Hauptlieferanten von Epo im menschlichen Körper endlich identifiziert



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27.04.2023 17:00

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Hauptlieferanten von Epo im menschlichen Körper endlich identifiziert

Erythropoetin, kurz Epo, kennt man aus dem Doping. Aber auch der Körper selbst stellt das lebenswichtige Hormon her. Nun konnte ein internationales Forschungsteam mit UZH-Beteiligung erstmals den Hauptproduzenten von Epo identifizieren: Es handelt sich um sogenannte Norn-Zellen, eine Untergruppe von Nierenzellen. Sie könnten den Grundstein für die Entwicklung neuer Therapien legen.

Zellen benötigen für ihr Überleben Sauerstoff. Um diesen Bedarf zu decken, produziert unser Körper jede Sekunde etwa zwei bis drei Millionen sauerstofftransportierende rote Blutkörperchen (Erythrozyten), was etwa einem Viertel aller im Körper produzierten Zellen entspricht. Gesteuert wird dieser Prozess durch das Hormon Erythropoetin, kurz Epo, das einer breiten Öffentlichkeit wohl eher als leistungssteigerndes Medikament aus dem Radsport und anderen Ausdauersportarten bekannt ist.

Das körpereigene Erythropoetin wird hauptsächlich von den Nieren produziert. Es bindet sich an Vorläuferzellen im Knochenmark und fördert deren Vermehrung. Obwohl Epo schon vor Jahrzehnten entdeckt wurde, blieb die Identität der Nierenzellen, die das Hormon hauptsächlich produzieren, bis heute unbekannt.

Norn-Zellen haben grosses medizinisches Potenzial

Ein internationales Team mit Forschenden der Universität Zürich sowie aus Israel, Dänemark und Deutschland hat nun eine seltene Untergruppe von Nierenzellen als die Hauptproduzenten von Epo im menschlichen Körper identifiziert. Die Zellen wurden von den Forschenden Norn-Zellen getauft und haben grosses medizinisches Potenzial: Über 10 Prozent der Bevölkerung leiden an chronischen Nierenerkrankungen, die häufig zu einer Beeinträchtigung der Epo-Produktion und damit zu Anämie führen und in schweren Fällen tödlich sein können.

«Diese Norn-Zellen werden es ermöglichen, besser zu verstehen, wie die derzeitigen Behandlungen funktionieren», sagt Roland Wenger, Professor am Institut für Physiologie der Universität Zürich. Er und sein Co-Letztautor Ido Amit, Professor am Weizmann Institute of Science in Israel, vergleichen die Entdeckung der Norn-Zellen mit der Entdeckung der insulinproduzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse und deren Auswirkungen auf Diabetes in den 1950er Jahren.

Identifizierung der Zellen endlich geklärt

Im Gegensatz zu Insulin und anderen wichtigen Proteinhormonen wird Epo jedoch nicht in den Zellen gespeichert und erst bei einem entsprechenden Stimulus freigesetzt, sondern als Reaktion auf Sauerstoffmangel neu produziert und sofort freigesetzt. «Die Produktion in Norn-Zellen steigt stark an und nimmt schnell wieder ab. Dies ist der Hauptgrund, warum die Identifizierung dieser Zellen so schwierig war», erklärt Roland Wenger, der den Epo-Produktionsprozess seit 30 Jahren erforscht. Im Tiermodell, bei dem sich die Epo-produzierenden Zellen rot färben, konnte er den spezifischen Bereich in den Nieren eingrenzen , in dem sich die entsprechenden Zellen befinden. Durch die Anreicherungen dieser markierten Zellen konnte nun endlich ihr molekulares Muster entschlüsselt werden.

Grundstein für neue Therapien

Die Herausforderung bestand allerdings darin, diese Zellen auch im Menschen zu finden. Die Forschenden untersuchten dafür die Nieren von Opfern von Hausbränden, die mit einer Kohlenmonoxidvergiftung gestorben waren und eine starke Induktion der Epo Produktion aufwiesen. Anhand dieser Proben konnten sie die lange gesuchten Epo-produzierenden Norn-Zellen beim Menschen ebenfalls identifizieren. Es zeigte sich, dass es sich um dieselben Zellen handelt, die auch bei den Mäusen gefunden worden waren.

«Die Entdeckung eines neuen Zelltyps ist kein alltägliches Ereignis und die Identifizierung der Norn-Zellen bietet nun die Möglichkeit, Techniken zu entwickeln, die diese Zellen dazu anregen, mehr Epo zu produzieren. Damit lässt sich die Erythrozytenmenge und Lebensqualtiät der Patienten verbessern, ohne künstliches Epo verabreichen zu müssen», erklärt Wenger. Die Norn-Zellen können also den Grundstein für die Entwicklung neuer Therapien legen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Kontakte:
Prof. Roland H. Wenger
Institut für Physiologie
Universität Zürich
Tel. +41 44 635 50 65
Mail: roland.wenger@access.uzh.ch


Originalpublikation:

Literatur:
Bjørt K. Kragesteen et al. The transcriptional and regulatory identity of erythropoietin producing cells. Nature Medicine, 27. April 2023. Doi: /10.1038/s41591-023-02314-7


Weitere Informationen:

https://www.news.uzh.ch/de/articles/media/2023/EPO.html


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Sportwissenschaft
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW