Neue internationale Studie zur Sicherheit von chirurgischen Eingriffen nach Coronavirus-Infektionen



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10.03.2021 16:42

Neue internationale Studie zur Sicherheit von chirurgischen Eingriffen nach Coronavirus-Infektionen

Bereits im Mai 2020 belegten erste Daten des Forschungsnetzwerks COVIDSurg, dass Patientinnen und Patienten mit einer Coronavirus-Infektion bei chirurgischen Eingriffen eine erhöhte Sterblichkeit aufweisen. In einer der bislang größten internationalen Beobachtungsstudien konnte das Forschungsteam nun aktuell herausfinden, dass planbare (sog. elektive) Operationen von auf SARS-CoV-2 positiv getesteten Personen um mindestens sieben Wochen aufgeschoben werden sollten, um das postoperative Sterblichkeitsrisiko zu senken. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Anaesthesia veröffentlicht.

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Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
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Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Operationen, die bis zu sechs Wochen nach einer Infektion mit dem Coronavirus erfolgen, sind mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden. Das zeigen die Ergebnisse einer neuen Studie des Forschungsnetzwerks COVIDSurg, die aktuell in der Fachzeitschrift Anaesthesia erschienen sind. Demnach liegt bei Patientinnen und Patienten mit positivem Coronavirus-Testbefund während dieses Zeitraums ein mehr als zweieinhalbfach erhöhtes Risiko vor, in Folge einer Operation zu versterben – unabhängig von einer anhaltenden Erkrankungssymptomatik. Für die Studie hat das Forschungsteam unter der Leitung der Universität Birmingham Daten von 140.727 Personen aus 1.674 Kliniken in insgesamt 116 Ländern erhoben und ausgewertet. Zeitpunkt der Erhebung war Oktober 2020.

Von den in der Studie eingeschlossenen Personen waren 2,2 Prozent zu verschiedenen Zeitpunkten positiv auf COVID-19 getestet worden, die restlichen 97,8 Prozent waren nicht mit dem Virus infiziert und bildeten die Vergleichsgruppe. Die Mortalität innerhalb von 30 Tagen nach einem chirurgischen Eingriff (Studienendpunkt) betrug demnach bei den negativ getesteten Personen nur 1,5 Prozent. Die entsprechende Sterblichkeit bei den Personen, die während der ersten vier Wochen nach einer Coronavirus-Infektion operiert wurden, betrug dagegen vier Prozent und nach fünf bis sechs Wochen immer noch 3,6 Prozent. Die Mortalität sank erst sieben Wochen nach dem Infektionsnachweis wieder auf das Ausgangsniveau von 1,5 Prozent ab.

Diese Ergebnisse waren über alle Altersgruppen und unabhängig von der Schwere der Begleiterkrankung, der Dringlichkeit und vom Ausmaß des Eingriffs konsistent. Jedoch wiesen Patientinnen und Patienten mit anhaltenden COVID-19-Symptomen auch noch nach sieben Wochen eine mit sechs Prozent stark erhöhte Mortalität auf, im Gegensatz zu Personen, bei denen die Symptome bereits abgeklungen waren (2,4 Prozent) bzw. die trotz Infektion ohne Erkrankungssymptome blieben (1,3 Prozent).

Entsprechend rät das Forschungsteam bei positivem Coronavirus-Nachweis, planbare Operationen um mindestens sieben Wochen zu verschieben und abzuwarten, bis entsprechende COVID-19-Symptome abgeklungen sind. „Allerdings ist es absolut essenziell, die Entscheidung über den Aufschub einer Operation für jeden Patienten und jede Patientin individuell zu treffen“, so Professor Dr. Alfred Königsrainer, klinischer Leiter der Studie in Tübingen und Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie. „Die Risiken und der mögliche Nutzen einer verzögerten Operation nach einem Coronavirus-Nachweis müssen in jedem Einzelfall genau abgewogen werden“.

Über das Forschungsnetzwerk COVIDSurg:

Die COVIDSurg Collaborative ist ein Forschungsnetzwerk, das die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf die chirurgische Versorgung untersucht. Am Netzwerk sind zwischenzeitlich über 15.000 Ärztinnen und Ärzte bzw. Forscherinnen und Forscher aus über 100 Ländern der Welt beteiligt. COVIDSurg hat im Oktober 2020 eine der bislang größten Beobachtungsstudien unter dem Titel COVIDSurg-Week zu chirurgischen Risiken im Zusammenhang mit Coronavirus-Infektionen durchgeführt und gleichzeitig chirurgische Vergleichsdaten und Qualitätsindikatoren erhoben, die zukünftig dabei helfen sollen, die chirurgische Versorgung weltweit zu vergleichen und zu verbessern (https://globalsurg.org/surgweek/).

Erste wegweisende Erkenntnisse zu den Risiken chirurgischer Eingriffe bei Patientinnen und Patienten mit Coronavirus-Infektionen konnten vom Forschungsnetzwerk COVIDSurg bereits im Mai 2020 in der Fachzeitschrift The Lancet publiziert werden (https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)31182-X).

Zu den Personen:

Prof. Dr. Alfred Königsrainer und Dr. Markus Quante sind die klinischen Studienleiter in Tübingen, die gemeinsam mit weiteren Kollegen wie Dr. Can Yurttas die COVIDSurg Studien durchführen und sich an dieser weltweiten Initiative beteiligen.

Dr. Markus Löffler ist Mitglied im nationalen Leitungsgremium der COVIDSurg Collaborative und unterstützt die Initiative und die Studiendurchführung in Deutschland.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Universitätsklinikum Tübingen
Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie
Dr. Can Yurttas
Hoppe-Seyler-Straße 3, 72076 Tübingen
Tel. 07071 29-86620
can.yurttas@med.uni-tuebingen.de

Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie
Dr. Markus Löffler
Hoppe-Seyler-Straße 3, 72076 Tübingen
Tel. 07071 29 80992
markus.loeffler@med.uni-tuebingen.de

Universität Birmingham
COVIDSurg an der Universität Birmingham
Tony Moran
Leiter Internationale Kommunikation
Tel. +44 782 783 2312 bzw. +44 7789 921 165 (Zentrale)
t.moran@bham.ac.uk


Originalpublikation:

Timing of surgery following SARS-CoV-2 infection: an international prospective cohort study- COVIDSurg Collaborative; https://doi.org/10.1111/anae.15458


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW