Misteltherapie verdient wissenschaftlich hochwertige Debatte

Misteltherapie verdient wissenschaftlich hochwertige Debatte



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11.08.2020 16:00

Misteltherapie verdient wissenschaftlich hochwertige Debatte

Integrativ gegen Krebs: Mehr als zwei Drittel der KrebspatientInnen wenden ergänzend Verfahren aus der Komplementärmedizin an, viele davon die Misteltherapie. Umso wichtiger, dass in diesem Bereich auf wissenschaftlich hohem Niveau geforscht und bewertet wird.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Ein aktuelles Review (Freuding et al.) kann diesen Ansprüchen allerdings nicht gerecht werden. Darauf haben ÄrztInnen verschiedener Fachrichtungen direkt nach Erscheinen des Reviews in einem kritischen Brief an den Herausgeber („Letter-to-the-Editor“) der Fachzeitung hingewiesen. Das Review von Freuding et al. war zu dem Schluss gekommen, dass ein positiver Effekt der Misteltherapie weder auf das Überleben noch auf die Lebensqualität nachgewiesen werden könne.

Kritik vertieft
Nun liegt eine ausführliche Überprüfung (veröffentlicht in der Peer-Review-Fachzeitschrift Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine) zum Review vor, in dem die ForscherInnen ihre Kritik wissenschaftlich untermauern und diverse Mängel benennen: Unvollständigkeiten (z.B. Ausschluss von Studien), Intransparenz der Methodik (z.B. zur Auswahl der einbezogenen Literatur), fehlende Durchführung einer Meta-Analyse trotz ausreichender Studien sowie eine fehlerhafte und unzureichende Bewertung des Risikos von Verzerrungen. Auch die Schlussfolgerungen selbst überraschen: Obwohl in 14 Studien eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität, in zwei Studien ein positiver Trend und nur in einer Studie kein Effekt nachgewiesen wurde, kommen die Review-AutorInnen (Freuding et al.) zu dem Schluss, dass eine Misteltherapie keinen Einfluss auf die Lebensqualität habe.

Debatte auf hohem Niveau gefordert
„Die Debatte um die Wirksamkeit der Misteltherapie wird immer wieder kontrovers geführt. Wir müssen uns dabei auf Daten stützen können, die wissenschaftlichen Standards entsprechen“, kommentiert Prof. Dr. med. Harald Matthes, Ärztlicher Leiter des Gemeinschaftskrankenhauses Havelhöhe und Inhaber der Stiftungsprofessur an der Charité Universitätsmedizin Berlin. „Das ist beim vorliegenden Review jedoch nicht der Fall, so dass aus der Arbeit keine aussagekräftigen Schlussfolgerungen gezogen werden können“.

Leitlinien-Arbeit zur Integrativen Onkologie
Dabei wären qualitativ hochwertige Forschungsarbeiten zur Misteltherapie gerade jetzt besonders wichtig, da in diesem Jahr die Veröffentlichung einer erstmaligen S3-Leitlinie zu integrativen Therapien in der Onkologie ansteht: „Die Entscheidung, ob die Misteltherapie aufgenommen wird, hängt natürlich von der wissenschaftlichen Bewertung zu dieser Therapieoption ab“, ergänzt Dr. med. Friedemann Schad, Leiter des zertifizierten Onkologischen Zentrums am Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe. „Wir haben angeregt, dass das Review überarbeitet wird, da die Arbeit den Kriterien eines systematischen Reviews nicht ausreichend entspricht. Das Ziel muss ja sein, ÄrztInnen und Gesundheitsfachleuten Daten zur Verfügung zu stellen, mit denen sie die richtigen Entscheidungen auf dem Boden evidenz-basierter Empfehlungen treffen können.“
Stand der Debatte

Untermauert wird die Kritik am Freuding-Review im Übrigen auch durch zwei neue Publikationen – ein wissenschaftliches Review (Ostermann et al.) sowie eine Metaanlyse (Loef M, Walach H) – aus diesem Jahr, die zu gänzlich anderen und positiven Ergebnissen für die Misteltherapie kommen. Trotz dieser neuen Ergebnisse und der inzwischen wissenschaftlich publizierten Kritik ist allerdings noch keine inhaltliche Überarbeitung durch die AutorInnen des Reviews erfolgt.

Zur Misteltherapie:

Die Misteltherapie ist das am besten erforschte und am häufigsten eingesetzte komplementärmedizinische Arzneimittel in der Integrativen Krebstherapie. Sie wird in der Regel ergänzend zu konventionellen Verfahren eingesetzt. Die Misteltherapie ist heute gut bis sehr gut erforscht, es existieren mittlerweile über 3.000 wissenschaftliche Artikel zu Mistelextrakten und ihren Wirkprinzipien sowie über 150 klinische Studien.

PRESSEKONTAKT:

Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland e.V. (DAMiD)
Natascha Hövener, Pressesprecherin
T: +49-30-28 87 70 96
F: +49-30-97 89 38 69
E-Mail: hoevener@damid.de

Der DAMiD repräsentiert die Anthroposophische Medizin in allen gesellschaftlichen Bereichen des deutschen Gesundheitswesens. Als Dachorganisation vertritt der Verband die übergeordneten Belange und Interessen seiner 16 Mitglieder. Mitgliedsorganisationen sind Berufsverbände, Klinikverband, gemeinnützige Altenhilfe, Behindertenhilfe sowie die Hersteller Anthroposophischer Arzneimittel.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Kontakt zu den Studienautoren bitte über die Pressesprecherin des DAMiD / Natascha Hövener: hoevener@damid.de


Originalpublikation:

Matthes H, Thronicke A, Hofheinz R-D, Baars E, Martin D, Huber R, et al. Statement to an Insufficient Systematic Review on Viscum album L. Therapy. Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine 2020;1-9: https://doi.org/10.1155/2020/7091039


Weitere Informationen:

https://www.damid.de/presse/pressmitteilungen/816-misteltherapie-verdient-wissen…


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW