Neue Forschungsergebnisse zeigen: Gemeinsame Arzttermine erhöhen das Engagement der Patientinnen und Patienten



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01.11.2023 10:15

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Neue Forschungsergebnisse zeigen: Gemeinsame Arzttermine erhöhen das Engagement der Patientinnen und Patienten

Laut neuer Forschungsergebnisse der ESMT Berlin erhöhen gemeinsam genutzte Termine bei ärztlichem Fachpersonal das Engagement der erkrankten Personen, in dem sie mehr Fragen stellen, mehr kommentieren und ein höheres Maß an nonverbalem Engagement zeigen, was zu einem größeren Nutzen für die anderen Betroffenen in den Sitzungen führt.

Im Gesundheitswesen wird die Einzelbetreuung oft als Ideal angesehen, da allgemein davon ausgegangen wird, dass individuelle Betreuung auch das Behandlungsergebnis verbessert. Bei gemeinsam durchgeführten Terminen werden die Patientinnen und Patienten in Gruppen betreut. Diese Form der Betreuung wurde bislang kritisiert, da befürchtet wird, dass der Verlust von Privatsphäre und der persönlichen Beziehungsebene zwischen Behandelnden und Behandelten ein geringeres Engagement der Erkrankten zur Folge haben könnte. Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse zeigen jedoch am Beispiel augenärztlicher Versorgung, dass dies nicht unbedingt der Fall sein muss.

Nazlı Sönmez von der ESMT Berlin, Kavitha Srinivasan und Rengaraj Venkatesh vom Aravind Eye Hospital in Indien, Ryan W. Buell von der Harvard Business School und Kamalini Ramdas von der London Business School untersuchten die Auswirkungen gemeinsamer Ärztinnen- und Arzttermine (SMAs) auf die Bindung zu den Behandelten. Bei SMAs treffen sich die Patientinnen und Patienten mit dem ärztlichen Fachpersonal in einer Gruppe, wobei nacheinander behandelt wird. Die Ärztin oder der Arzt tauscht sowohl Informationen aus, die auf die Bedürfnisse des einzelnen Betroffenen zugeschnitten sind, als auch Informationen, die für alle Teilnehmenden mit der gleichen Erkrankung relevant sein können.

Die Forschenden führten am Aravind Eye Hospital eine randomisierte, kontrollierte Studie mit 1.000 Patientinnen und Patienten durch, die sich über einen Zeitraum von drei Jahren einer Glaukom-Behandlung unterzogen. Sie wurden dazu in Gruppen zu je fünf Teilnehmenden für Einzeltermine oder SMAs eingeteilt, wobei jede Person vier Termine im Abstand von vier Monaten wahrnahm. Anhand der Wort- und Verhaltensprotokolle der Videoaufzeichnungen, die während der Studie erstellt wurden, untersuchten die Forschenden, wie sich SMAs auf das Engagement der Betroffenen auswirken.

Im Durchschnitt stellten Patientinnen und Patienten, die an SMAs teilnahmen, pro Minute 33,3 % mehr Fragen und machten 8,6 % mehr Kommentare. Bei mehreren Erkrankten in einer SMA führte eine Steigerung des Engagements dazu, dass alle innerhalb der Gruppe mehr Kommentare hörten.

Patientinnen und Patienten in SMAs zeigten auch ein höheres Maß an nonverbalem Engagement bei einer Vielzahl von Messgrößen, darunter Aufmerksamkeit, Positivität, Kopfwackeln (eine südindische Geste, die Zustimmung oder Verständnis signalisiert), Augenkontakt und Zufriedenheit am Ende des Termins.

„Unsere Analyse wirft ein Licht auf die Vorteile der Gestaltung von Dienstleistungsmodellen, die es den Kundinnen und Kunden ermöglichen, sich gegenseitig zu helfen. Das führt zu effizienteren Dienstleistungsbegegnungen im Gesundheitswesen und darüber hinaus”, sagt Nazlı Sönmez, Assistenzprofessorin für Managementwissenschaften an der ESMT. “Während unserer Studie haben unsere ärztlichen Partner beobachtet, dass die Teilnehmenden in SMAs durch die Fragen und Kommentare der anderen Erkrankten motiviert wurden, bestimmte Fragen selbst zu stellen.”

Diese Ergebnisse zeigen, dass die gemeinschaftliche Erbringung von Dienstleistungen das Potenzial hat, das Engagement der Kundinnen und Kunden zu erhöhen und so die Qualität der Dienstleistungen zu verbessern, insbesondere im Gesundheitswesen. Die Gestaltung von SMAs ermöglicht es den Erkrankten, mehr Zeit mit dem ärztlichen Fachpersonal zu verbringen, wenn auch gemeinsam mit anderen Personen. Auch die Behandelnden verbringen mehr Zeit mit ihren Patientinnen und Patienten, insgesamt mehr als 600 % mehr Zeit, wie die Studie zeigt. Das wirkt sich nicht zuletzt positiv auf die Qualität und die Wertschöpfung aus.

Diese Studie wurde in der Zeitschrift Manufacturing and Services Operations Management veröffentlicht und kann hier eingesehen werden: https://pubsonline.informs.org/doi/abs/10.1287/msom.2021.0012

Über die ESMT Berlin
Die ESMT Berlin ist die höchstplatzierte Business School in Deutschland und die erste und einzige deutsche Wirtschaftsuniversität in den europäischen Top 10. Von 25 führenden globalen Unternehmen gegründet, bietet die ESMT Master-, MBA- und PhD-Studiengänge sowie Managementweiterbildung an. Die Kurse werden auf dem Berliner Campus, an Standorten weltweit, online sowie als hybride Kurse mit Teilpräsenz angeboten. Mit einem Fokus auf Leadership, Innovation und Analytics veröffentlichen die Professorinnen und Professoren der ESMT regelmäßig ihre Forschungsergebnisse in führenden wissenschaftlichen Zeitschriften. Zusätzlich bietet die ESMT eine Plattform für den Diskurs zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Die ESMT ist eine staatlich anerkannte private wissenschaftliche Hochschule mit Promotionsrecht, akkreditiert von AACSB, AMBA, EQUIS und FIBAA, und engagiert sich für Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion in all ihren Aktivitäten und Gemeinschaften.


Originalpublikation:

https://pubsonline.informs.org/doi/abs/10.1287/msom.2021.0012


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW