Pflege Report: Große regionale Unterschiede bei Versorgungsqualität von Menschen im Pflegeheim



Teilen: 

19.09.2023 11:00

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Pflege Report: Große regionale Unterschiede bei Versorgungsqualität von Menschen im Pflegeheim

Eine Auswertung der Abrechnungsdaten von Pflege- und Krankenkassen für den Pflege-Report 2023 macht große regionale Unterschiede in der Versorgungsqualität von Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen transparent. So lag der Anteil der Pflegebedürftigen im Heim, die 2021 eine problematische Dauerverordnung von Schlaf- und Beruhigungsmitteln erhielt, im Viertel der Regionen mit den besten Ergebnissen bei maximal 4,7 Prozent, während im Viertel der Regionen mit den schlechtesten Ergebnissen mindestens 9,9 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner betroffen waren.

In den westlichen Bundesländern kommen die risikoreichen Dauerverordnungen laut der Analyse deutlich häufiger vor als im Osten. Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hat die Ergebnisse seiner Auswertungen zu insgesamt zehn untersuchten Versorgungsthemen heute im Online-Portal „Qualitätsatlas Pflege“ veröffentlicht.

Problematische Dauerverordnungen von Schlaf- und Beruhigungsmitteln in Heimen finden sich unter anderem im gesamten Saarland sowie in Nordrhein-Westfalen, wo 45 der 53 Kreise und kreisfreien Städte auffällige Ergebnisse aufweisen. „Eigentlich sollten pflegebedürftige Menschen maximal vier Wochen mit den untersuchten Schlaf- und Beruhigungsmitteln behandelt werden. Denn bei Dauereinnahme drohen unter anderem Abhängigkeit, erhöhte Sturzgefahr und die Entstehung von Angstgefühlen, Depressionen und Aggressionen“, betont Dr. Antje Schwinger, Forschungsbereichsleiterin Pflege beim WIdO. „Die Auswertung der Verordnungsdaten bestätigt den Befund zahlreicher Studien, dass hier ein ernsthaftes Versorgungsproblem besteht, das regional sehr unterschiedlich ausgeprägt ist.“

Große Spanne bei Klinikeinweisungen von Demenzkranken wegen Dehydration
Deutliche regionale Unterschiede zeigten sich auch bei neun weiteren analysierten Themen an der Schnittstelle zwischen Pflege und Gesundheitsversorgung: So hatten laut der Auswertung im bundesweiten Durchschnitt knapp 4 Prozent aller an Demenz erkrankten Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen 2021 einen Krankenhausaufenthalt, der durch unzureichende Flüssigkeitszufuhr verursacht war. In den 20 Kreisen mit den auffälligsten Werten (95% Perzentil) waren es dagegen zwischen 7,5 und 12,5 Prozent der Pflegeheimbewohnenden mit Demenz. Auffällige Kreise finden sich in Bayern, vor allem an der deutsch-tschechischen Grenze, in Niedersachsen, im Süden von Rheinland-Pfalz sowie in Nordrhein-Westfalen.

„Der Qualitätsatlas Pflege macht derartige Informationen zu Problemen an der Schnittstelle zwischen Pflege und Gesundheitsversorgung erstmals kleinräumig sichtbar“, so Antje Schwinger. Das neue Portal biete den Kranken- und Pflegekassen, aber auch den Verantwortlichen in den Regionen ab sofort die Chance, regionale Auffälligkeiten zu erkennen und gezielt anzugehen.

Zeitreihen zeigen positiven Trend bei Klinikaufenthalten am Lebensende

Die WIdO-Analysen für den Pflege-Report beruhen auf den Abrechnungsdaten der elf AOKs, die rund ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland versichern. Dabei wurden die Daten aus der Kranken- und aus der Pflegeversicherung einbezogen und miteinander verknüpft. Insgesamt sind die Daten von rund 350.000 Pflegeheim-Bewohnerinnen und -Bewohnern ab 60 Jahren eingeflossen. Das entspricht rund der Hälfte aller stationär versorgten Pflegebedürftigen in Deutschland. Im Online-Portal „Qualitätsatlas Pflege“ des WIdO sind die Ergebnisse für die einzelnen Bundesländer und für die rund 400 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland im regionalen Vergleich dargestellt. Die Ergebnisse zu den zehn betrachteten Themen können auch als Zeitreihen für die Datenjahre 2017 bis 2021 betrachtet werden. „Hier zeigen sich durchaus positive Entwicklungen – zum Beispiel bei den vielfach unnötigen Krankenhaus-Aufenthalten von Pflegeheim-Bewohnerinnen und -Bewohnern am Lebensende“, berichtet Pflege-Expertin Antje Schwinger. So sank der Anteil der Menschen, die in ihren letzten 30 Lebenstagen einen Krankenhausaufenthalt hatten, von bundesweit 47 Prozent im Jahr 2017 auf 42 Prozent im Jahr 2021. „Allerdings bleibt abzuwarten, ob dies nur ein vorübergehender Trend infolge der gesunkenen Fallzahlen in der Pandemie ist“, erklärt Schwinger. Auch bei diesem Thema waren große regionale Unterschiede zu verzeichnen, die im Zeitverlauf bestehen blieben. Spitzenreiter bei den Krankenhauseinweisungen am Lebensende ist das Saarland mit einem Anteil von 49,5 Prozent im Jahr 2021 (2017: 55 Prozent), am anderen Ende der Skala liegt Sachsen mit 36 Prozent (2017: 43 Prozent).

Qualitätsatlas Pflege beleuchtet insgesamt zehn Indikatoren

Neben der Dauermedikation mit Schlaf- und Beruhigungsmitteln, den Krankenhauseinweisungen von Demenzkranken aufgrund von Flüssigkeitsmangel und den vermeidbaren Krankenhausaufenthalten am Lebensende werden im Qualitätsatlas sieben weitere Themen betrachtet. Dies sind die fehlende augenärztliche Vorsorge bei Diabetes, das Auftreten von Dekubitus, die Dauerverordnung von Antipsychotika bei Demenz, die gleichzeitige Verordnung von neun oder mehr Wirkstoffen, der Einsatz von für ältere Menschen ungeeigneter Medikation, die Häufigkeit besonders kurzer Krankenhausaufenthalte von bis zu drei Tagen sowie vermeidbare Krankenhausaufenthalte aufgrund von Stürzen.

Atlas soll Verbesserung regionaler Strukturen und Rahmenbedingungen anstoßen

Der Qualitätsatlas Pflege des WIdO richtet sich im ersten Schritt vor allem an die Akteure vor Ort. Er zeigt konkrete Ansatzpunkte für die Verbesserung der Versorgung auf. „Indem wir die großen regionalen Unterschiede sichtbar machen, wollen wir die Aufmerksamkeit für die Schnittstellen-Probleme zwischen Pflege und Gesundheitsversorgung erhöhen und Verbesserungen der regionalen Strukturen und Rahmenbedingungen anstoßen“, erklärt Antje Schwinger. Eine Ausweitung der Datenauswertungen auf die Arbeit von ambulanten Pflegediensten sei möglich und müsse ebenfalls angegangen werden.

Der Qualitätsatlas Pflege erscheint gemeinsam mit dem Pflege-Report 2023, der sich in 14 Fachbeiträgen dem Thema „Versorgungsqualität von Langzeitgepflegten“ widmet. Neben den Chancen einer routinedatenbasierten Qualitätssicherung beleuchtet der Report unter anderem die bestehenden Instrumente und Maßnahmen der Qualitätssicherung und -entwicklung. Außerdem geht es in dem Sammelband um die Perspektiven eines Public Reportings, um Angehörigen-Befragungen und um das Thema Impfsurveillance.

Zum Qualitätsatlas Pflege: www.qualitaetsatlas-pflege.de


Originalpublikation:

A. Schwinger et al. (Hrsg.), Pflege-Report 2023, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67669-1_1


Weitere Informationen:

https://www.wido.de/publikationen-produkte/buchreihen/pflege-report/2023/


Bilder

Pflege-Report 2023

Pflege-Report 2023
WIdO
Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO)


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW