Hirnforschung ohne Programmierexpertise möglich



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22.04.2024 11:05

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Hirnforschung ohne Programmierexpertise möglich

Forschende von Helmholtz Munich und dem LMU Klinikum stellen DELiVR vor, eine neue KI-basierte Lösung für komplexe Aufgaben in der Gehirnforschung. Indem es fortgeschrittene Programmierkenntnisse überflüssig macht, demokratisiert das Deep-Learning-Tool die moderne Neurowissenschaft. DELiVR ermöglicht eine effiziente Analyse der räumlichen Dynamik von Gehirnzellen im Kontext von Krankheiten, was die Entwicklung präziser Therapien zur Verbesserung der Patientenversorgung vorantreibt.

Demokratisierung der Gehirnanalyse in 3D
Viele Krankheiten sind mit Veränderungen in der Expression bestimmter Proteine im Gehirn verbunden. Um diese Veränderungen zu erforschen, untersuchen Wissenschaftler:innen, wie sie sich während des Krankheitsverlaufs in Modellorganismen entwickeln. Um das ganze Gehirn, beispielsweise einer Maus, zu erfassen, erzeugen sie große Datensätze. Für deren sinnvolle Interpretation sind präzise Quantifizierungsmethoden erforderlich. Die Identifizierung markierter Zellen in großen 3D-Bilddaten ist jedoch eine Herausforderung. Denn obwohl künstliche Intelligenz (KI) die Datenanalyse erleichtert, erfordert sie meist umfangreiche Datenannotationen und fortgeschrittene Programmierkenntnisse. Dies führt dazu, dass nur spezialisierte Labore die Vorteile von KI nutzen können. Das Forschungsteam aus München hatte daher das Ziel, diese Barriere zu überwinden und die Analyse von 3D-Bilddaten einer breiteren Wissenschaftscommunity zugänglich zu machen.

Gehirnzellen in Virtual Reality
Um spezifische Zellen in Gehirnscans genau zu quantifizieren, hat das Forschungsteam zunächst einen KI-Algorithmus darauf trainiert, diese Zellen in mikroskopischen 3D-Bildern zu erkennen. Mithilfe von Virtual Reality (VR) tauchten die Forschenden dann direkt in die Bilder ein und markierten die Zellen in 3D mit Labels – eine weitaus schnellere und präzisere Methode im Vergleich zu herkömmlichen Ansätzen in 2D, für die Zellproben auf feinen Scheiben genutzt werden. Mithilfe dieser im virtuellen Raum generierten Labels trainierte das Forschungsteam einen KI-Algorithmus zur automatischen Erkennung aktiver Neuronen.

Letztendlich kombiniert DELiVR (kurz für „Deep Learning and Virtual Reality mesoscale annotation“) die Prozesse der Zellenerkennung, des Abgleichs mit einem Gehirnatlas und der Visualisierung der Ergebnisse in einer Pipeline. Das Tool arbeitet nahtlos mit Fiji, einer Open-Source-Software für die Bildanalyse. Zudem können User anpassbare Funktionen nutzen, um die Lösung auf bestimmte Zelltypen wie Mikroglia, eine wichtige Immunzelle im Gehirn, zu trainieren. DELiVR kann somit für vielfältige Forschungsprojekte zum Einsatz kommen.

„DELiVR bietet eine nahtlose Lösung zur Identifizierung und Analyse von Zellen im gesamten Gehirn. Dadurch erhalten wir unschätzbare Einblicke in ihre Rollen und Verhaltensweisen – sowohl im gesunden als auch im kranken Zustand. Das Besondere dabei ist, dass man dafür kein Experte im Progammieren sein muss. DELiVR vereinfacht die Entwicklung neuer therapeutischer Maßnahmen, die letztendlich die Lebensqualität von kranken Personen verbessern könnten“, sagt Prof. Ali Ertürk, der die Entwicklung des Tools bei Helmholtz Munich leitete.

Anwendungsfall: Gewichtsabnahme durch Krebs
Am Beispiel krebsbedingter Hirnaktivitäten verdeutlicht das Forschungsteam die Leistungsfähigkeit von DELiVR. Dafür fokusierten sich die Wissenschaftler:innen auf die tumorbedingte Gewichtsabnahme, die für Betroffene eine große Belastung darstellt. In Mäusen beobachteten sie bestimmte Gehirnaktivitätsmuster, die sie mit einem Gewichtsverlust in Verbindung bringen konnten. Außerdem konnten sie diese deutlich von Hirnaktivitätsmustern unterscheiden, die keine Gewichtsveränderung zur Folge hatten. Das kommentiert Dr. Doris Kaltenecker, eine der Erstautorinnen der DELiVR-Studie so: „Unsere Forschungsergebnisse mit DELiVR zeigen neue potenziell therapeutische Ziele in bestimmten Gehirnregionen. Diese Entdeckung könnte künftig den Weg für neue Strategien zur Bekämpfung des Gewichtsverlusts bei Menschen mit Krebs ebnen.“

Über die Wissenschaftler:innen
Prof. Ali Ertürk, Direktor am Institut for Tissue Engineering and Regenerative Medicine bei Helmholtz Munich, Professor am Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München
Dr. Doris Kaltenecker, Postdoktorandin am Institut für Diabetes und Krebs bei Helmholtz Munich, beim Translationalen Diabetesprogramm des Universitätsklinikums Heidelberg, am Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) und am Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München

Über Helmholtz Munich
Helmholtz Munich ist ein biomedizinisches Spitzenforschungszentrum. Seine Mission ist, bahnbrechende Lösungen für eine gesündere Gesellschaft in einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln. Interdisziplinäre Forschungsteams fokussieren umweltbedingte Krankheiten, insbesondere die Therapie und die Prävention von Diabetes, Adipositas, Allergien und chronischen Lungenerkrankungen. Mittels künstlicher Intelligenz und Bioengineering transferieren die Forschenden ihre Erkenntnisse schneller zu den Patient:innen. Helmholtz Munich zählt mehr als 2.500 Mitarbeitende und hat seinen Sitz in München/Neuherberg. Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, mit mehr als 43.000 Mitarbeitenden und 18 Forschungszentren die größte Wissenschaftsorganisation in Deutschland. Mehr über Helmholtz Munich (Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt GmbH): www.helmholtz-munich.de


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Ali Ertürk
Email: ali.erturk@helmholtz-munich.de


Originalpublikation:

Kaltenecker, Al-Maskari, Negwer et al., 2024: Virtual reality-empowered deep-learning analysis of brain cells. Nature Methods, DOI: 10.1038/s41592-024-02245-2
https://www.nature.com/articles/s41592-024-02245-2


Bilder

Ansicht eines gesamten Mausgehirns, das Zellen zeigt, die von DELiVR erkannt wurden. Jede Farbe repräsentiert eine andere Gehirnregion und veranschaulicht die räumliche Verteilung der neuronalen Aktivität.

Ansicht eines gesamten Mausgehirns, das Zellen zeigt, die von DELiVR erkannt wurden. Jede Farbe repr
Luciano Höher
Luciano Höher / Helmholtz Munich


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW