Luftverschmutzung und Sterblichkeit: Globale Studie zeigt anhaltende Gesundheitsrisiken trotz sinkender Schadstoffwerte



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05.09.2024 07:07

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Luftverschmutzung und Sterblichkeit: Globale Studie zeigt anhaltende Gesundheitsrisiken trotz sinkender Schadstoffwerte

Selbst wenn sich die Schadstoffkonzentrationen in der Luft verringern, können die von den Luftschadstoffen ausgehenden Gesundheitsrisiken unverändert hoch bleiben. Das zeigt eine internationale Studie, die jetzt unter der Leitung Forschender von Helmholtz Munich durchgeführt wurde. Ein weltweites Forschungsnetzwerk hat für 380 Städte untersucht, wie sich zwischen 1995 und 2016 die Auswirkungen von Luftverschmutzung auf die Sterblichkeit verändert haben. Das zentrale Ergebnis: Die Konzentrationen von Luftschadstoffen wie Feinstaub (PM10, PM2.5, siehe Infobox) und Stickstoffdioxid (NO2) haben zwar abgenommen; das von ihnen ausgehende Gesundheitsrisiko hat sich jedoch kaum geändert.

Für ihre Untersuchung haben die Forschenden Daten aus dem so genannten Multi-Country Multi-City (MCC) Collaborative Research Network genutzt – einer internationalen Zusammenarbeit verschiedener Forschungsteams. Ihr Ziel ist es, die Zusammenhänge zwischen Umweltstressoren – also Faktoren, die für Lebewesen belastend sein können -, Klima und Gesundheit besser zu verstehen. „Die enorme Datenmenge des Netzwerks hat es uns ermöglicht, die gesundheitlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung auf globaler Ebene über einen langen Zeitraum zu analysieren und Trends zu verfolgen“, sagt Maximilian Schwarz, Wissenschaftler am Institut für Epidemiologie bei Helmholtz Munich und Erstautor der Studie.

Viele Faktoren sind mögliche Ursachen

Laut der Studie hat sich das Sterberisiko im betrachteten Zeitraum nicht signifikant verändert – trotz verringerter Schadstoffkonzentrationen. Schwarz führt diesen Befund auf verschiedene Faktoren zurück: „Dazu gehört, dass in vielen Regionen die Bevölkerung altert, ältere Menschen tendenziell gesundheitlich stärker als jüngere vorbelastet sind und sich die Herkunft und die Zusammensetzung der Luftschadstoffe unter Umständen verändert hat.“ Darüber hinaus zeigt die Studie Unterschiede in den Auswirkungen je nach geographischer Region und bei der Analyse des gleichzeitigen Einflusses verschiedener Schadstoffe auf die Sterblichkeit.

Die Untersuchung konzentriert sich auf die gesetzlich durch Grenzwerte reglementierten Schadstoffe wie Feinstäube der Größenklassen PM10, und PM2.5 sowie NO2. „Aufgrund der zur Verfügung stehenden Daten konnten wir den Einfluss anderer potenziell relevanter Schadstoffe nicht untersuchen“, sagt Schwarz. Dazu gehören zum Beispiel ultrafeine Partikel, die im Verdacht stehen, die menschliche Gesundheit stärker zu beeinträchtigen als größere Partikel (siehe Infobox). „Unsere Studie unterstreicht einerseits die weltweite Notwendigkeit eines möglichst flächendeckenden und erweiterten Monitorings. Andererseits müssen weitere, vorhandene Daten für die Wissenschaft nutzbar gemacht werden”, so Schwarz weiter. Dies sei notwendig, um neue Fragestellungen noch genauer untersuchen zu können.

Gesundheitspolitische Relevanz

Die Direktorin des Instituts für Epidemiologie, Prof. Dr. Annette Peters, betont, dass sich nationale und internationale Bemühungen zur Verbesserung der Luftqualität stärker an den strengeren Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientieren müssen: „Die 2021 von der WHO überarbeiteten Richtwerte für die Luftqualität werden durch die aktuelle Studie noch einmal bestätigt. Die geplante Überarbeitung der Grenzwerte auf europäischer Ebene ist ein essentieller Schritt, um die gesundheitlichen Risiken durch Luftverschmutzung besser in den Griff zu bekommen“, so Peters.

Infobox:

Feinstaub: Feinstaubpartikel sind winzige feste oder flüssige Partikel in der Luft. PM10 bezeichnet Partikel mit einem Durchmesser von 10 Mikrometern oder weniger, kleiner als ein menschliches Haar. PM2.5 umfasst noch kleinere Partikel, die einen Durchmesser von 2,5 Mikrometern oder weniger haben. Diese Teilchen können tief in die Lunge eindringen: Sie sind mit einer Reihe von Gesundheitsproblemen verbunden, darunter Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und vorzeitiger Tod. Langfristige Exposition gegenüber hohen PM2.5-Werten erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen erheblich.

Stickstoffdioxid (NO2): Stickstoffdioxid ist ein gasförmiger Luftschadstoff, der hauptsächlich durch Verbrennungsprozesse wie den Straßenverkehr und industrielle Aktivitäten entsteht. NO2 reizt die Atemwege und kann Entzündungen in der Lunge verursachen. Das wiederum kann zu Atemwegserkrankungen, einer Verschlechterung von Asthma und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Auch bei relativ niedrigen Konzentrationen ist NO2 schädlich für die Gesundheit.

Ultra-Feinstaubpartikel (UFP): Ultra-Feinstaubpartikel sind noch kleiner als PM2.5 und haben einen Durchmesser von weniger als 0,1 Mikrometern. Aufgrund ihrer geringen Größe können diese Partikel nicht nur tief in die Lunge eindringen, sondern auch über die Lungenbläschen in den Blutkreislauf gelangen und sich so im gesamten Körper ausbreiten. Studien deuten darauf hin, dass UFP mit einer erhöhten Gefahr für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurologische Störungen und einer Verschlechterung bestehender Atemwegserkrankungen verbunden ist. Trotz ihrer potenziell erheblichen gesundheitlichen Auswirkungen sind UFPs oft schwieriger zu messen und werden derzeit nicht durch Grenzwerte reguliert.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Maximilian Schwarz, Institute of Epidemiology, Helmholtz Zentrum München – German
Research Center for Environmental Health, 85764 Neuherberg, Germany, maximilian.schwarz@helmholtz-munich.de


Originalpublikation:

Schwarz M, Peters A, Stafoggia M, et al. Temporal variations in the
short-term effects of ambient air pollution on cardiovascular and respiratory mortality:
a pooled analysis of 380 urban areas over a 22-year period. Lancet Planet Health 2024;
8: e657–65.


Weitere Informationen:

https://mccstudy.lshtm.ac.uk/ Link zum Multi-Country Multi-City (MCC) Collaborative Research Network


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW