Hohe Mortalität

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31.08.2020 14:29

Hohe Mortalität

Wie wirkt sich eine COVID-19-Infektion auf Patient*innen mit einem Spenderherz aus? Die wissenschaftliche Befragung aller deutschen Transplantationszentren liefert darüber jetzt drastische Zahlen und herzmedizinische Erkenntnisse.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Als der Hausarzt abends um halb zehn noch bei ihm anrief, war der Grund dieses Telefonats für Johann Hoffmann (Name wurde geändert) sofort klar: Der morgens bei ihm vorgenommene Abstrichtest auf das Coronavirus war positiv.

Es sei ihm schon „mulmig zumute“ gewesen in diesem Moment am 18. März, erinnert sich Hoffmann, andererseits habe er die Angst aber erst gar nicht an sich herankommen lassen wollen.

Denn Grund zur besonderen Sorge hatte Hoffmann durchaus: Der 48-Jährige wurde 2013 herztransplantiert und muss seitdem Immunsuppressiva einnehmen – Medikamente also, die sein Immunsystem an der Abstoßung des Spenderorgans hindern, damit aber auch die Abwehrkräfte des Körpers gegen Infektionen schwächen.

Einige Tage zuvor hatte Hoffmann Husten, Fieber, Gliederschmerzen und Schüttelfrost bekommen. In telefonischer Absprache mit der Transplantationsambulanz am Deutschen Herzzentrum Berlin setzte er einen Teil seiner Medikamente vorübergehend ab – eine bei schwereren Virusinfektionen Langzeit-Transplantierter durchaus übliche Maßnahme.

Auch nach der COVID-19 Diagnose blieb Johann Hoffmann zu Hause, in ständigem Kontakt mit den Ärzten am DHZB. Sein Zustand besserte sich relativ schnell, er genas, nach derzeitigem Wissen hat auch sein Spenderherz keinerlei Schaden genommen.

Es hätte anders kommen können. Johann Hoffmann – der sich höchstwahrscheinlich bei seiner Tochter angesteckt hat – ist einer von 21 herztransplantierten Patient*innen in Deutschland, die in den ersten vier Monaten der Pandemie an COVID-19 erkrankten und deren Verläufe in einer jetzt veröffentlichten Studie unter Leitung der Uniklinik in Heidelberg untersucht wurden.

Ergebnis dieser Erhebung: Acht der Patient*innen, also mehr als ein Drittel, erkrankten schwer und mussten beatmet werden – sieben von ihnen verstarben.

Demnach wäre das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bei herztransplantierten Patient*innen ebenso drastisch erhöht wie die Wahrscheinlichkeit, an der Erkrankung zu versterben.

Solche Schlussfolgerungen könnten zwar wissenschaftlich verlässlich noch nicht gezogen werden, dafür sei die Zahl der in der Studie erfassten Patient*innen zu gering, erläutert Privatdozent Dr. med. Felix Schönrath, Kardiologe am DHZB und gemeinsam mit seinem Kollegen, Herzchirurg Prof. Dr. med. Christoph Knosalla, Co-Autor der Publikation. Die Studie gebe aber wichtige Hinweise, welche Auswirkungen der Infektion aufs Herz die besondere und frühe Aufmerksamkeit der Herzspezialist*innen erfordere.

So zeigten sich bei den schwer erkrankten Patient*innen eine verminderte Funktion des rechten Ventrikels (Herzkammer), neu auftretende Herzrhythmusstörungen und „thromboembolische Ereignisse (die Bildung von Blutgerinnseln)“ signifikant erhöht, ebenso wie bestimmte „Biomarker“, also im Blut der Patient*innen messbare Werte, die diese Ereignisse frühzeitig anzeigen können.

Die jetzt veröffentlichte Studie sei nur einer von vielen Schritten hin zu einem besseren Verständnis der Zusammenhänge, sagt Prof. Christoph Knosalla – „aber es ist wichtig, dass wir diese Schritte gemeinsam gehen“. Die vorliegende Abfrage und Publikation der genauen Behandlungsverläufe in allen deutschen Transplantationszentren gebe allen Beteiligten wichtige Informationen und Rückversicherung über das Vorgehen der Kolleginnen und Kollegen an den jeweils anderen Kliniken.

Einheitliche, wissenschaftlich abgestimmte Strategien zur Behandlung herztransplantierter Patient*innen mit COVID-19 gebe es aufgrund der – auch weltweit – noch zu wenigen Verlaufsdaten bisher kaum.

Die Studie werde nun fortgesetzt, erklären die DHZB-Mediziner, der Schwerpunkt liege dabei auf der Untersuchung, ob und wie stark die überlebenden Patient*innen Antikörper gegen das Virus entwickelt haben.

Johann Hoffmann aus Berlin weiß bereits, dass er diese Antikörper in sich trägt – aber auch, dass er sich deshalb nicht weniger konsequent vor einer Ansteckung schützen wird.

Auch Prof. Christoph Knosalla und Dr. Felix Schönrath werben für die Einhaltung der wichtigen Hygieneregeln, nicht nur bei Patient*innen mit einem Spenderorgan. Der Kardiologe bittet zudem um Verständnis für die strikten Maßnahmen am DHZB und die damit verbundenen Einschränkungen:

„Viele unserer Patientinnen und Patienten sind aufgrund ihrer Herz-Kreislauf-Leiden besonders geschwächt, nicht nur vor oder kurz nach einer Transplantation. Ihr Schutz hat höchste Priorität.“


Weitere Informationen:

https://www.dhzb.de/presse/news/detailansicht-meldungen/ansicht/pressedetail/hoh… – Zur Pressemitteilung
http://www.dhzb.de Zum Deutschen Herzzentrum Berlin


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW