Ein Wundverband, der Bakterien abtötet



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11.08.2020 10:47

Ein Wundverband, der Bakterien abtötet

Damit bakterielle Infektionen direkt in der Wunde bekämpft werden können, haben Empa-Forschende Membranen aus Cellulose entwickelt, die mit antimikrobiellen Eiweissbausteinen ausgestattet sind. Erste Ergebnisse zeigen: Die hautfreundlichen Membranen aus Pflanzenmaterial töten Bakterien äusserst effizient ab.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Dringen Keime in eine Wunde ein, können sie eine dauerhafte Infektion auslösen, die nicht abheilen mag oder sich sogar im Körper ausbreiten und zu einer lebensgefährlichen Blutvergiftung (Sepsis) führen kann. Gerade bei komplexen Wunden stellt sich heute immer häufiger das Problem der Antibiotika-Resistenz, da Bakterien wie etwa Staphylokokken unempfindlich gegen die einstige Wunderwaffe der Medizin geworden sind. Forschende der Empa haben daher Cellulose-Membranen entwickelt, mit denen sich derartige Infektionen im Keim ersticken lassen.

Das Team um Empa-Forscherin Katharina Maniura vom «Biointerfaces»-Labor in St. Gallen stellte hierzu feine Membranen aus pflanzlicher Cellulose mittels Electrospinning her. Die Cellulosefasern mit einem Durchmesser unter einem Mikrometer wurden zu einem zarten dreidimensionalen Gewebe in mehreren Schichten gesponnen. Besonders flexibel und gleichzeitig stabil wurden die Membranen, nachdem die Forschenden zusätzlich das Polymer Polyurethan mit eingesponnen hatten.

Um einen antibakteriellen Effekt zu erzielen, entwarfen die Forschenden multifunktionale Eiweissbausteine – so genannten Peptide –, die sich einerseits an die Cellulosefasern binden können und zudem eine antimikrobielle Aktivität aufweisen. Diese Peptide haben den Vorteil, dass sie einfacher herzustellen sind und stabiler bleiben als grössere Proteine, die empfindlicher auf die chemischen Bedingungen in einer Wunde reagieren.

Hautfreundliche Membranen

Behandelte man die Cellulose-Membranen mit einer derartigen Peptidlösung, sättigte sich das Faserngerüst mit den Eiweissbausteinen. In Zellkulturexperimenten wiesen die Forschenden daraufhin nach, dass die Peptid-haltigen Membranen für menschliche Hautzellen gut verträglich sind. Für Bakterien wie Staphylokokken, die häufig in schlechtheilenden Wunden zu finden sind, waren die Cellulose-Membranen hingegen ein Todesurteil. «In Bakterienkulturen wurden über 99.99 Prozent der Keime durch die Peptid-haltigen Membranen abgetötet», so Maniura.

Künftig sollen die antimikrobiellen Membranen zudem mit weiteren Funktionen ausgestattet werden. «Die Peptide könnten beispielsweise mit Bindungsstellen funktionalisiert werden, die eine kontrollierte Abgabe von weiteren therapeutischen Wirkstoffen ermöglichen», so Maniura.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Katharina Maniura
Biointerfaces
Tel. +41 58 765 74 47
katharina.maniura@empa.ch

Redaktion / Medienkontakt

Dr. Andrea Six
Kommunikation
Tel. +41 58 765 61 33
redaktion@empa.ch


Originalpublikation:

R Weishaupt, JN Zünd, L Heuberger, F Zuber, G Faccio, F Robotti, A Ferrari, G Fortunato, Q Ren, K Maniura-Weber, AG Guex; Antibacterial, Cytocompatible, Sustainably Sourced: Cellulose Membranes with Bifunctional Peptides for Advanced Wound Dressings; Advanced Healthcare Materials (2020); doi: 10.1002/adhm.201901850


Weitere Informationen:

https://www.empa.ch/web/s604/antibacterial-wounddressing


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW