Studie zeigt geringe Transparenz von Pharmasponsoring für Patient*innen-Initiativen



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26.05.2021 08:03

Studie zeigt geringe Transparenz von Pharmasponsoring für Patient*innen-Initiativen

Eine aktuelle Studie des Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) zeigt, dass nur rund ein Drittel der Pharmaunternehmen Angaben über finanzielle Zuwendungen an Patient*innen-Initiativen macht.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Patient*innen-Initiativen, beispielsweise Selbsthilfegruppen oder Organisationen wie die Diabetes-, Aids- oder Hepatitis-Hilfe, sind ein wichtiges Sprachrohr für die Interessen von erkrankten Menschen und ihren Angehörigen. Sie leisten wertvolle Arbeit in der Beratung, der Krankheits- und Problembewältigung sowie der gegenseitigen Unterstützung von Betroffenen. „Im Idealfall benennen sie auch relevante Endpunkte von Behandlungen und liefern so Informationen darüber, wann eine Therapie eine qualitätsvolle Verbesserung bringt“, sagt Claudia Wild, Leiterin des Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA).

Durch die zunehmende Professionalisierung von Patient*innen-Initiativen steigt auch ihr Bedarf an finanziellen Mitteln, der häufig durch Sponsoring von Pharmaunternehmen gedeckt wird. Um diese Geldflüsse transparenter zu gestalten, hat die Pharmaindustrie mit einer Selbstverpflichtung zur Offenlegung reagiert. Dadurch können zwar mögliche Interessenskonflikte sichtbar gemacht werden, allerdings ist die Bereitwilligkeit zur Transparenz noch immer relativ gering ausgeprägt, wie die Analysen des AIHTA seit 2014 zeigen.

Im Jahr 2019 machten laut AIHTA-Bericht nur 39 von insgesamt 115 Mitgliedsunternehmen der PHARMIG Angaben über finanzielle Zuwendungen an Patient*innen-Initiativen. Im Vergleich zu 2018 sank die Offenlegungsquote von 43 auf 34 Prozent, während gleichzeitig ein deutlicher Anstieg der deklarierten Geldsumme um 37 Prozent auf rund 2,3 Millionen Euro zu beobachten war. Die Bandbreite der Unterstützungen erstreckte sich auf Förderungen der Vereinstätigkeiten und Informationsveranstaltungen über finanzielle Hilfen für Ausbildungsseminare und Tagungen bis hin zu Druckkostenzuschüssen.

Interessenskonflikte offenlegen

Für die Analyse wurden die Websites aller 115 PHARMIG-Mitgliedsunternehmen auf Informationen zu finanziellem Sponsoring an Patient*innen-Initiativen untersucht. 2019 erhielten den größten Anteil die Bereiche Hämato-Onkologie (354.325 Euro bzw. rund 16 Prozent der Gesamtsumme) und Hämophilie (287.552 Euro bzw. rund 13 Prozent der Gesamtsumme), gefolgt von Lungenerkrankungen, Diabetes- und Stoffwechselerkrankungen. „Die deutliche Zunahme von Zuwendungen auf dem Gebiet der Hämophilie dürfte nicht zuletzt mit der Entwicklung von neuen, sehr teuren Gentherapien im Zusammenhang stehen. Es ist insgesamt auffällig, dass vor allem jene Patient*innen-Initiativen unterstützt werden, für die teure Therapien zur Verfügung stehen“, sagt Claudia Wild.

Die Studienleiterin betont, dass mögliche Interessenskonflikte nicht zwangsläufig das Urteilsvermögen von Entscheidungsträger*innen der Patient*innen-Initiativen beeinflussen, sie seien aber ein Risiko für verzerrte Wahrnehmungen: „Die gesponserten Patient*innen-Initiativen verlieren so möglicherweise den kritischen Blick und das Bewusstsein darauf, welche Therapiemöglichkeiten es abseits der von den unterstützenden Pharmaunternehmen angebotenen Arzneimittel noch gibt.“

Das Fazit des AIHTA-Berichts: Zur Unterstützung der öffentlichen Vertrauensbildung und der professionellen Integrität sind finanziellen Zuwendungen offenzulegen. Die derzeitige Praxis zeigt aber, dass „das Problembewusstsein immer noch nur sehr selektiv vorhanden ist.“ Deshalb sei es notwendig, weiterhin ein kritisches Monitoring durchzuführen, um den Transparenzprozess zu unterstützen, resümiert Claudia Wild.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Austrian Institute for Health Technology Assessment
Priv. Doz. Dr. phil. Claudia Wild
Garnisongasse 7/20
1090 Wien
T +43 / 1 / 236 81 19-12


Originalpublikation:

Originalpublikation: Sehic O., Wild C. Sponsoring von Patient*innen-Initiativen in Österreich. 4. Update. AIHTA Policy Brief Nr.: 007; 2021. Wien: HTA Austria – Austrian Institute for Health Technology Assessment GmbH.
Link zur Studie: https://eprints.aihta.at/1308


Ergänzung vom 26.05.2021

E-Mail: claudia.wild@aihta.at


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW