Mit zwei Virusarten gegen Tumore



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03.03.2021 17:00

Mit zwei Virusarten gegen Tumore

Eine internationale Forschungsgruppe unter Leitung der Universität Basel hat eine vielversprechende Strategie für therapeutische Krebsimpfungen entwickelt. Mit zwei unterschiedlichen Viren als Vehikel verabreichten sie im Tierversuch krebskranken Mäusen spezifische Tumorbestandteile und regten damit ihr Immunsystem an, den Tumor anzugreifen. Der Ansatz wird nun in klinischen Studien getestet.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Das Immunsystem als Verbündeten im Kampf gegen Krebs einzusetzen, ist Basis einer ganzen Palette von modernen Krebstherapien. Ein Ansatz ist dabei die sogenannte therapeutische Krebsimpfung: Nach der Diagnose ermitteln Fachleute, welche Bestandteile des Tumors als Erkennungsmerkmal für das Immunsystem dienen könnten. Anschliessend verabreichen sie der Patientin oder dem Patienten genau diese Bestandteile durch eine Impfung, um eine möglichst starke Immunreaktion gegen den Tumor auszulösen.

Als Vehikel, welche die charakteristischen Tumormoleküle in den Körper einbringen sollen, dienen unschädlich gemachte Viren. Allerdings scheiterten bisher viele Versuche für eine solche Krebstherapie an einer zu wenig effizienten Immunantwort. Eine Hürde besteht darin, dass der Tumor aus körpereigenen Zellen besteht und das Immunsystem Sicherheitsvorkehrungen trifft, um diese nicht anzugreifen. Zudem richten sich die Immunzellen oft mehr gegen das – körperfremde – Virusvehikel als gegen seine – körpereigene – Fracht. Somit blieb bei fast allen bisher entwickelten Krebstherapien dieser Art der erhoffte Schlag gegen den Tumor aus. Denn das richtige Vehikel ist ebenso bedeutend für die Wirksamkeit wie die Wahl des richtigen Tumorbestandteils als Angriffspunkt.

Arenaviren als Vehikel

Die Forschungsgruppe um Prof. Dr. Daniel Pinschewer von der Universität Basel hat bereits in früheren Studien entdeckt, dass sich Viren aus der Familie der Arenaviren als Vehikel gut eignen, um eine starke Immunantwort auszulösen. Nun berichten sie im Fachblatt «Cell Reports Medicine», dass die Kombination aus zwei verschiedenen Arenaviren im Tierversuch vielversprechende Resultate lieferte.

Die Forschenden setzten dabei auf zwei sehr weit entfernt verwandte Arenaviren namens Pichinde Virus und Lymphozytäres Choriomeningitis Virus, die sie mit molekularbiologischen Verfahren für die Verwendung als Impfvektor anpassten. Verabreichten sie den gewählten Tumorbestandteil zunächst mit dem einen Virus und zu einem späteren Zeitpunkt mit dem anderen, verschob sich das Ziel der Immunantwort vermehrt vom Vehikel auf die Fracht. «Indem wir nacheinander zwei verschiedene Viren verwenden, fokussieren wir die ausgelöste Immunantwort auf das, worauf es ankommt, nämlich das Tumormolekül», erklärt Pinschewer.

Tumor eliminiert oder verlangsamt

Bei Versuchen mit Mäusen konnten die Forschenden eine starke Aktivierung der sogenannten T-Killerzellen messen, die die entarteten Krebszellen eliminierten. Bei etwa 20 bis 40 Prozent der Tiere – je nach Art ihrer Krebserkrankung – verschwand der Tumor, während sich bei weiteren das Tumorwachstum zumindest temporär verlangsamte.

«Über die Wirksamkeit dieser neuen Therapieform beim Menschen können wir zwar im Moment noch nichts sagen», gibt Pinschewer zu bedenken. Laufende Studien mit einer Krebstherapie, die auf nur einem einzelnen Arenavirus basiert, wiesen aber bereits erste vielversprechende Ergebnisse aus. Effekte auf Tumore im Tierversuch liessen sich nicht eins zu eins auf die entsprechenden Krebserkrankungen beim Menschen übertragen. «Da die Therapie mit zwei verschiedenen Viren bei Mäusen aber besser wirkt als die Therapie mit nur einem Virus, stimmen mich unsere Forschungsresultate optimistisch», fügt Pinschewer hinzu.

Das Biotech-Unternehmen Hookipa Pharma, zu dessen Gründern auch Pinschewer gehört, untersucht die Wirksamkeit dieses neuartigen Ansatzes zur Krebstherapie am Menschen nun in klinischen Studien. «Im Moment wird getestet, was unser Ansatz bewirken kann», so der Forscher. «Bewährt er sich, wären auch Kombinationen mit bestehenden Therapien denkbar, sodass die miteinander verzahnten Wirkmechanismen Tumore noch besser ausmerzen können.»


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Daniel Pinschewer, Universität Basel, Departement Biomedizin, Tel. +41 61 207 32 70, E-Mail: daniel.pinschewer@unibas.ch


Originalpublikation:

Weldy V. Bonilla et al.
Heterologous arenavirus vector prime-boost overrules self-tolerance for efficient tumor-specific CD8 T cell attack
Cell Reports Medicine (2021), doi: 10.1016/j.xcrm.2021.100209


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW