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19.07.2023 11:22
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Die Lehren aus der Pandemie
Die Pandemie hat die Menschen in so gut wie allen Bereichen ihres Lebens tangiert. Einige sind von den pandemiebedingten Einschränkungen jedoch härter getroffen worden als andere. Eine Expert*innengruppe der Europäischen Kommission hat sich speziell mit den Auswirkungen von Covid 19 auf die Gleichstellung der Geschlechter in Forschung und Innovation befasst. Die Bielefelder Professorin Dr. med. Sabine Oertelt-Prigione leitete diese Sachverständigengruppe, die im Dezember 2021 eingesetzt wurde. Die Ergebnisse konnten nun in dem Report „Covid 19 impact on gender equality in research & innovation“ veröffentlicht werden.
„Ziel unserer Arbeit war es den Status Quo aufzuzeigen. Wie ist der bestehende Zustand? Was ist bisher passiert? Daraus sollten Empfehlungen resultieren, wie es zukünftig besser gemacht werden kann“, erklärt Sabine Oertelt-Prigione. Der Bericht hebt in seinen vier Hauptkapiteln insbesondere die geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Pandemie auf die akademische Produktivität, den wissenschaftlichen Nachwuchs und die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben hervor. Die 12 Mitglieder des Expert*innen-Teams waren aufgrund ihrer Expertise und wegen ihres Engagements in strukturellen EU-Projekten ausgewählt worden. Untersucht wurden institutionelle Reaktionen auf die pandemiebedingten Veränderungen. Ziel war es auch ungesehene und marginalisierte Erfahrungen in der Wissenschaft aufzuzeigen und Lösungsansätze anzubieten.
Vorteile für bereits gut vernetzte Wissenschaftler*innen
„Gut etablierte Wissenschaftler*innen hatten die besseren Chancen, ihre Forschung und Karrieren ohne große Einschränkungen weiterzuführen“, sagt Oertelt-Prigione: „Aber gerade Frauen, noch dazu mit Care-Verantwortung für Kinder oder Angehörige, mussten ihre beruflichen Ziele oft zurückstecken. Auch junge Forschende, die noch kein etabliertes Netzwerk hatten, waren von der eingeschränkten Mobilität und dem Ausfall von netzwerkfördernden Veranstaltungen, wie Tagungen und Konferenzen, ungleich stärker betroffen, als ihre etablierten Kolleg*innen.“ Es werde Jahre dauern, um diese verpasste Zeit in den wissenschaftlichen Karrieren wieder aufzuholen, ist sich Oertelt-Prigione sicher. Wenn es denn überhaupt möglich ist, denn teils notwendige Karriereschritte, wie beispielsweise Auslandsaufenthalte, könnten eventuell wegen einer nicht mehr weiter aufzuschiebenden Familienplanung nicht nachgeholt werden. „Es ist deshalb wichtig für die Zukunft zu klären, wie junge Wissenschaftler*innen hier unterstützt werden können“, sagt Oertelt-Prigione.
Ziel ist inklusive Gleichstellungspolitik im Europäischen Forschungsraum
Die Empfehlungen, die in dem Report ausgesprochen werden, richten sich an politische Entscheidungsträger*innen auf nationaler und EU-Ebene, Forschungsförderorganisationen und Forschungseinrichtungen. Sie bieten den Mitgliedstaaten und Organisationen die Möglichkeit, die Lehren aus der Pandemie auf die Entwicklung einer inklusiven Gleichstellungspolitik im Europäischen Forschungsraum anzuwenden. „Es wird immer mehr Notsituationen geben. Klimawandel, ökonomische Krisen, Kriege – das System wird immer weiteren Stressoren ausgesetzt sein“, erläutert Oertelt-Prigione: „Wichtig ist deshalb, dass sich Institutionen intern damit auseinandersetzen, wie sie sich den Ungleichheiten stellen können und wie für die Zukunft Instrumente entwickelt werden können, um Ausgleiche zu schaffen.“
Die Mitglieder der Sachverständigengruppe kamen aus Deutschland, Dänemark, Italien Finnland, Portugal, Israel, Spanien, Ungarn, Belgien und Großbritannien. Im März 2022 nahm die Gruppe ihre Aktivitäten auf, gefolgt von mehreren virtuellen Treffen und einem hybriden Workshop mit Forschung & Innovation-Akteur*innen im Oktober 2022 in Brüssel.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof’in Dr. Sabine Oertelt-Prigione, Universität Bielefeld
Medizinische Fakultät OWL
Telefon 0521 106-86621
E-Mail: sabine.oertelt-prigione@uni-bielefeld.de
Originalpublikation:
European Commission, Directorate-General for Research and Innovation, COVID-19 impact on gender equality in research & innovation : policy report, Publications Office of the European Union, 2023, https://data.europa.eu/doi/10.2777/171804
Weitere Informationen:
https://op.europa.eu/de/home Website des Amts für Veröffentlichungen der Europäischen Union.
https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/cee1e9a7-ea92-11ed-a05c… Hier ist der Volltext des Berichts zu lesen.
Bilder
Professorin Dr. med. Sabine Oertelt-Prigione leitete die internationale Expert*innengruppe der Europ …
Universität Bielefeld
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Gesellschaft, Medizin, Politik
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
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