbau bei geriatrischen Patienten und Patientinnen ermittelt. Ernährungsstatus und -entwicklung werden dabei bislang in den Krankenhäusern kaum erfasst, so dass während und nach dem Klinikaufenthalt nicht adäquat interveniert bzw. wiederaufgebaut wird.

In mehreren Erhebungen wertete Graeb mit einem Forschungsteam zum einen Routinedaten aus der Altenpflege von Bewohnern und Bewohnerinnen mit mindestens dreitägigem Krankenhausaufenthalt aus. Es sollte so ermittelt werden, wie sich das Körpergewicht im Zusammenhang mit der akut-stationären Behandlung verändert. Zum anderen erhob das Forschungsteam auf mehreren Stationen in zwei Kliniken Daten zum Ernährungsmanagement, dem Ernährungszustand der älteren Patientinnen und Patienten, deren Essverhalten und erfolgten Ernährungstherapien. Zu guter Letzt maßen sie in einer kleinen Stichprobe auf denselben Stationen unter anderem die Körperzusammensetzung und den Muskelstatus zu Beginn des Klinikaufenthaltes und kurz vor Entlassung. Ziel war es herauszufinden, wie der Muskelstatus der geriatrischen Patientinnen und Patienten ist und ob weitere Muskelmasse im Verlauf verloren geht.
Es zeigte sich, dass bereits bei Aufnahme viele Personen ein Mangelernährungsrisiko aufweisen und der Anteil bis zur Entlassung weiter zunimmt, von 36,2 % auf 48,6 %. Häufig wird in einem relativ kurzen Zeitraum erheblich an Gewicht verloren, 21,9 % verlieren mindestens fünf Prozent ihres Körpergewichtes. Hiervon sind auch übergewichtige Patientinnen und Patienten betroffen. In der Folge erhöht sich das Mortalitätsrisiko. Der schlechte Ernährungszustand wird aber nur selten erkannt. Gleichzeitig wird auch eine geringe Nahrungszufuhr in der Klinik selten bemerkt, entsprechende Interventionen finden kaum statt und erreichen auch nicht unbedingt die Betroffenen. Es zeigt sich in allen Datenanalysen ein Zusammenhang mit der Dauer des Klinikaufenthaltes. Anhand der Analyse der Körperzusammensetzung wird deutlich, dass fast zwei Drittel der Älteren bei Aufnahme ins Krankenhaus bereits einen kritisch reduzierten Muskelstatus aufweisen. Im Verlauf verliert fast die Hälfte der untersuchten Personen mindestens ein Kilogramm Muskelmasse, Frauen weisen dabei ein höheres Risiko auf.
Die Daten zeigen, dass selbst in den kurzen Zeiträumen der akut-klinischen Versorgung bei älteren Patientinnen und Patienten häufig ein erheblicher Gewichtsverlust eintritt. Gleichzeitig ist der Ernährungszustand auch schon bei Einweisung oftmals reduziert, was aber aufgrund der fehlenden oder nicht zuverlässig durchgeführten Mangelernährungsscreenings selten erkannt wird. So sind gezielte Interventionen kaum möglich und erfolgen eher zufällig bzw. vermutlich auch personenabhängig. Es ist daher erforderlich das Ernährungsmanagement in den Kliniken besser zu organisieren, angefangen beim Risikoscreening, über strukturierte Interventionskonzepte bis hin zum Entlassmanagement. Hierfür sind eine gute interprofessionelle Kooperation und eine allgemeine Sensibilisierung für die Problematik grundlegend. Eingeleitete Therapien müssen auch nach Entlassung fortgeführt werden, ein besonderes Augenmerk sollte hierbei auf den Wiederaufbau von Muskelmasse und Kraft gelegt werden, um bei den älteren Menschen Mobilität und damit Selbstständigkeit im Alltag zu erhalten. Zudem sollte über alle Settings eine Mangelernährung möglichst früh erkannt und am besten weitestgehend vorgebeugt werden. Hierfür ist es erforderlich Probleme wie Kau- und Schluckschwierigkeiten, Vereinsamung, Medikamentennebenwirkungen und Appetitverlust aus anderen Gründen möglichst frühzeitig zu registrieren und entsprechend zu intervenieren. In den Einrichtungen, sowohl im Krankenhaus als auch der Langzeitpflege, müssen vor allem ein bedürfnisgerechtes Nahrungsangebot, eine bedarfsgerechte Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme und die interprofessionelle Kooperation zwischen Pflege, Medizin, Ernährungsberatung und Hilfskräften verstärkt in den Mittelpunkt gestellt werden.


Originalpublikation:

s. https://www.ph-gmuend.de/die-ph/aktuelles/news/single?tx_news_pi1%5Baction%5D=de…


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW