24.04.2020 11:41
Welttag des Designs am 27. April. Wie Technisches Design die Chirurgie verbessern und Menschenleben retten kann
Designer suchen am Ende eines langen Prozesses nur noch die Farbe für ein Produkt aus? Weit gefehlt. An der Professur für Technisches Design der TU Dresden, angesiedelt an der Fakultät Maschinenwesen, steht die Frage nach dem Nutzen eines Produkts im Mittelpunkt aller Überlegungen. So auch bei Yichen Fan. Der Diplom-Student suchte erfolgreich nach Möglichkeiten, Medizintechnik durch Design wirksamer zu machen.
„Das Technische Design unterstützt bereits seit vielen Jahren Forschungsprojekte im Bereich der Agrar- und Bautechnik oder Logistik. Nun zunehmend auch mit den herausragenden Medizinern in der Stadt zusammenarbeiten zu können, macht uns besonders stolz“, erklärt Jens Krzywinski, Professor für Technisches Design an der TUD. „Es ist Anspruch eines guten Designs, einen Beitrag zu einer besseren Welt zu leisten. Wie das schon während des Studiums gelingen kann, dafür ist das Projekt unseres Studenten Yichen Fan ein wunderbares Beispiel.“
Viele Eingriffe im Operationssaal basieren mittlerweile auf der Vernetzung von Daten und der Assistenz durch Computer und Roboter. Doch die intelligenten Systeme schöpfen ihr Potential noch nicht voll aus. Yichen Fan befragte daher für seine Projektarbeit Chirurgen nach ihren Bedürfnissen und entwarf Lösungen für den Operationssaal von morgen. Dies geschah im Rahmen des Exzellenzclusters CeTI, welches Anwendungen für das taktile Internet erforscht.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Bisher fehlt Chirurgen bei minimal-invasiven Operationen mit Computer- und Roboterassistenz im wahrsten Sinn das Gefühl: es fehlen u.a. Informationen zur Festigkeit des Gewebes oder zum Vorhandensein eines Pulses. Um dieses Problem zu lösen, ging Yichen Fan der Frage nach, welche Anforderungen die Chirurgen während einer Operation haben. In Interviews mit dem medizinischen Personal des Universitätsklinikums wurde deutlich wie wichtig das haptische Feedback ist. Zwei Systeme werden momentan vorrangig genutzt: die sogenannte laparoskopische Zange und die roboterassistierte Operation, bei der der Eingriff über eine Konsole gesteuert wird. Für beide entwickelte Fan Lösungsansätze für ein derartiges Feedback. Diese stellte er Ärzten und Forschern vor. Das von ihm entwickelte Konzept für eine Zange, die ein spürbares Feedback durch einen „aufblasbaren Ring“ am Griff des Gerätes integriert hat, überzeugte die potentiellen Nutzer. Ähnlich wie bei einem Blutdruckmessgerät wird durch das Hineinpumpen von Luft in den Ring Druck erzeugt und damit ein haptisches Feedback wiedergegeben, welches Sensoren am anderen Ende der Zange im Körper des Patienten aufnehmen.
Im nächsten Schritt baute Yichen einen Prototypen auf, um das theoretisch entwickelte haptische Feedbacksystem zu testen. In dieser Phase ging es sowohl um die technische Umsetzung als auch das Design der Zange. Jetzt hätte die letzte Phase der Produktentwicklung angestanden: die Integration des Rings in eine laparaskopische Zange und das Testen des Prototypen – zunächst in der Chirurgie-Ausbildung. Dies wurde durch die COVID-19-Pandemie verzögert. Doch aufgeschoben, ist nicht aufgehoben: Wenn wieder etwas Normalität eingekehrt ist, werden die Tests durchgeführt.
Kann Design also Menschenleben retten? Ja, und noch mehr. Sobald der Chirurg durch haptisches Feedback an seiner laparoskopischen Zange bessere Entscheidungen während der Operation trifft, hilft das nicht nur dem Patienten. „Sondern, und das ist der besondere Wert einer umfassenden Nutzerbetrachtung wie sie im Design üblich ist, es hilft auch den Chirurgen und ihren Teams durch eine geringere mentale Belastung, weniger Fehler und mehr Zufriedenheit. Wir sind sicher, dass diesem vielversprechenden Auftakt noch viele weitere Innovationen aus Kooperationsprojekten von Medizin und Design folgen werden“, ist Prof. Krzywinski überzeugt.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Jens Krzywinski, jens.krzywinski@tu-dresden.de
Tina Bobbe, tina.bobbe@tu-dresden.de
Weitere Informationen:
https://streamable.com/l93hf6 Video
https://www.instagram.com/technischesdesign/
https://tu-dresden.de/design
https://www.ceti.one/
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Kunst / Design, Maschinenbau, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
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