Zu viel Niacin erhöht das Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten



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01.03.2024 09:41

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Zu viel Niacin erhöht das Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten

Warum haben manche Menschen auch ohne klassische Risikofaktoren wie einen hohen Cholesterinspiegel ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall? Ein internationales Forschungsteam hat sich ergebnisoffen angeschaut, was im Blutkreislauf betroffener Menschen kursiert und sie von anderen unterscheidet. Die Forschenden stießen auf Stoffwechselendprodukte von überschüssigem Niacin.

„Sie steigern das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen über einen Entzündungsmechanismus“, sagt Prof. Dr. Arash Haghikia, Direktor der Klinik für Kardiologie im St. Josef Hospital, Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum, der an den Arbeiten während seiner Tätigkeit an der Charité, Universitätsmedizin Berlin, beteiligt war. Die Forschenden aus den USA und Deutschland berichten in der Zeitschrift Nature Medicine vom 19. Februar 2024.

Auf der Suche nach unentdeckten Risikofaktoren

Um herauszufinden, welche bislang unentdeckten Risikofaktoren eine Rolle für Herz- und Gefäßerkrankungen spielen könnten, analysierte das Forschungsteam Blutproben von über 1.000 Patientinnen und Patienten, die eine Herzerkrankung hatten. Sie suchten kleine Moleküle, deren Spiegel die Wahrscheinlichkeit von Herz- und Gefäßkrankheiten unabhängig von traditionellen Risikofaktoren vorhersagen konnten. Zwei Moleküle waren besonders auffällig. Weitere Analysen ergaben, dass es sich dabei um die Substanzen 2PY und 4PY handelte: beides Stoffwechselendprodukte von überschüssigem Niacin.

Niacin ist ein wichtiger Nährstoff, der auch als Vitamin B3 bekannt ist. Etwa 15 Milligramm sollten Erwachsene pro Tag zu sich nehmen. Bei einer ausgewogenen Ernährung ist man ausreichend versorgt. Da während der Zeit der Großen Depression in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts allerdings viele US-Amerikaner*innen an lebensbedrohlichen Mangelerscheinungen litten, wird dort seitdem und bis heute Mehl und Getreideprodukten Niacin zugesetzt. Durch die heute übliche Ernährung führt das inzwischen zu einer Überversorgung der Bevölkerung. Hinzu kommt, dass Niacin und andere Stoffe, die im Körper zu den gleichen Abbauprodukten verstoffwechselt werden, als Nahrungsergänzungsmittel zum Anti-Aging frei verkäuflich sind.

Zusammenhänge sind komplex

Die Forschenden gingen dem Zusammenhang weiter auf den Grund und fanden heraus, dass der Weg vom hohen 2PY- und 4PY-Spiegel zum erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen über entzündliche Prozesse der Gefäße verläuft.

„Paradoxerweise kann Niacin den Cholesterinspiegel senken und wurde in der Vergangenheit als Cholesterinsenker in klinischen Studien getestet, führte aber dadurch nicht wie zu erwarten zu einer Senkung des Risikos für Herz-Kreislauferkrankungen“, schildert Arash Haghikia. „Die Zusammenhänge sind also komplex, und unsere Erkenntnisse passen gut zu diesem Paradox.“


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Arash Haghikia
Klinik für Kardiologie
St. Josef-Hospital
Universitätsklinikum Ruhr-Universität Bochum
Tel: +49 234 509 2301
E-Mail: arash.haghikia@ruhr-uni-bochum.de


Originalpublikation:

Marc Ferell et al.: A Terminal Metabolite of Niacin Promotes Vascular Inflammation and Contributes to Cardiovascular Disease Risk, in: Nature Medicine, 2024, DOI: 10.1038/s41591-023-02793-8


Bilder

Arash Haghikia ist von der Charité in Berlin nach Bochum gewechselt.

Arash Haghikia ist von der Charité in Berlin nach Bochum gewechselt.

© RUB, Marquard


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW