Kognitive Ursachen für die Entscheidungsfindung: The Winner Takes It All



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22.02.2024 10:40

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Kognitive Ursachen für die Entscheidungsfindung: The Winner Takes It All

Welche kognitiven Prozesse laufen im Gehirn ab, wenn wir eine Entscheidung treffen? Dieser Frage sind Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), der Harvard Medical School und des Boston Children’s Hospital nachgegangen. Die Forschenden konnten feststellen, dass im für die Entscheidungsfindung verantwortlichen Bereich des Kortex eine Art neuronaler Schlagabtausch stattfindet: Bei den Neuronen, die im Zuge der Entscheidungsfindung aktiviert werden, setzen sich diejenigen mit der größten elektrischen Aktivität durch – Neuronen mit einer schwächeren Signalleistung werden von ihnen abgeschaltet. Ihre Studienergebnisse haben die Forschenden im Fachjournal Nature veröffentlicht.

Steht eine Entscheidungsfindung im Posterioren Parietalkortex (PPC) an, senden spezifische Gruppen von Neuronen elektrische Signale, die jeweils unterschiedliche Entscheidungsoptionen signalisieren sollen. Anhand der experimentellen Untersuchung von Richtungsentscheidungen in einem virtuellen Labyrinth konnten die Wissenschaftler:innen zeigen, dass jedes Neuron Informationen für eine Richtungsentscheidung durch externe visuelle Hinweise sammelt, die beispielsweise anzeigen, ob ein Abbiegen nach links oder rechts die jeweils bessere Option ist. Die von den Neuronen gelesenen Hinweise für eine Entscheidung stehen hierbei in direkter Verbindung zur neuronalen Aktivität: Die Neuronen mit der besten Beweislage für eine Entscheidung bilden eine größere elektrische Aktivität aus und setzen sich in diesem Zuge durch, indem sie elektrisch schwächere Neuronen hemmen beziehungsweise abschalten. Auf diese Weise werden die von den einzelnen Neuronen gesammelten Hinweise auf die Ebene eines kortikalen Schaltkreises übertragen und zugunsten einer positiven Entscheidungsfindung verstärkt.

„Die Fähigkeit, gute Entscheidungen zu treffen, gehört zu den grundlegenden kognitiven Herausforderungen, die wir im täglichen Leben bewältigen müssen. Durch unsere Studie konnten wir erstmals nachweisen, dass winner-takes-all-Prozesse in der hierfür verantwortlichen Hirnregion unserer Entscheidungsfindung zugrunde liegen“, sagt Prof. Dr. Stefano Panzeri, UKE-Studienleiter und Direktor des Instituts für Neurale Informationsverarbeitung des UKE.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Kontakt für Rückfragen
Prof. Dr. Stefano Panzeri
Zentrum für Molekulare Neurobiologie (ZMNH)
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Telefon: 040 7410-57076
s.panzeri@uke.de


Originalpublikation:

Kuan, Bondanelli, Driscoll et al. Synaptic wiring motifs in posterior parietal cortex support decision-making. Nature. 2024. DOI: doi.org/10.1038/s41586-024-07088-7


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Anhang

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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW