31.07.2020 10:19
Wenn die Herzgefäße verkalken – Anfälligkeit auch vererbbar
Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) hat nachweisen können, dass nicht nur die Lebensweise eines Menschen für die Verkalkung von Herzkranzgefäßen verantwortlich ist. Auch Gen-Varianten des G-Protein-Signalweges sind es. Für ihre Erkenntnisse analysierten die Forschenden über 5 Jahre 3.108 zufällig ausgewählte Teilnehmende der Heinz Nixdorf Recall Studie. Die Ergebnisse sind im Fachjournal Atherosclerosis publiziert.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Herzerkrankungen gelten als Haupttodesursache, z. B. durch Herzinfarkt, und sind oft Folgen der koronaren Herzkrankheit (KHK). Ausgelöst wird die KHK durch Arterienverkalkung. Wenn es um Gründe für den Verkalkungsgrad und dessen Fortschreiten geht, blickt die Medizin bislang auf klassische Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes oder Rauchen.
„Diese Faktoren allein können jedoch die verschiedenen Grade von Arterienverkalkung nicht erklären“, sagt PD Dr. Stefanie Klenke, Oberärztin der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Essen. Sie und ihre Kollegen vermuteten eine vererbte Anfälligkeit, d. h. die Ursache könnte in den kodierten Genen in der DNA liegen.
Sie konzentrierten sich auf Gene der Guaninnukleotid-bindenden Eiweiße, kurz G-Proteine, die in Zellen wichtige Signale empfangen, übersetzen und weiterleiten. Wie bereits bekannt ist, kann diese Kommunikation aber durch funktionell wirksame genetische Varianten gestört werden: Diese sogenannten Risiko-Allele schaden dem Körper potenziell.
Die Forschenden fanden heraus, dass Risiko-Allele im G-Protein-Signalweg eine stärkere und schnellere Verkalkung der Herzarterien erheblich wahrscheinlicher machen – und dies unabhängig von klassischen Risikofaktoren. „Nachdem wir bereits die Bedeutung genetischer Varianten des G-Protein-Signalweges bei Herzoperationen aufzeigen konnten, weisen unsere Ergebnisse auf eine besondere Bedeutung dieser Gen-Varianten auch für das Voranschreiten der koronaren Herzkrankheit selbst hin“, resümiert Prof. Jürgen Peters, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin.
Über die Heinz Nixdorf Recall Studie
Seit 2000 wird die Heinz Nixdorf Recall Studie am Universitätsklinikum Essen mit zufällig ausgewählten Männern und Frauen der Städte Bochum, Essen und Mülheim a. d. Ruhr durchgeführt. Die Langzeitstudie gehört zu den größten wissenschaftlichen Studien von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Durch sie ist erstmals möglich, den Nutzen neuartiger Untersuchungsmethoden zur Herzinfarktgefährdung in der Bevölkerung des Ruhrgebietes zu erforschen. Recall steht für Risk Factors, Evaluation of Coronary Calcification and Lifestyle (Risikofaktoren, Erhebung koronarer Verkalkung und Lebensstil).
Hinweis für die Redaktion:
Fotos von Prof. Peters und PD Stefanie Klenke (Foto: UK Essen) stellen wir Ihnen unter folgendem Link zur Verfügung: https://www.uni-due.de/de/presse/pi_fotos.php
Redaktion
Martin Rolshoven, Medizinische Fakultät, Tel. 0201/723-6274, martin.rolshoven@uk-essen.de
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. med. Jürgen Peters, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Essen, juergen.peters@uni-due.de
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1016/j.atherosclerosis.2020.06.020
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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