Vermeintlich „stumme“ Mutation mit drastischen Auswirkungen



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24.02.2021 12:30

Vermeintlich „stumme“ Mutation mit drastischen Auswirkungen

So genannte stumme Mutationen haben keine Auswirkung auf die Zusammensetzung eines Proteins. Sie gelten daher nicht als krebsfördernd. Doch Wissenschaftler vom Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), Partnerstandort Essen, beschreiben nun bei einem Fall von Nierenkrebs eine bislang übersehene Mutation mit großer Auswirkung auf die Prognose.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Im DKTK verbindet sich das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg als Kernzentrum langfristig mit onkologisch besonders ausgewiesenen universitären Partnerstandorten in Deutschland.

Synonyme oder auch „stumme“ Mutationen betreffen die DNA, ohne einen Aminosäureaustausch und damit eine Proteinänderung zu bewirken. Bei großen Erbgutstudien zur Suche nach krebstreibenden Mutationen werden sie daher häufig nicht berücksichtigt.

Doch mittlerweile haben Wissenschaftler verschiedene Belege dafür entdeckt, dass stumme Mutationen keinesfalls zwangsläufig ohne Folgen bleiben: So kann sich eine stumme Mutation auf die Stabilität und die Struktur der abgelesenen mRNA auswirken. Ein Beispiel dafür beschreibt nun Samuel Peña-Llopis vom DKTK Partnerstandort am Westdeutschen Tumorzentrum im Universitätsklinikum Essen.

In der Tumorgen-Datenbank „The Cancer Genome Atlas“ (TCGA) stießen die Forscher auf den Fall einer Patientin mit klarzelligem Nierenkrebs. Im Tumorerbgut war ein Mutationsprofil beschrieben, das eine eher günstige Prognose und ein Überleben von 117 Monaten voraussagte. Und doch war diese Patientin bereits 56 Monate nach der Krebsdiagnose verstorben. Bei näherer Untersuchung fanden die DKTK-Forscher eine stumme Mutation in BAP-1, einem Tumor-Suppressor. Mutationen in BAP-1, die zum Verlust dieser Suppressorfunktion führen, treiben bei vielen Krebsarten das Wachstum an.

Beim Ablesen eines Gens werden nur bestimmte Bereiche der DNA-Sequenz, die so genannten Exons, in die reife mRNA eingebaut, die schließlich als Bauanleitung für das Protein dient. Das Team um Peña-Llopis entdeckte nun, das die stumme BAP-1 Mutation bewirkt, dass beim Zusammenfügen der einzelnen Exons das Exon Nr. 11 ausgelassen wird. Dadurch kommt der Proteinbauplan aus dem Takt und es entsteht ein verkürztes BAP-1 Protein, das rasch abgebaut wird.

„Der nahezu vollständige Ausfall von BAP-1 als Konsequenz dieser vermeintlich stummen Mutation führt zu höherer Aggressivität des Tumors und dadurch zu einer massiv verkürzten Überlebenszeit des Patienten“, sagt Peña-Llopis und empfiehlt, bei Tumorgenom-Analysen auch den vermeintlich stummen Mutationen Beachtung zu schenken. „Das gilt besonders in Fällen, bei denen wir auf der Basis der individuellen Mutationen im Tumorgenom personalisierte Behandlungsansätze vorschlagen.“

Jennifer Niersch, Silvia Vega-Rubin-de-Celis, Anna Bazarna, Svenja Mergener, Verena Jendrossek, Jens T. Siveke, Samuel Peña-Llopis: A BAP1 synonymous mutation results in exon skipping, loss of function and worse patient prognosis
iScience 2021, DOI: 10.1016/j.isci.2021.102173

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

Ansprechpartner für die Presse:

Dr. Sibylle Kohlstädt
Pressesprecherin
Strategische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
T: +49 6221 42 2843
F: +49 6221 42 2968
E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
E-Mail: presse@dkfz.de
www.dkfz.de


Originalpublikation:

Jennifer Niersch, Silvia Vega-Rubin-de-Celis, Anna Bazarna, Svenja Mergener, Verena Jendrossek, Jens T. Siveke, Samuel Peña-Llopis: A BAP1 synonymous mutation results in exon skipping, loss of function and worse patient prognosis
iScience 2021, DOI: 10.1016/j.isci.2021.102173


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW