Effekte der Hirnstimulation lassen sich konditionieren



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24.04.2023 12:58

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Effekte der Hirnstimulation lassen sich konditionieren

Forschenden der Ruhr-Universität Bochum ist eine besondere Form der klassischen Konditionierung gelungen. An einer Gruppe von 75 Personen zeigten sie, dass Effekte der transkraniellen Magnetstimulation, kurz TMS, nur durch Hören eines Tons ausgelöst werden können. Prof. Dr. Burkhard Pleger aus der Neurologie des Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikums Bergmannsheil beschreibt die Ergebnisse zusammen mit den Doktoranden Stefan Ewers und Timo Dreier sowie weiteren Kollegen in der Zeitschrift „Scientific Reports“, online veröffentlicht am 16. April 2023.

Für die TMS wird eine Magnetspule von außen über einer bestimmten Stelle des Gehirns platziert. Das starke Magnetfeld regt die darunterliegenden Nervenzellen zur Aktivität an. Stimuliert man auf diese Weise einen bestimmten Bereich der motorischen Hirnrinde, bewegt sich beispielsweise der Zeigefinger oder der Daumen. Für seine Arbeit nutzte das Bochumer Team die sogenannte Paired-Pulse TMS-Stimulation. Dabei folgten zwei TMS-Reize im Abstand von zwölf Millisekunden aufeinander, was zu einer stärkeren Kontraktion eines Muskels am Daumen führt als eine TMS-Einzelstimulation. In der Konditionierungsphase kombinierten die Forschenden diese Paired-Pulse TMS stets mit einem Ton, den die Teilnehmenden über einen Kopfhörer parallel zum TMS-Reiz präsentiert bekamen.

Muskelkontraktion wird durch konditionierten Ton verstärkt

In der Testphase erhielten die Teilnehmenden keine TMS-Doppelstimulation mehr, sondern nur noch einen einzelnen TMS-Puls – entweder gepaart mit dem konditionierten Ton oder mit einem Ton, den die Teilnehmenden zuvor nicht gehört hatten. Gleichzeitig maßen die Forschenden wieder die Stärke der Muskelkontraktion am Daumen. Diese fiel deutlich stärker aus, wenn der konditionierte Ton erklang, im Vergleich zu dem Ton, den die Versuchspersonen während der Konditionierung nicht gehört hatten.

Konditionierung könnte für therapeutische Anwendungen nützlich sein

„Unsere Grundlagenforschung belegt, dass klassische Konditionierung nicht nur mit bewussten Verhaltensmustern funktioniert“, folgert Burkhard Pleger. „Auch eine von außen durch die Hirnstimulation manipulierte Hirnaktivität lässt sich konditionieren.“ Interessant sei das, weil die TMS auch therapeutisch genutzt werden könne, etwa um die Beweglichkeit bei Menschen mit Parkinson-Krankheit zu verbessern oder Depressionen zu behandeln. „Die Effekte der TMS sind grundsätzlich nur von vorübergehender Dauer. Sie verschwinden, wenn die Stimulation nicht fortgeführt wird. Wenn diese Effekte durch konditionierte Töne aufrechterhalten werden könnten, könnte sich die Therapie deutlich vereinfachen lassen“, beschreibt Pleger einen möglichen Nutzen der Arbeit.

Förderung

Die Arbeiten wurden von der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum im Rahmen des FoRUM-Programms gefördert (F943R-2019).


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Burkhard Pleger
Klinik und Poliklinik für Neurologie
BG Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 3020
E-Mail: burkhard.pleger@bergmannsheil.de


Originalpublikation:

Stefan P. Ewers, Timo M. Dreier, Siham Al-Bas, Peter Schwenkreis, Burkhard Pleger: Classical conditioning of faciliatory paired-pulse TMS, in: Scientific Reports, 2023, DOI: 10.1038/s41598-023-32894-w


Bilder

Bochumer Forschungsteam: Burkhard Pleger (links) und Timo Dreier

Bochumer Forschungsteam: Burkhard Pleger (links) und Timo Dreier

RUB, Marquard


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW