Neuer Wirkstoff lässt das Immunsystem auf Metastasen los



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07.09.2023 10:33

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Neuer Wirkstoff lässt das Immunsystem auf Metastasen los

Ein internationales Forschungsteam um Dr. Johannes Karges von der Fakultät für Chemie und Biochemie der Ruhr-Universität Bochum hat einen nanoverkapselten Wirkstoff entwickelt, der sich in Krebszellen anreichert und sie nach einer Lichtaktivierung beseitigt. Darüber hinaus markiert er sie so, dass Immunzellen gleichartige Zellen im ganzen Körper beseitigen lernen. So lassen sich selbst unbekannte Metastasen behandeln. Die Forschenden berichten in der Zeitschrift Nature Communications vom 2. September 2023.

Das Tückische an Krebserkrankungen ist, dass sie sich im Körper verteilen: Zellen des Primärtumors wachsen in umliegendes Gewebe ein und gelangen durch die Blut- und Lymphbahnen in entfernte Organe, wo sie Tochtergeschwülste bilden. „Während man inzwischen gute Methoden hat, gegen Primärtumoren vorzugehen, sind Metastasen zurzeit sehr schwer zu behandeln“, erklärt Johannes Karges. „90 Prozent der Menschen, die an Krebs sterben, sterben an Metastasen und der Rückbildung des Tumors, nicht am Primärtumor.“

Gemeinsam in einem internationalen Team hat er ein in Nanokapseln verpacktes Medikament entwickelt, das in die Blutbahn verabreicht wird. „Tumore wachsen schnell und unkontrolliert, und ihr Gewebe ist daher lückenhaft“, beschreibt er. „Die Nanopartikel können sich darin, anders als in gesundem Gewebe, gut ansammeln.“ Das führt dazu, dass sich die Partikel bevorzugt in Tumorzellen anreichern.

Schritt eins: Einen bekannten Tumor behandeln

Zum Zeitpunkt der Verabreichung ist das Medikament noch wirkungslos. Seine Wirkung entfaltet es erst durch die Aktivierung mit Licht. Befinden sich ausreichend Nanopartikel in einem bekannten Tumor, können sie durch die Bestrahlung mit Licht aktiviert werden, zum Beispiel während einer Operation. Nach dieser Energiezufuhr sorgt der Wirkstoff dafür, dass ein immunogener Zelltod eintritt: Die Tumorzellen, die die lichtaktivierten Nanopartikel enthalten, werden eliminiert, der so behandelte Tumor verschwindet.

Schritt zwei: Immunzellen auf die Suche schicken

Damit aber nicht genug: Die Nanopartikel und ihre lichtinduzierte Wirkung sorgen im Endoplasmatischem Retikulum der Zellen des behandelten Tumors für massiven oxidativen Stress. „Das ist ein Alarmsignal für das körpereigene Immunsystem“, erklärt Johannes Karges. „Die Immunzellen erkennen: In Zellen dieser Art läuft etwas völlig aus dem Ruder, und sie müssen beseitigt werden.“ Das gilt nicht nur für die Zellen des mit Licht behandelten Tumors selbst, sondern für sämtliche gleichartige Zellen im ganzen Körper. „Das Immunsystem geht also auf die Suche nach weiteren Metastasen und macht sie unschädlich“, erklärt Johannes Karges.

Das Forschungsteam konnte dieses Wirkprinzip erfolgreich in Versuchen an Krebszellen und im Tiermodell belegen. Mäuse, denen Zellen aus metastasierten und unheilbaren menschlichen Tumoren eingepflanzt worden waren, konnten damit erfolgreich behandelt werden. „Jetzt suchen wir Industriepartner, um tiefergehende Untersuchungen unternehmen zu können“, so Johannes Karges. Er rechnet damit, dass bis zur breiten klinischen Anwendung noch mehrere Jahre Entwicklungsarbeit notwendig sein werden.

Förderung

Die Arbeiten wurden gefördert durch die Natural Science Foundation of China (hhxiao, 22175189) und die Natural Science Foundation of Beijing of China (2202071). Johannes Karges wurde durch ein Liebig-Stipendium des Fonds der Chemischen Industrie unterstützt.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Johannes Karges
Fakultät für Chemie und Biochemie
Ruhr-Universität Bochum
Telefon: +49 234 32 24187
E-Mail: johannes.karges@ruhr-uni-bochum.de


Originalpublikation:

Huiling Zhou, Dongsheng Tang, Yingjie Yu, Lingpu Zhang, Bin Wang, Johannes Karges und Haihua Xiao: Theranostic imaging and multimodal photodynamic therapy and immunotherapy using the mTOR signaling pathway, in: Nature Communications, 2023, DOI: 10.1038/s41467-023-40826-5


Bilder

Ein Team um Johannes Karges hat einen nanoverkapselten Wirkstoff entwickelt, der sich in Krebszellen anreichert und sie nach einer Lichtaktivierung beseitigt.

Ein Team um Johannes Karges hat einen nanoverkapselten Wirkstoff entwickelt, der sich in Krebszellen

RUB, Marquard


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW