Tumore besser charakterisieren



Teilen: 

09.01.2024 14:52

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Tumore besser charakterisieren

MRT-basierte Methode detektiert Wasseraustausch von Tumorzellen als Maß für deren Malignizität
Der Wasserkreislauf durch Membrantransporter gilt als ein Kennzeichen des Zellstoffwechsels und könnte bei der Charakterisierung von Tumoren und anderen Krankheiten von hoher diagnostischer Bedeutung sein. In der Zeitschrift Angewandte Chemie stellt ein italienisches Forschungsteam jetzt eine neue auf MRT basierende Methode vor, mit der der Wasseraustausch beurteilt werden kann. So konnten im Mausmodell der Malignitätsgrad von Tumoren sowie der Erfolg therapeutischer Behandlungen eingeschätzt werden.

Krebs ist nicht gleich Krebs. Je nach Art des Tumors können bestimmte Therapien ansprechen oder erfolglos sein. Für eine gezielte, wirksame, aber möglichst schonende Behandlung ist es wichtig, den Tumor genau zu lokalisieren und seine Malignizität zu typisieren. Die Magnetresonanz-Tomographie (MRT) liefert ausgezeichnete zeitlich und räumlich aufgelöste Bilder zur Charakterisierung von Tumoren. Patient*innen liegen während der Untersuchung in einer „Röhre“, in der ein sehr starkes Magnetfeld erzeugt wird. Die Spins (Eigendrehimpulse) von Protonen (Kerne von Wasserstoffatomen) werden im Magnetfeld ausgerichtet. Eingestrahlte Radiowellen synchronisieren die Kreiselbewegungen der Spins und kehren die Orientierung einiger Protonenspins kurzzeitig um. Je nach Zusammensetzung des Gewebes gehen diese „Magnetisierungen“ verschieden schnell wieder verloren (Relaxation). Daraus können 3D-Bilder errechnet werden. Gadolinium-Kontrastmittel verringern die Relaxationszeiten. Sie gelangen bevorzugt in Tumore, da deren Blutgefäße besonders durchlässig sind. So wird der Kontrast verstärkt und der Tumor lässt sich besser abgrenzen. Die Kontrastmittel verteilen sich jedoch nur im extrazellulären Raum des Tumors, sie gelangen nicht in die Tumorzellen.

Dies wollte das Team um Giuseppe Ferrauto und Silvio Aime ausnutzen, um das Ausmaß des Wasseraustauschs durch die Zellmembran zu beurteilen. Tumorzellen sind metabolisch aktiver als gesunde Zellen und haben mehr Transportproteine und Kanäle in ihren Zellmembranen, die auch Wasser ein- und ausschleusen. Die Höhe des Wasseraustauschs gilt als Maß für die Bösartigkeit eines Tumors. Die klassische MRT kann dies nicht abbilden. Das Team von der Universität Turin sowie IRCCS SDN SynLab in Neapel wählte eine neue MRT-Variente namens CEST (Chemical Exchange Saturation Transfer) als Ausgangspunkt.

Ständig findet ein Protonenaustausch statt zwischen freiem Wasser und wasserstoffhaltigen Gruppen von Biomolekülen, z.B. Amingruppen von Kreatin. Die Radio-Frequenzen, mit der die Protonen „magnetisiert“ werden können, hängt von deren chemischer Umgebung ab, unterscheiden sich also für Protonen an freiem Wasser und an z.B. Kreatin gebundene. Mit dem passenden Puls können die Kreatin-gebundenen Protonen gesättigt werden. Diese Protonen befinden sich in einem Austausch mit denen von freiem Wasser in ihrer Nähe. Dabei behalten die Protonen ihren „gesättigten Magnetisierungszustand“ bei. Werden nun Pulse mit der für die Wasser-Protonen passenden Frequenz eingestrahlt, sind immer mehr bereits magnetisiert und können die Energie daher gar nicht mehr aufnehmen (das CEST-Signal in MR-Bildern). Die Absorption nimmt ab, bis der Protonen-Austausch im Gleichgewicht ist. So lassen sich Rückschlüsse ziehen z.B. auf die Konzentration von Kreatin und anderen Protonen-austauschenden Molekülen in einer Zelle, die mit zu einer Krebs-Phänotypisierung herangezogen werden kann.

Gelangt nun Kontrastmittel in den extrazellulären Raum, nimmt die Magnetisierung der Wasser-Protonen dort rascher ab. Da Wasser über die Membran ausgetauscht wird, nimmt auch innerhalb der Zellen der Anteil an magnetisierten Wasser-Protonen schneller ab. Dies verändert wiederum die CEST-Signale. Die Änderungen nach Kontrastmittelgabe spiegeln die Durchlässigkeit der Tumorzellmembran für Wasser wider.

Das Team testete die Methode an Mäusemodellen für Brustkrebs mit verschiedenen Malignitätsgraden. In der Tat stieg der ermittelte Wasseraustausch mit der Aggressivität der Tumore. Innerhalb der Tumore konnten zudem verschieden maligne Bereiche unterschieden werden. Das Cytostatikum Doxorubicin verringerte die Wasserpermeabilität sofort.

Die entwickelte Methode gibt somit Aufschluss über den Phänotyp des Tumors und bietet ein neues Instrument zur Beurteilung des Erfolgs einer Chemotherapie.

Angewandte Chemie: Presseinfo 49/2023

Autor/-in: Silvio Aime, Università degli Studi di Torino (Italy), mailto:silvio.aime@unito.it

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
Die “Angewandte Chemie” ist eine Publikation der GDCh.


Originalpublikation:

https://doi.org/10.1002/ange.202313485


Weitere Informationen:

http://presse.angewandte.de


Bilder

Tumore besser charakterisieren

Tumore besser charakterisieren

(c) Wiley-VCH


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Chemie, Medizin, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW