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28.03.2023 14:35
Screening auf einzelne Bakterienarten in Bioproben vereinfacht
Eine im Graduiertenkolleg TransEvo entwickelte Methode spart Zeit und Kosten bei der Analyse von komplexen mikrobiologischen Proben.
In der medizinischen Forschung und Diagnostik rückt das Mikrobiom, also die mikrobielle Besiedlung etwa des Darms zunehmend ins Blickfeld. Über eine Stuhlprobe lässt sich das komplexe mikrobielle Ökosystem des Darms genau analysieren. Dazu gibt es prinzipiell zwei Verfahren: die klassische Anzucht auf Platten mit spezifischen Nährmedien oder die recht teure DNA -Analyse der Stuhlprobe. Beide Methoden für sich genommen sind unbefriedigend, wenn es darum geht, schnell eine spezielle Bakterienart in der Probe nachzuweisen. Um gezielt Lactobacillen, Bifidobakterien und Bacteroides in Stuhlproben aufzuspüren und zu kultivieren entwickelten Forschende des Graduiertenkollegs (GRK) Translationale Evolutionsforschung (TransEvo) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) eine schnelle und robuste Screening-Methode. Die Ergebnisse veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift Current Microbiology. „Unser Verfahren ist kostengünstiger und schneller als alternative Methoden, die normalerweise verwendet werden, um Bakterien in komplexen mikrobiologischen Proben zu identifizieren und zu isolieren“, erklärt Erstautorin Sofia Borges, Doktorandin am Institut für Mikrobiologie und Biotechnologie des Max-Rubner-Instituts in Kiel. „Die Methode eignet sich insbesondere zum Screening auf bestimmte Bakterienarten, für die es kein exklusives Nährmedium gibt“, ergänzt Professor Charles Franz, Leiter des Instituts und außerplanmäßiger Professor an der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der CAU. „Wir ersparen uns mit diesem Verfahren langwierige Prozeduren, um reine Bakterienarten aus potenziell nicht reinen Kulturen zu separieren und sie zu identifzieren.“
Bakterienkultur ist häufig nicht selektiv
Unter Bakterienkultur versteht man die Anzucht von Mikroorganismen auf einem Nährboden unter kontrollierten Bedingungen, zum Beispiel der Temperatur. Die Wahl des Nährmediums richtet sich danach, welche Bakterienart in der Probe gesucht wird. Selektive Wachstumsmedien fördern nur das Wachstum einer bestimmten Art, während andere in der Probe enthaltener Arten in ihrem Wachstum gehemmt werden. Wenn die gesuchte Art in der Probe enthalten ist, wächst diese zu einer Kolonie heran. Das ist der Idealfall. Häufig sind die Nährböden jedoch nicht ausschließlich für eine einzige Art selektiv, sondern lassen auch einige andere Bakterienarten wachsen.
„In dieser Arbeit haben wir uns auf Bifidobakterien, Laktobacillen und Bacteroides konzentriert“, sagt Borges. Bifidobakterien und Laktobacillen deshalb, weil sie für die Darmgesundheit relevant seien, aber normalerweise nicht in großer Zahl im Darm vorkämen. Daher gelingt es selbst mit teilweise selektiven Medien manchmal nicht, diese Bakterien zu kultivieren. Bacteroides wurden in der Studie als Beispiel für eine Gram-negative Art aufgenommen, die ebenfalls für die Darmgesundheit wichtig ist und von den Koautorinnen und Koautoren der Studie weiter untersucht wird.
Nachweis reiner Kolonien trotz fehlender Aufreinigung
Das Prinzip der Methode beruht auf der Kultivierung mittels drei verschiedenen Selektivmedien, DNA-Extraktion, PCR-Analyse eines bestimmten Gens und Sequenzierung. Sechs Stuhlproben von gesunden Personen wurden zum Testen dieser Methode verwendet. Die Kultivierung erfolgte in einer anaeroben Kammer (ohne Sauerstoff) über 48 Stunden bei 37 Grad Celsius. Danach wurden gut voneinander getrennte Einzelkolonien für die Isolierung der Bakterien ausgewählt. Die einzelnen Kolonien wurden gemäß des Studienprotokolls untersucht. In allen 180 Kolonien konnte die enthaltenen Bakterienarten identifiziert werden. Die meisten Kolonien konnten einer einzigen Spezies zugeordnet werden, obwohl die verwendeten Selektivmedien nicht nur das Wachstum der Zielbakterien begünstigten, sondern auch einige andere Arten wachsen ließen. „Einige unserer Kolonien enthielten bis zu drei verschiedene Bakterienarten. Wir waren aber positiv überrascht, dass die meisten Kolonien rein waren, trotz minimaler Kultivierung und ohne Aufreinigung durch wiederholtes Ausstreichen von Kolonien“, erklärt Borges.
Ihr Arbeitsgruppenleiter Charles Franz resümiert: „Unsere neue Methode ermöglicht es, Einblick in die Reinheit der vorhandenen Kolonien auf Agarplatten zu erhalten und die darin enthaltenen Bakterien genau zu identifizieren. Sie kann daher nützlich sein, um einen schnellen, kostengünstigen und robusten Überblick über die aus komplexen mikrobiologischen Proben gewonnenen Bakterien zu erhalten, bevor diese für weitere Studien ausgewählt werden.“
Über das GRK TransEvo
Das Graduiertenkolleg TransEvo ist ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Graduiertenkolleg GRK 2501) gefördertes Graduiertenkolleg an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Ziel ist es, die Relevanz evolutionärer Prinzipien für angewandte Probleme zu untersuchen und zu fördern. Unbeabsichtigte Folgen menschlicher Eingriffe resultieren oft aus Handlungen, die die natürliche Auslese beeinflussen, zum Beispiel der Einsatz von Antibiotika oder Krebsmedikamenten in der Medizin, von Pestiziden in der Landwirtschaft oder menschliche Eingriffe in die Ökosysteme der Erde. Überraschenderweise werden evolutionäre Konzepte nur selten genutzt, um unser Verständnis für diese angewandten Herausforderungen zu verbessern und neue nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Das übergreifende Ziel des Graduiertenkollegs TransEvo ist es, bei Doktoranden zwei Hauptkompetenzen zu schulen: die Nutzung von Wissen und Konzepten aus der evolutionsbiologischen Grundlagenforschung, um unser Verständnis für aktuelle Herausforderungen in angewandten Bereichen zu verbessern, und die Nutzung der neu gewonnenen Erkenntnisse, um unser Verständnis der Evolution zu bereichern.
Originalpublikation:
Borges, A.S.G., Basu, M., Brinks, E. et al. Fast Identification Method for Screening Bacteria from Faecal Samples Using Oxford Nanopore Technologies MinION Sequencing. Curr Microbiol 80, 101 (2023). https://doi.org/10.1007/s00284-023-03201-7
Weitere Informationen:
DFG-Graduiertenkolleg “Translational Evolutionary Research” (TransEvo), CAU:
https://transevo.de
Fotos stehen zum Download bereit:
http://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2023/082-borges-proben.jpg
Vorbereitung der Proben für die PCR-Analyse.
© Maria Stein, MRI
http://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2023/082-borges.jpg
Sofia Borges, Doktorandin im Graduiertenkolleg TransEvo. (Betreuer: Professor Charles Franz und John Baines, CAU-Professor für Evolutionäre Genomik.)
© Maria Stein, MRI
Kontakt:
Ana Sofia G. Borges
Institut für Mikrobiologie und Biotechnologie
Max-Rubner-Institut (MRI), Bundesforschungsinstitut
für Ernährung und Lebensmittel
Tel.: 0431- 609-2333
E-Mail: Sofia.Borges@mri.bund.de
Prof. Dr. Charles Franz
Institut für Mikrobiologie und Biotechnologie
Max-Rubner-Institut (MRI), Bundesforschungsinstitut
für Ernährung und Lebensmittel
Tel.: 0431- 609-2340
E-Mail: charles.franz@mri.bund.de
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Presse, Kommunikation und Marketing,
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Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Ana Sofia G. Borges
Institut für Mikrobiologie und Biotechnologie
Max-Rubner-Institut (MRI), Bundesforschungsinstitut
für Ernährung und Lebensmittel
Tel.: 0431- 609-2333
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Prof. Dr. Charles Franz
Institut für Mikrobiologie und Biotechnologie
Max-Rubner-Institut (MRI), Bundesforschungsinstitut
für Ernährung und Lebensmittel
Tel.: 0431- 609-2340
E-Mail: charles.franz@mri.bund.de
Originalpublikation:
Borges, A.S.G., Basu, M., Brinks, E. et al. Fast Identification Method for Screening Bacteria from Faecal Samples Using Oxford Nanopore Technologies MinION Sequencing. Curr Microbiol 80, 101 (2023). https://doi.org/10.1007/s00284-023-03201-7
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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