Herpesviren: Neue Erkenntnisse zum Fusionsablauf beim Eintritt in die Wirtszelle



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28.09.2020 12:52

Herpesviren: Neue Erkenntnisse zum Fusionsablauf beim Eintritt in die Wirtszelle

Ergebnisse im renommierten Journal Science Advanced erschienen

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Hamburg, Oxford. In einer Studie des Heinrich-Pette-Instituts, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie (HPI), des Centre for Structural Systems Biology (CSSB), der Universität Oxford, der Birkbeck University of London, dem Friedrich-Loeffler-Institut und dem Pasteur-Institut wurde mittels eines multimethodischen Ansatzes der Fusionsablauf von Herpesviren mit der Wirtszelle beim Zelleintritt genauer analysiert. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stand dabei die Präfusionsstruktur des im Herpes-simplex-Virus 1 vorkommenden Glykoprotein B. Die Studien-Ergebnisse sind nun im renommierten Journal Science Advances erschienen.

Herpesviren wie das Herpes-simplex-Virus 1 gehören zur Klasse der umhüllten Viren. Bei allen umhüllten Viren katalysieren während des Viruseintritts in die Wirtszelle spezialisierte Oberflächenproteine die Verschmelzung der viralen mit der zellulären Membran: Die Membranverschmelzung wird durch eine strukturelle Konformationsänderung dieser Proteine von einer metastabilen Prä- zu einer stabilen Postfusionsform erreicht.

Die Präfusionsform stellt ein attraktives Ziel für die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen dar. Jedoch macht die Metastabilität die Proteine hochgradig instabil, so dass sie sich leicht in die Postfusionsform umfalten. Damit stellt die Identifizierung von Möglichkeiten zur Stabilisierung der Präfusionskonformation einen wichtigen Schritt bei der Impfstoffentwicklung dar.

Die nun erschienene Publikation konzentriert sich auf das Membranfusionsglykoprotein B des Herpes-simplex-Virus 1. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Maya Topf (Birkbeck University) wurden konservierte Sequenzsignaturen identifiziert. Diese entscheidenden Daten erlaubten die Durchführung von Molecular Dynamics-Simulationen, die eine präzise Vorhersage für die Position zur Einführung einer Mutation ergaben. Experimente zur genaueren Charakterisierung in Zusammenarbeit mit den Gruppen von Prof. Thomas Mettenleiter (Friedrich-Loeffler-Institut) und Prof. Felix Rey (Pasteur-Institut), zeigten, dass diese Mutation das Protein strukturell und funktionell in seiner Präfusionsform stabilisiert. Mittels Elektronen Kryotomographie war es damit möglich, die Struktur der Präfusionsform mit einer Auflösung im Sub-Nanometer-Bereich zu bestimmen.

Die Ergebnisse erlauben die eindeutige Bestimmung der Domänenanordnung und damit die wesentlichen strukturellen Veränderungen, die erforderlich sind, um die Membranfusionsreaktion voranzutreiben. Hinzu kommt eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zu den bereits bekannten Konformationsänderungen des vesikulären Stomatitis-Virus-Glykoprotein G. „Obwohl beide Proteine aus evolutionär scheinbar nicht verwandten Virusfamilien stammen, sind die Anordnung und Struktur ihrer einzelnen Domänen konserviert“, erklärt der Leiter der Studie Prof. Kay Grünewald.

Sowohl das Fusionsglykoprotein B als auch das Stomatitis-Glykoprotein G gehören beide zu den Membranfusionsproteinen der Klasse III. „In Kombination mit unserer vergleichenden Sequenz-Struktur-Analyse deutet dies auf eine gemeinsame Domänenumlagerung in allen viralen Fusionsproteinen der Klasse III hin. Antikörper oder antivirale Medikamente, die diese Konformationsänderung beeinträchtigen, könnten einen klinisch relevanten Schutz liefern. Unsere Ergebnisse stellen damit einen ersten Schritt zur Entwicklung neuer Medikamente gegen humanpathogene Herpesviren dar“, fasst Erstautor Dr. Benjamin Vollmer die Ergebnisse zusammen.

Die Ergebnisse wurden im Journal Science Advances veröffentlicht:

B. Vollmer, V. Pražák, D. Vasishtan, E. E. Jefferys, A. Hernandez-Duran, M. Vallbracht, B. Klupp, T. C. Mettenleiter, M. Backovic, F. A. Rey, M. Topf, K. Grünewald (2020). The prefusion structure of herpes simplex virus glycoprotein B. Science Advances. Sep 25;6(39):eabc1726.

Rückfragen:

Prof. Dr. Kay Grünewald:
Kay.gruenewald@cssb-hamburg.de
Heinrich-Pette-Institut, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie,
Hamburg


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Kay Grünewald:
Kay.gruenewald@cssb-hamburg.de
Heinrich-Pette-Institut, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie,
Hamburg


Originalpublikation:

B. Vollmer, V. Pražák, D. Vasishtan, E. E. Jefferys, A. Hernandez-Duran, M. Vallbracht, B. Klupp, T. C. Mettenleiter, M. Backovic, F. A. Rey, M. Topf, K. Grünewald (2020). The prefusion structure of herpes simplex virus glycoprotein B. Science Advances. Sep 25;6(39):eabc1726.
https://www.doi.org/10.1126/sciadv.abc1726


Weitere Informationen:

http://hpi-hamburg.de HPI-Webseite


Anhang

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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW