Pflanzenproteine: Beeinflussung durch Nachahmung



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23.11.2023 12:09

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Pflanzenproteine: Beeinflussung durch Nachahmung

Forschende der LMU München und der RWTH Aachen zeigen, dass bestimmte Pflanzenproteine menschlichen Signalproteinen des Immunsystems ähneln und an deren Rezeptoren binden können.

Das menschliche Immunsystem beruht auf Zellen, die untereinander durch Signalmoleküle, sogenannte Zytokine und Chemokine, kommunizieren. Eines dieser Signalmoleküle ist das Protein MIF (macrophage migration inhibitory factor). Es spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung verschiedener Immunreaktionen, indem es in Form eines dreiteiligen Komplexes an passende Rezeptoren verschiedener Zelltypen bindet und dadurch bestimmte Signalwege in diesen Zellen anschaltet. Überraschenderweise gibt es bei Pflanzen Proteine, die dem menschlichen MIF-Protein in der Abfolge ihrer einzelnen Bausteine (Aminosäuren) sehr ähnlich sind und als MDL-Proteine bezeichnet werden.

Ein Team um Professor Jürgen Bernhagen vom Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD) am Klinikum der LMU München und Professor Ralph Panstruga vom Lehr- und Forschungsgebiet Molekulare Zellbiologie der Pflanzen der RWTH Aachen hat nun in Zusammenarbeit mit einer Arbeitsgruppe um Professor Elias Lolis von der renommierten Yale University in den USA gezeigt, dass MIF- und MDL-Proteine auch in ihrer räumlichen Struktur einander verblüffend ähnlich sind.

Ferner stellten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit Erstautor Lukas Spiller fest, dass die pflanzlichen MDL-Proteine, allein oder in Komplexen mit dem menschlichen MIF-Protein, an die Rezeptoren des MIF-Proteins binden und so entsprechende immunrelevante Signalwege aktivieren können – und dies zum Teil effizienter als das menschliche MIF-Protein allein. Dieser unerwartete Befund, der jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Science Signaling veröffentlicht wurde, deutet darauf hin, dass möglicherweise pflanzliche MDL-Proteine über diesen Mechanismus das menschliche Immunsystem beeinflussen. Dieses Szenario könnte etwa bei durch Pflanzenpartikel ausgelösten Immunreaktionen (z.B. Heuschnupfen und Hautreaktionen), Unverträglichkeiten nach Aufnahme pflanzlicher Nahrung, oder der Wirkweise pflanzlicher Arzneimittel eine Rolle spielen. Weitere Untersuchungen müssen aber noch zeigen, ob dies tatsächlich der Fall ist.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Jürgen Bernhagen
Vaskuläre Biologie
Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD)
E-Mail: juergen.bernhagen@med.uni-muenchen.de
Web: https://www.isd-research.de/bernhagen-lab?kumActiveTabs=5293beb2%400

Prof. Dr. Ralph Panstruga
Lehr- und Forschungsgebiet Molekulare Zellbiologie der Pflanzen
E-Mail: panstruga@bio1.rwth-aachen.de
Web: http://www.bio1.rwth-aachen.de/PlantMolCellBiology/index.html


Originalpublikation:

L. Spiller et al.: Plant MDL proteins synergize with the cytokine MIF at CXCR2 and CXCR4 receptors in human cells. Science Signaling 2023

DOI: 10.1126/scisignal.adg2621


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW