Neue Methode für die Herstellung von Fumarat: Stoffwechselprodukt Fumarat kann Zellschädigungen sichtbar machen



Teilen: 

27.04.2021 19:30

Neue Methode für die Herstellung von Fumarat: Stoffwechselprodukt Fumarat kann Zellschädigungen sichtbar machen

Neues Verfahren zur schnellen Hyperpolarisation und Reinigung von Fumarat in wässriger Lösung gefunden / Hindernisse für den Einsatz von Parawasserstoff überwunden

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Wichtige Fortschritte auf dem Gebiet der Magnetresonanztomografie (MRT) verspricht eine neue Technik, die ein interdisziplinäres Forschungsteam in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) vorgestellt hat. Dadurch könnte die hyperpolarisierte MRT – eine Methode, die seit etwa 20 Jahren entwickelt wird und der Darstellung von Stoffwechselvorgängen im Körper dient – wesentlich vereinfacht werden. Der neue Vorschlag basiert auf der Hyperpolarisation des Stoffwechselprodukts Fumarat mithilfe von Parawasserstoff und der anschließenden Reinigung des Metaboliten. “Diese Technik wäre nicht nur einfacher, sondern auch wesentlich günstiger als das bisherige Vorgehen”, so Studienleiter Dr. James Eills, Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Dmitry Budker an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und am Helmholtz-Institut Mainz (HIM). An der Studie beteiligt waren außerdem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Chemie, der Biotechnologie und der Physik an der TU Darmstadt, der TU Kaiserslautern, der University of California, Berkeley, der Universität Turin und der Universität Southampton.

Fumarat ist ein Schlüssel-Biosensor für die hyperpolarisierte Bildgebung

Die Möglichkeiten der MRT sind durch die geringe Empfindlichkeit der Technik beschränkt und im Wesentlichen darauf begrenzt, Wassermoleküle im Körper zu beobachten. Die Wissenschaft arbeitet daher ständig an verschiedenen Konzepten, um die MRT zu verbessern. Vor etwa zwei Jahrzehnten konnte ein wesentlicher Durchbruch mit der hyperpolarisierten Magnetresonanztomographie erreicht werden: Hyperpolarisierte Moleküle senden deutlich stärkere MRT-Signale aus, sodass auch Stoffe im Körper sichtbar gemacht werden können, die nur in geringer Konzentration vorliegen. Indem Biomoleküle hyperpolarisiert und einem Patienten verabreicht werden, ist es möglich, den Stoffwechsel in Echtzeit zu verfolgen – dem Arzt stehen damit wesentlich mehr Informationen zur Verfügung.

Als vielversprechender Biosensor für die Bildgebung von Stoffwechselvorgängen gilt hyperpolarisiertes Fumarat. Fumarat ist ein Metabolit im Citratzyklus, der eine wichtige Rolle bei der Energiegewinnung von Lebewesen spielt. Fumarat wird zum Zweck der Bildgebung mit Kohlenstoff-13 ausgestattet, da sich die Atomkerne dieses Isotops hyperpolarisieren lassen. Der State of the Art für die Hyperpolarisation von Fumarat ist die dynamische Kernpolarisation, aber das Verfahren ist teuer und relativ langsam. Ein bis zwei Millionen Euro kostet die Ausrüstung. “Dynamische Kernpolarisation ist wegen der damit verbundenen hohen Kosten und technischen Komplexität sehr schwer im klinischen Alltag einsetzbar. Wir können dieses wichtige Biomolekül stattdessen auf eine preisgünstige und komfortable Art und Weise mithilfe von Parawasserstoff hyperpolarisieren”, berichtet Dr. Stephan Knecht, Erstautor der Publikation von der TU Darmstadt.

Neue Methode zur Hyperpolarisation und Reinigung von Fumarat für den Einsatz als Biosensor

Die Forschenden um Dr. James Eills arbeiten an diesem Prinzip bereits seit Längerem. “Damit hatten wir einen großen Fortschritt erzielt: Das Vorgehen ist nicht nur preiswert, sondern auch einfach zu handhaben und schnell”, so Eills. Die sogenannte Parahydrogen-induced Polarization, kurz PHIP, hat allerdings auch Nachteile. Problematisch sind insbesondere die geringe Polarisierung und eine Fülle von unerwünschten Begleitsubstanzen bei dieser chemiebasierten Technik. Unter anderem wird für die Übertragung der Polarisation von Parawasserstoff auf Fumarat ein Katalysator benötigt, der wie andere Nebenprodukte in der Reaktionsflüssigkeit verbleibt. “Die chemischen Verunreinigungen müssen aus der Lösung entfernt werden, damit sie biokompatibel ist und Lebewesen injiziert werden kann. Das ist absolut wesentlich, wenn wir an die zukünftige klinische Umsetzung dieses hyperpolarisierten Biosensors denken”, erklärt Dr. Eleonora Cavallari, Physikerin von der Universität Turin.

Die Lösung des Problems besteht in der Reinigung des hyperpolarisierten Fumarats mithilfe von Fällung. Fumarat liegt dann als gereinigter Feststoff vor und kann später wieder aufgelöst werden – in der gewünschten Konzentration. “Damit erreichen wir ein von toxischen Stoffen gereinigtes Produkt, das ohne Weiteres auch im Körper eingesetzt werden kann”, so Eills. Im Vergleich zu vorherigen Demonstrationen mit PHIP wird zudem die Polarisation auf bemerkenswerte 30 bis 45 Prozent gesteigert. Präklinische Studien hatten früher bereits gezeigt, dass sich die Bildgebung mit hyperpolarisiertem Fumarat als Methode zur Beobachtung der Tumorreaktion auf eine Therapie ebenso eignet wie zur Abbildung von akuten Nierenverletzungen oder Herzinfarkt. Diese neue Art der Herstellung von hyperpolarisiertem Fumarat sollte präklinische Studien erheblich beschleunigen und die Technologie für mehr Labore verfügbar machen.

Bildmaterial:
https://download.uni-mainz.de/presse/08_physik_quantum_him_mrt_fumarat.jpg
Hyperpolarisation von Fumarat für den Einsatz als Biosensor
Abb./©: John Blanchard, James Eills / JGU

Weiterführende Links:
https://budker.uni-mainz.de/ – Arbeitsgruppe Dmitry Budker ;
https://www.hi-mainz.de/ – Helmholtz-Institut Mainz (HIM) ;
https://prisma.uni-mainz.de/ – Exzellenzcluster PRISMA+ an der JGU ;
https://zulf.eu/ – Innovative Training Network (ITN) “Zero- and ultra-low field NMR” (ZULF NMR) ;
https://blog.zulf.eu/ – ZULF-NMR-Blog

Lesen Sie mehr:
https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/13224_DEU_HTML.php – Pressemitteilung “Hyperpolarisierte Protonen-Bildgebung zur Beobachtung von Stoffwechselprozessen in Echtzeit” (11.03.2021) ;
https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/13025_DEU_HTML.php – Pressemitteilung “Venusfliegenfalle erzeugt magnetische Felder” (27.01.2021) ;
https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/12355_DEU_HTML.php – Pressemitteilung “Dmitry Budker erhält Norman F. Ramsey-Preis der American Physical Society” (21.10.2020) ;
https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/11825_DEU_HTML.php – Pressemitteilung “Neue NMR-Methode ermöglicht Beobachtung chemischer Reaktionen in Metallbehältnissen” (15.07.2020) ;
https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/11370_DEU_HTML.php – Pressemitteilung “Zustand von Lithium-Ionen-Akkus kann mit einfacher Methode gemessen werden” (07.05.2020)


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. James Eills
Quanten-, Atom- und Neutronenphysik (QUANTUM)
Institut für Physik
Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)
und Helmholtz-Institut Mainz (HIM)
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-29632
E-Mail: eills@uni-mainz.de
https://budker.uni-mainz.de/?page_id=70


Originalpublikation:

S. Knecht et al., Rapid hyperpolarization and purification of the metabolite fumarate in aqueous solution, Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) 118: 13, 30. März 2021,
DOI: 10.1073/pnas.2025383118
https://www.pnas.org/content/118/13/e2025383118


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW