Neuer epigenetischer Schalter entdeckt



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18.09.2024 12:03

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Neuer epigenetischer Schalter entdeckt

5-Formylcytosin ist an der Aktivierung von Genen in der frühen Entwicklung von Wirbeltieren beteiligt

Eine DNA-Modifikation mit der Bezeichnung 5-Formylcytosin (5fC) fungiert als epigenetischer Schalter, der Gene in der frühen embryonalen Entwicklung aktiviert. Zu diesem Ergebnis kommen Forschungen der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Christof Niehrs am Institut für Molekulare Biologie (IMB) in Mainz. Damit wird zum ersten Mal gezeigt, dass Wirbeltiere mehr als eine Art von epigenetischer DNA-Markierung besitzen. Das Ergebnis wirft außerdem ein neues Licht darauf, wie Gene in den frühesten Stadien der Entwicklung reguliert werden. Die Arbeiten wurden in der renommierten Fachzeitschrift Cell veröffentlicht.

5fC ist erst die zweite nachgewiesene DNA-Modifikation neben Methylcytosin

Unser Körper besteht aus Billionen von Zellen, die alle zusammenarbeiten, um einen funktionierenden Organismus zu bilden. Aber jeder Mensch entsteht aus nur einer einzigen befruchtete Eizelle, der Zygote. Um ein menschliches Wesen zu werden, musste sich diese Zelle schnell vervielfältigen und alle richtigen Organe an den richtigen Stellen ausbilden. Dieser Entwicklungsprozess hängt von Tausenden von Genen ab, die exakt zur richtigen Zeit und am richtigen Ort aktiviert werden. Die Aktivierung oder Deaktivierung von Genen wird durch sogenannte epigenetische Modifikationen kontrolliert. Dabei handelt es sich um funktionelle Gruppen an der DNA, die Gene an- und ausschalten können wie beispielsweise ein Lichtschalter.

Die Wissenschaft ist während Jahrzehnten davon ausgegangen, dass Wirbeltiere nur einen Typ epigenetischer Modifikationen an der DNA besitzen, der im Zusammenhang mit der Stilllegung von Genen steht und als Cytosin-Methylierung bezeichnet wird. Vor zehn Jahren wurden dann drei weitere Modifikationen in Wirbeltier-DNA entdeckt. Weil sie aber nur in sehr kleinen Mengen auftraten, waren sich Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen unsicher, ob es sich um funktionale epigenetische Markierungen handelt.

Christof Niehrs und sein Team mit der griechischen Erstautorin Eleftheria Parasyraki haben nun zum ersten Mal gezeigt, dass eine dieser Modifikationen, nämlich 5-Formylcytosin, an der Aktivierung von Genen im frühen Entwicklungsstadium beteiligt ist. Diese Entdeckung beweist, dass Wirbeltiere mehr als einen Typ epigenetischer DNA-Markierung besitzen und sie wirft darüber hinaus Licht auf einen bisher unbekannten Mechanismus der epigenetischen Genregulation. „Diese Ergebnisse sind ein echter Durchbruch in der Epigenetik. 5fC ist erst die zweite epigenetische DNA-Modifikation neben Methylcytosin“, sagt Christof Niehrs. Niehrs ist Gründungsdirektor und wissenschaftlicher Direktor des IMB, das 2011 auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) eröffnet wurde.

Die Entdeckung, dass 5fC ein aktivierender epigenetischer Regulator auf der DNA ist, wirft viele Fragen auf, wie es genau wirkt und welche Rolle es spielt – über die frühe Genomaktivierung in einer Zygote hinaus. Besonders Krebszellen können sehr hohe Mengen an 5fC enthalten. Zusätzliche Studien über 5-Formylcytosin sind notwendig, um diese Fragen zu beantworten. Dies könnte uns schließlich zu einem besseren Verständnis verhelfen, wie wir uns entwickeln und wie die Genregulation bei Krankheit gestört wird.

Über das Institut für Molekulare Biologie gGmbH

Das Institut für Molekulare Biologie gGmbH (IMB) ist ein Exzellenzzentrum der Lebenswissenschaften, das 2011 auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz eröffnet wurde. Die Forschung am IMB konzentriert sich auf aktuelle Gebiete: Epigenetik, Genomstabilität, RNA-Biologie und Proteostase. Erforscht werden diese Gebiete vor allem im Kontext der Alternsforschung. Das Institut ist ein Paradebeispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen einer privaten Stiftung und öffentlichen Einrichtungen: Die Boehringer Ingelheim Stiftung (BIS) fördert die Grundfinanzierung des IMB von 2009 bis 2027 mit insgesamt 154 Millionen Euro. Das moderne Forschungsgebäude wurde mit 50 Millionen Euro durch das Land Rheinland-Pfalz finanziert. Von Herbst 2020 bis Mitte 2027 stellt das Land 52 Millionen Euro zur Grundfinanzierung des IMB bereit. Weitere Informationen zum IMB finden Sie unter www.imb.de.

Weiterführende Links:
https://www.imb.de/ – Institut für Molekulare Biologie (IMB)


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Christof Niehrs
DNA demethylation, DNA repair & reprogramming
Institut für Molekulare Biologie (IMB) und
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-21400
E-Mail: c.niehrs@imb-mainz.de
https://www.imb.de/niehrs


Originalpublikation:

Eleftheria Parasyraki et al.
5-Formylcytosine is an activating epigenetic mark for RNA Pol III during zygotic reprogramming
Cell, 29. August 2024
DOI: 10.1016/j.cell.2024.08.011
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0092867424009024?via%3Dihub


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW