Lipide treiben Metastasierung im Eierstockkrebs



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20.07.2023 10:00

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Lipide treiben Metastasierung im Eierstockkrebs

Eierstockkrebs ist die fünft-häufigste Krebstodesursache bei Frauen und der tödlichste gynäkologische Tumor. Die aggressivste Form, das hochgradige seröse Karzinom, hat meist bereits vor der Diagnose im Bauchraum gestreut. Die Bauchraumstreuung ist ein Wechselspiel zwischen Tumor- und Wirtzellen, beeinflusst von malignem Bauchwasser (Aszites). Marburg Forschende haben in einem von der Wilhelm Sander-Stiftung mit 142.000 € geförderten und in der renommierten Fachzeitschrift Theranostics veröffentlichtem Projekt die Wirkung eines Fettes im Aszites (Lysophosphatidsäure) auf die Grundlagen der Metastasierung von Tumorzellen aufgeklärt.

Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) wird oft erst spät und nach der Streuung von Metastasen im Bauchraum entdeckt. Die verfügbaren Therapeutika zeigen zwar initial Wirkung, diese ist aber nicht von Dauer. Dadurch liegt die 5 Jahres Überlebensrate bei unter 40 %. Ein tiefergehendes Verständnis für seine Biologie und neue Ansatzpunkte zur Therapie sind dringend erforderlich.

Eine häufige Begleiterscheinung des Ovarialkarzinoms ist eine maligne Ansammlung von Flüssigkeit im Bauchraum – Aszites genannt. Diese Flüssigkeit enthält neben Tumor- und Immunzellen eine Vielzahl von Stoffen, die das Tumorwachstum und die Metastasierung fördern und ist somit als Untersuchungsmaterial besonders wertvoll.

Die Arbeitsgruppen um Dr. Florian Finkernagel, und Prof. Dr. Rolf Müller, beide vom Zentrum für Tumor- und Immunbiologie (ZTI) der Philipps-Universität Marburg, untersuchen in einer intensiven interdisziplinären Zusammenarbeit mit der Klinik für Gynäkologie die Signalnetzwerke und Wechselwirkungen zwischen Tumor- und Wirtszellen in diesem durch Aszites geprägten Mikromilieu.

„Aszites enthält Millionen von frei schwimmenden Tumorzellen – aber nur wenige wachsen als Metastasen an. Wir wollen die Bedingungen, die dafür notwendig sind, genau verstehen“ sagt Dr. Florian Finkernagel. Es gelang ihnen die Wirkung einer der im Aszites vermehrt vorhanden Stoffgruppen – Lysophosphatidsäuren (LPA) – auf Tumorzellen zu beleuchten.

Lysophosphatidsäure (LPA) gelten als ‘Ovarialkarzinom aktivierender Faktor’. Sowohl ihre Konzentration im Aszites als auch die vermehrte Expression bestimmter LPA-bindender Rezeptoren im Tumor sind mit kürzerer rückfallfreier und totaler Überlebensdauer assoziiert. Wie die Marburger Forschenden nun im Journal Theranostics beschrieben, wirken die in Aszites vorkommenden LPA-Varianten auf das Zytoskelett, die Tumorzellmigration und die Zell-in-Zell-Invasion von Tumorzellen mittels eines komplexen Signalnetzwerkes.

Als zentraler Bestandteil des Netzwerkes stellte sich dabei die Proteinkinase MYPT1 heraus. Die Forschenden konnten zeigen, dass die Hemmung von MYPT1 die LPA-vermittelte Migration und Zell-in-Zell-Invasion von Tumorzellen verhindert. Da MYPT1prinzipiell medikamentös beinflussbar ist, eröffnet sich hier ein vielversprechender Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer Therapien.

Im Zuge des Forschungsprojektes entstand eine einmalige Biomaterial – und Datenbank am Zentrum für Tumor- und Immunbiologie: „Als Beitrag hin zu einer personalisierten Medizin haben wir eine Bio- und Datenbank speziell für Tumorzellen, Immunzellen und andere Bestandteile des Aszites von Ovarialkarzinom-Patientinnen aufgebaut“, sagt Prof. Dr. Rolf Müller, Leiter der Arbeitsgruppe “Translationle Onkologie” am ZTI. Sie erfasst alle relevanten experimentellen Labor- sowie Patientendaten einschließlich klinischer Verläufe in anonymisierter und vereinfachter Form und ist online für alle beteiligten Kooperationspartner:innen abrufbar.

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* Die in diesem Text verwendeten Genderbegriffe vertreten alle Geschlechtsformen.

Wilhelm Sander-Stiftung: Partnerin innovativer Krebsforschung

Die Wilhelm Sander-Stiftung hat das Forschungsprojekt mit knapp 143.000 Euro über 24 Monate unterstützt. Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 270 Millionen Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz ausbezahlt. Damit ist die Wilhelm Sander-Stiftung eine der bedeutendsten privaten Forschungsstiftungen im deutschen Raum. Sie ging aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

Kontakt
Konstanze Adam
Wilhelm Sander-Stiftung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit & Stiftungskommunikation
Tel.: +49 (0) 89 544187-0
E-Mail: adam@sanst.de


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Florian Finkernagel,
Zentrum für Tumor- und Immunbiologie (ZTI)
Philipps-Universität Marburg
Hans-Meerwein-Str. 3
35043 Marburg
Tel.: +49 (0) 6421 28 282 5337
E-Mail: finkernagel@imt.uni-marburg.de


Originalpublikation:

Ojasalu, K., Lieber, S., Sokol, A.M., Nist, A., Stiewe, T., Bullwinkel, I., Finkernagel, F., Reinartz, S., Müller-Brüsselbach, S., Grosse, R., Graumann. J. and Müller. R. (2023). The lysophosphatidic acid-regulated signal transduction network in ovarian cancer cells and its role in actomyosin dynamics, cell migration and entosis. Theranostics, 13, 1921-1948. doi:10.7150/thno.81656.


Weitere Informationen:

http://www.wilhelm-sander-stiftung.de
https://www.linkedin.com/company/wilhelm-sander-stiftung/


Bilder

Schematische Darstellung der Forschungsergebnisse.

Schematische Darstellung der Forschungsergebnisse.

© Kaire Ojasalu


Anhang

attachment icon 06.07.23 Pressemitteilung Wilhelm Sander-Stiftung_Lipide treiben Metastasierung im Eierstockkrebs


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch


 

Quelle: IDW