Mit künstlicher Intelligenz auf der Spur neuer Medikamente gegen COVID-19



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13.07.2021 08:54

Mit künstlicher Intelligenz auf der Spur neuer Medikamente gegen COVID-19

Forschungsteams aus Gießen und Großbritannien identifizieren mit innovativem Verfahren zwei potenzielle Therapeutika – Publikation in „Science Advances“

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Um möglichst schnell eine Therapie gegen COVID-19 zu finden, werden weltweit Medikamente getestet, die bereits zur Behandlung anderer Krankheiten zugelassen sind. Dieses sogenannte „drug repurposing“ geschieht vor dem Hintergrund, dass Viren bestimmte Strukturen und Vorgänge in der Zelle nutzen, die auch beispielsweise bei Krebserkrankungen eine Rolle spielen. Dazu werden in der Regel im Labor in Wirkstoff-Banken hinterlegte Medikamente daraufhin untersucht, ob sie SARS-CoV-2 hemmen. Doch es geht auch anders, wie die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Friedemann Weber vom Institut für Virologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) in Kooperation mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Großbritannien nun gezeigt hat: Das Forschungsteam konnte mit einem computerbasierten Hochdurchsatz-Screen zwei Wirkstoffe als potenzielle COVID-19-Therapeutika identifizieren.

Mittels künstlicher Intelligenz haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler alle Informationen über zelluläre Proteine und Signalwege, die das Coronavirus für seine Replikation nutzt, gesammelt und daraus ein Netzwerk an hochrelevanten SARS-CoV-2-Interaktionen extrahiert. Ein ebenfalls computergestützter Abgleich mit einer Medikamenten-Datenbank und der Literatur ergab 40 Wirkstoffe, die sich bereits in klinischer Testung befinden, sowie 160 neue Kandidaten. „Von den Wirkstoffen, die als gut besonders verträglich bekannt sind, wurden schließlich zwei in Laborexperimenten als hochwirksam gegen SARS-CoV-2 bestätigt“, so Prof. Weber. „Aus dieser interdisziplinären Forschungsarbeit resultieren nicht nur neue potenzielle COVID-19-Medikamente, sondern auch ein breit anwendbares, datengetriebenes In-silico-Verfahren zur Entwicklung von Therapeutika.“

Die Ergebnisse hat das Forschungsteam in der Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlicht.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Friedemann Weber
Institut für Virologie
Telefon: 0641 99-38350


Originalpublikation:

Namshik Han, Woochang Hwang, Konstantinos Tzelepis, Patrick Schmerer, Eliza Yankova, Méabh MacMahon, Winnie Lei, Nicholas M. Katritsis, Anika Liu, Ulrike Felgenhauer, Alison Schuldt, Rebecca Harris, Kathryn Chapman, Frank McCaughan, Friedemann Weber, Tony Kouzarides: Identification of SARS-CoV-2–induced pathways reveals drug repurposing strategies. Science Advances, 30 Jun 2021 : eabh3032, DOI: 10.1126/sciadv.abh3032
https://advances.sciencemag.org/content/7/27/eabh3032


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW