17.12.2020 14:35
Kann Open-Source-Hardware Leben retten?
Studie liefert neue Erkenntnisse zur Open-Source-Fertigung von Beatmungsgeräten
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Gleich zu Anfang der COVID-19-Pandemie wurde die Open-Source-Hardware-Community aktiv, um bei der Herstellung dringend benötigter medizinischer Ausstattung zu helfen. Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer IPK fassen in einer jetzt veröffentlichten Studie zusammen, wie Beatmungsgeräte schnell, sicher und dezentral gefertigt werden können.
April 2020: Die SARS-CoV-2-Pandemie strapaziert die Gesundheitssysteme bis zur Grenze des Leistbaren, teilweise auch darüber hinaus. Besonders kritisch ist der Mangel an lebenserhaltenden Beatmungssystemen, da auch die Lieferketten der Hersteller teilweise ausgesetzt sind.
Zu diesem Zeitpunkt beginnen Einzelpersonen, Gemeinden, Unternehmen und Forschungseinrichtungen damit, Beatmungsgeräte zu entwerfen und zu entwickeln, die mithilfe lokaler und frei verfügbarer Ressourcen hergestellt werden können – als Open-Source-Hardware (OSH). Bei Beatmungsgeräten handelt es sich um vergleichsweise komplexe Geräte, deren Fertigung Komponenten aus Mechanik, Elektrik und Software umfasst. Ihre Hersteller müssen strenge Vorschriften einhalten, die von nationalen Behörden vorgegeben werden. Wie also kann sichergestellt werden, dass eine dezentrale Fertigung effektiv und effizient umgesetzt wird? Und wie gewährleistet man die Sicherheit und Funktionalität der produzierten Beatmungsgeräte?
Das Projekt OPEN.Effect startete im Mai 2020 mit dem Ziel, Informationen zu Open-Source-Projekten zur Fertigung von Beatmungsgeräten während der Pandemie zu sammeln, zu analysieren und zu evaluieren. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK erarbeiteten in Zusammenarbeit mit der gemeinnützigen Organisation Public Invention einen Lösungsansatz, der auf der COVID VENT LIST aufbaut, einer von den Projektpartnern gemeinsam bearbeiteten, öffentlich einsehbaren Liste von Projekten zu Open-Source-Beatmungsgeräten. Die Ergebnisse der Untersuchung fließen wieder in die COVID VENT LIST ein und helfen so bei der Bewertung bereits umgesetzter und der Planung und Durchführung zukünftiger Projekte.
Auf Grundlage der Vorarbeit von Public Invention an der COVID VENT LIST konnten die Forscherinnen und Forscher sehr schnell ein differenziertes Verständnis für die weltweite Open-Source-Hardware-Landschaft aufbauen. So konnten sie 27 Mitwirkende an 14 repräsentativen Projekten der OSH-Community zu ihren Erfahrungen interviewen. Die Befragten kamen aus unterschiedlichen Fachgebieten wie Projektmanagement, Software- und Hardware-Entwicklung oder Design. Auch eine Vielfalt an Organisationsformen war vertreten, von offenen Gemeinschaften über Non-Profit-Organisationen und Forschungsinstitute bis hin zu Unternehmen. Grundlage für die Interviews waren 13 anhand der Vorrecherchen erarbeitete Kriterien für OSH-Projekte, darunter zum Beispiel Openness, Buildability oder auch COVID-19 Suitability.
Die Ergebnisse der Interviews ergeben ein Gesamtbild darüber, in welchem Status sich die Vorhaben befinden, welche Vorgehensweisen sich als optimal erwiesen haben und welche Herausforderungen dabei aufgetaucht sind. Anhand dieser Informationen leiten die Autorinnen und Autoren der Studie Hinweise ab, die in der Zukunft für andere derartige OSH-Projekte hilfreich sein können. So lautet beispielsweise eine der Empfehlungen im Bereich Buildability, dass aufgrund der schwierigen Lieferkettensituation auf standardisierte Bauteile und Schnittstellen zurückgegriffen werden solle, um die Modularität und Austauschbarkeit verschiedener Systeme zu ermöglichen. Insgesamt zeigt die Studie, dass es für offene Communities möglich ist, schnelle und sichere Lösungen für ein kritisches Problem während der Pandemie erfolgreich zu entwickeln und zu fertigen.
Die komplette englischsprachige Studie kann ab sofort unter www.ipk.fraunhofer.de/open-effect gratis heruntergeladen werden.
OPEN.Effect wurde im Rahmen der Kampagne »Fraunhofer vs. Corona« von der Fraunhofer-Gesellschaft finanziert.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Sonika Gogineni | Tel.: +49 30 39006-175 | sonika.gogineni@ipk.fraunhofer.de
Originalpublikation:
www.ipk.fraunhofer.de/open-effect
Weitere Informationen:
http://www.ipk.fraunhofer.de/open-effect
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Gesellschaft, Informationstechnik, Maschinenbau, Medizin, Wirtschaft
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
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