Zum Singen motiviert – die Rolle des sexuellen Primings bei Mäusen



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11.12.2020 09:01

Zum Singen motiviert – die Rolle des sexuellen Primings bei Mäusen

Bei Balzgesängen von Mäusemännchen handelt es sich um Ultraschallgesänge (Ultraschall-Vokalisationen, USVs), die das menschliche Gehör nicht wahrnehmen kann. Um die USVs der männlichen Nager zu untersuchen und charakteristische Merkmale der verschiedenen Rufe sichtbar zu machen, verwenden WissenschafterInnen spezielle Mikrofone und Spektrogramme. Ein Forscherteam rund um Dustin Penn und Sarah Zala vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (Vetmeduni Vienna) entwickelte nun eine verbesserte Methode zur Automatisierung des Nachweises von USVs. Damit möchten die WissenschafterInnen nun herausfinden, wie man Mäusemännchen zum “Singen” bringt.

Seit Langem vermuten die WissenschafterInnen, dass sogenanntes “sexuelles Priming” – wenn ein männlicher Nager einem Weibchen ausgesetzt wird – einen Tag oder längere Zeit vor der Aufzeichnung der USVs dazu führt, dass der Mäuserich mehr Vokalisationen aussendet. Die Beweislage dafür ist jedoch gemischt und nicht schlüssig. Darüber hinaus ist nicht bekannt, ob das “sexual priming” nur die Anzahl der Rufe oder auch die Art der Vokalisationen, die die Männchen produzieren, verändert und wie lange die Auswirkungen des “primings” andauern.

USVs gemessen und evaluiert

Das Forscherteam führte eine Studie mit wild lebenden Hausmäusen durch und erlaubte den Mäusemännchen, für eine Dauer von fünf Minuten mit einem Weibchen zu interagieren (sexuelles Priming). Die Vokalisationen der Männchen wurden dann entweder nach einem, nach zehn, 20 oder 30 Tagen aufgezeichnet, während sie mit einem anderen Weibchen interagierten. Um die USVs in diesen Aufnahmen zu detektieren, entwickelten die ForscherInnen in Zusammenarbeit mit Peter Balazs vom Akustischen Forschungsinstitut (Österreichische Akademie der Wissenschaften) eine ausgeklügeltere Version ihres Algorithmus, den sogenannten Automatic Mouse Ultrasound Detector (oder A-MUD) und evaluierten die Leistungsfähigkeit dieser Methode, die zur wissenschaftlichen Nutzung frei verfügbar ist. Die ForscherInnen maßen die Vokalisierungsrate sowie die spektro-temporalen Merkmale der Mäusemännchen und klassifizierten die USVs manuell in 15 Silbentypen.

Sexuelles Priming wirkt sich auf Vokalisation aus

Dustin Penn und Sarah Zala fanden heraus, dass männliche Nager nach der Interaktion mit einem Weibchen fast dreimal so viele USVs aussendeten. Zudem war die Vielfalt der Ultraschallvokalisationen größer und die Männchen erzeugten Gesänge, die länger ausfielen und andere spektro-temporale Merkmale aufwiesen. Bei Mäusemännchen die zuvor einem Weibchen ausgesetzt waren, zeigte sich hinsichtlich der USVs das ausgeprägteste Repertoire. Die Länge der Ultraschallvokalisationen nahm einen Tag nach dem sexuellen Priming zu, die Repertoirevielfalt steigerte sich nach einem, sowie nach 20 Tagen. “Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass die Lautäußerungen von männlichen Mäusen nicht nur kontextabhängig sind, sondern auch von früheren sozialen Erfahrungen und möglicherweise auch von Zusammenhängen dieser Erfahrungen abhängig sind”, sagt Erstautorin Sarah Zala vom Konrad-Lorenz Institut für Vergleichende Verhaltensforschung an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. “Der Effekt des sexuellen Primings auf die Balzgesänge der Mäusemännchen wird wahrscheinlich durch neuroendokrine Mechanismen vermittelt, die die sexuelle Erregung der Mäuseriche anzeigen und ihre soziale Akzeptanz erleichtert,” fügt Verhaltensforscher Dustin Penn (KLIVV) hinzu. Darüber hinaus stellen die Ergebnisse auch eine Methode dar, um Mäusemännchen dazu zu motivieren, für zukünftige Forschungsarbeiten zu vokalisieren.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Sarah Zala, PhD.
Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV)
Veterinärmedizinische Universität Wien
T +43 (1) 25077-7352
Sarah.Zala@vetmeduni.ac.at


Originalpublikation:

Der Artikel “Primed to vocalize: wild-derived male house mice increase vocalization rate and diversity after a previous encounter with a female” von Sarah M. Zala, Doris Nicolakis, Maria Adelaide Marconi, Anton Noll, Thomas Ruf, Peter Balazs und Dustin J. Penn wurde in Plos one veröffentlicht. https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0242959


Weitere Informationen:

https://www.vetmeduni.ac.at/de/infoservice/presseinformationen/presseinformation…


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Biologie, Tier / Land / Forst
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW