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06.03.2024 15:02
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Neues Lehrkonzept: Studierende werden zu Botschafter*innen für planetare Nachhaltigkeit und Gesundheit
Forschende der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) haben in Kooperation mit Culinary Medicine Deutschland e.V. ein neuartiges Lehrkonzept für eine nachhaltige und gesundheitsfördernde Ernährung entwickelt und an der Universität Göttingen überprüft: Die Studierenden zeigten eine deutlich erhöhte Fähigkeit, Wissen und Handlungskompetenzen für eine klima- und umweltschonende und gleichzeitig gesundheitsfördernde Ernährung zu erwerben, anzuwenden und weiterzuvermitteln. Die Ergebnisse der von der Rut- und Klaus-Bahlsen-Stiftung mit 83.000 Euro geförderten Studie wurden in der internationalen Fachzeitschrift „Nutrients“ veröffentlicht.
(umg/pug) Politik und Wissenschaft sind fortwährend mit der Frage konfrontiert, wie Menschen dazu bewegt werden können, sich nachhaltiger und gesünder zu verhalten. Studierende können durch ihre späteren Rollen als Expert*innen, Führungskräfte und politische Gestalter*innen eine Schlüsselfunktion im Wandel zu nachhaltigeren Ernährungssystemen einnehmen. Voraussetzung dafür ist, dass sie im Laufe ihrer akademischen Ausbildung das hierfür notwendige Wissen und vor allem die zugehörigen Handlungskompetenzen erwerben.
Forschende um Priv.-Doz. Dr. Thomas Ellrott, Leiter des Instituts für Ernährungspsychologie an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), und Uwe Neumann, Vorstand des Vereins Culinary Medicine Deutschland, haben ein neuartiges Lehrkonzept mit Praxisteil in der Lehrküche für eine nachhaltige und gesundheitsfördernde Ernährung entwickelt. Das Konzept wurde im Sommersemester 2022 an der Universität Göttingen in dem Kurs „Planetary Health Diet“ erstmals angewendet und überprüft. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Fähigkeit der Studierenden deutlich erhöht wird, Wissen und Handlungskompetenzen im Bereich einer umweltschonenden und gesunden Ernährung aufzubauen und diese weiterzuvermitteln. Die Entwicklung und Umsetzung wurden von der Rut- und Klaus-Bahlsen-Stiftung mit 83.000 Euro gefördert. Die Studie wurde in der internationalen Fachzeitschrift „Nutrients“ mit Unterstützung des Open Access-Publikationsfonds der Universität Göttingen veröffentlicht.
Der “Planetary Health Diet”-Kurs
Studierende können unabhängig ihres Studiengangs über die Zentrale Einrichtung für Sprachen und Schlüsselqualifikationen (ZESS) der Universität Göttingen an dem Kurs „Planetary Health Diet – Seminar und praktische Übungen im Teaching Kitchen für eine nachhaltige und gesundheitsförderliche Ernährung“ teilnehmen. Die Studierenden erarbeiten eigenständig wichtige Grundlagen aus dem Themenfeld nachhaltige und gesundheitsfördernde Ernährung, wodurch sie wesentlich stärker in die Gestaltung der Lehrveranstaltungen einbezogen werden (sogenannte Inverted-Classroom-Methode). Die Basis dafür ist die „Planetary Health Diet (PHD)“, ein von international renommierten Wissenschaftler*innen entwickeltes Ernährungskonzept, das eine gesunde Ernährung der Weltbevölkerung mit prognostizierten zehn Milliarden Menschen im Jahr 2050 unter gleichzeitiger Wahrung der planetaren Gesundheit sicherstellen soll. Die PHD wird ab dem Frühjahr 2024 durch die überarbeiteten lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ergänzt, die erstmals nicht nur Gesundheits-, sondern auch Nachhaltigkeitsaspekte integrieren. Im nachfolgenden praktischen Kursteil erproben die Studierenden in einem speziellen Kochkurs, der im sogenannten Teaching Kitchen – einem Skills Lab mit Lehrküche – stattfindet, wie sie ihre selbst eingebrachten Rezepte variieren können, um diese nachhaltiger und/oder gesünder zu gestalten. Dies gelingt zum Beispiel durch eine Veränderung des Verhältnisses von tierischen zu pflanzlichen Komponenten oder durch den Ersatz von sogenannter raffinierter Stärke, unter anderem aus Weißmehl, durch Produkte aus Vollkorngetreide. Während der abschließenden gemeinsamen Mahlzeit werden die von den Studierenden für die Gerichte berechneten CO2-Bilanzen und Nährstoffgehalte verglichen. Parallel dazu wird praktisch beurteilt, welchen Einfluss die Rezeptvariationen auf die geschmackliche Bewertung haben, da Geschmack wesentlich über die Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidet. „Durch den Kurs erlernen die Studierenden zum einen, sich wissenschaftlich fundierte Informationen zu nachhaltiger und gesundheitsfördernder Ernährung zu erschließen und diese zu bewerten. Die direkte Anwendung in der Lehrküche an selbst eingebrachten Gerichten ermöglicht die Übertragung der erworbenen Kompetenzen in eigene Lebenswelten“, erläutert Erstautorin Nicola Rosenau, Kursleiterin und Doktorandin am Institut für Ernährungspsychologie an der UMG. Das Lehrangebot wurde von Nicola Rosenau, Priv.-Doz. Dr. Thomas Ellrott und Uwe Neumann gemeinsam konzipiert.
Die Studie im Detail
In die Pilotauswertung wurden die ersten drei Kurse des neuen Lehrkonzepts im Sommersemester 2022 einbezogen, an denen insgesamt 26 Studierende teilgenommen haben. Vor Beginn des ersten und nach Ende des letzten Kurstages füllten die Teilnehmenden einen digitalen Fragebogen aus, der unter anderem danach fragte, wie sie ihre Fähigkeit einschätzten, einer*einem Freund*in beziehungsweise einer*einem Kolleg*in verschiedene Themen aus dem Bereich nachhaltige und gesundheitsfördernde Ernährung zu erklären. 25 Fragebögen konnten ausgewertet werden. Das Ergebnis: Nach dem Kurs schätzten die Teilnehmenden ihre Fähigkeit in diesem Bereich um 21 bis 98 Prozent besser ein als vor der Kursteilnahme.
Im nächsten Schritt planen die Autor*innen, die Ergebnisse dieser Pilotstudie mit einer größeren Stichprobe zu bestätigen. Zudem wollen sie untersuchen, ob der Kurs auch das Ernährungsverhalten der Teilnehmenden und weitere Verhaltensebenen beeinflusst. Für die Zukunft hoffen Rosenau, Neumann und Ellrott, dass das von ihnen entwickelte Lehrkonzept auch an anderen nationalen und internationalen Universitäten angeboten und gemeinsam weiterentwickelt wird. „Studierende sind wichtige Vermittler*innen und Rollenvorbilder für gesellschaftliche Wandlungsprozesse, vor allem in ihren späteren Berufen. Durch innovative Lehrkonzepte im Studium können die zentralen Zukunftsthemen Nachhaltigkeit und Gesundheit in der Breite der Gesellschaft verankert werden“, sagt Priv.-Doz. Dr. Thomas Ellrott.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Institut für Ernährungspsychologie (IfE)
Priv.-Doz. Dr. Thomas Ellrott
Humboldtallee 32, 37073 Göttingen
Telefon 0551 / 39-67500
thomas.ellrott@med.uni-goettingen.de
Originalpublikation:
Rosenau, N.; Neumann, U.; Hamblett, S.; Ellrott, T. University Students as Change Agents for Health and Sustainability – A Pilot Study on the Effects of a Teaching Kitchen-Based Planetary Health Diet Curriculum. Nutrients 2024, 16, 521. DOI: https://doi.org/10.3390/nu16040521
Bilder
Teilnehmende des Planetary Health Diet-Kurses im Teaching Kitchen im Sportpark Jahnstadion.
C. Ellrott
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch