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27.02.2024 16:00
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Wie ein Eiweiß die Funktion des Immunsystems beeinflusst
FAU-Team ermittelt Wirkung von GLUT1-Mangel auf B-Lymphozyten
Das menschliche Immunsystem, das Krankheitserreger erkennt und unschädlich macht, besteht aus Zellen mit festgelegten Aufgaben. Veränderungen können dazu führen, dass das Immunsystem uns schlechter vor Krankheiten schützt. Ein Forschungsteam der Abteilung für Molekulare Immunologie (Leiter: Prof. Dr. Hans-Martin Jäck) des Uniklinikums Erlangen an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) hat unter Leitung von Dr. Katharina Pracht herausgefunden, dass ein Eiweiß namens Glukosetransporter 1 (GLUT1) für die Funktionsfähigkeit bestimmter Zellen des Immunsystems, den Antikörper-produzierenden B-Lymphozyten, von großer Bedeutung ist. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden in der Fachzeitschrift Cell Reports veröffentlicht.*
B-Lymphozyten sind Zellen des erworbenen Immunsystems und entwickeln sich bei Kontakt mit einem Krankheitserreger oder nach einer Impfung zu Antikörper-produzierenden Plasmazellen. Antikörper erkennen bei erneutem Kontakt den Krankheitserreger und alarmieren andere Zellen, die den Erreger abtöten. GLUT1 sorgt dafür, dass das Zuckermolekül Glukose ins Zellinnere der B-Lymphozyten gelangt und die Zellen mit Energie versorgt werden. Denn die B-Lymphozyten benötigen für die Herstellung von Antikörpern sehr viel Energie. Mangelt es den Zellen an GLUT1, gelangt weniger Glukose ins Zellinnere und die B-Lymphozyten können ihre Aufgaben schlechter erfüllen.
Den Einfluss eines GLUT1-Mangels auf B-Lymphozyten hat das FAU-Team an einem präklinischen Modell untersucht, bei dem GLUT1 nur in B-Lymphozyten ausgeschaltet ist. Als Folge wurden B-Lymphozyten schlechter aktiviert und produzierten nach einer Impfung weniger schützende Antikörper. Einer der Gründe für die verminderte Aktivität der B-Lymphozyten ist, dass sie sich ohne den Zucker, der mithilfe von GLUT1 in die Zellen gelangt, nur vermindert vermehren konnten und sich schlechter zu Antikörper-produzierenden Zellen entwickelten. Neben der verringerten Energieversorgung der Zellen bei einem GLUT1-Mangel stellte das Team um Dr. Pracht fest, dass den B-Lymphozyten durch einen schlechteren Stoffwechsel auch bestimmte Bausteine für ihr Wachstum fehlten. Die FAU-Studie zeigt somit, dass ein Glukosemangel in B-Lymphozyten auch Signalwege und Prozesse beeinflusst, die nicht allein der Energiegewinnung dienen. Dies kann langfristig zu einer veränderten Aktivität der B-Lymphozyten und der Antikörper führen.
Die Ergebnisse der Untersuchung tragen nicht nur zu einem grundlegenden Verständnis des erworbenen Immunsystems bei, sie sind auch für Menschen mit dem seltenen GLUT1-Defizienz-Syndrom von Bedeutung. Diese Erkrankung wird durch Mutationen in der GLUT1-Gensequenz verursacht und führt bereits im Kindesalter zu schweren neurologischen Beschwerden. Über den Einfluss der GLUT1-Mutation auf die Langzeitwirkung von Impfungen oder auf die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen wie rheumatoide Arthritis, die sich oft erst in höherem Alter zeigen, kann derzeit jedoch noch keine Aussage getroffen werden. Doch es wird empfohlen, den Impfstatus von Patient/-innen mit GLUT1-Defizienz-Syndrom regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls die Impfintervalle anzupassen, um den Schutz vor gefährlichen Krankheitserregern zu gewährleisten.
* DOI: https://doi.org/10.1016/j.celrep.2024.113739
Ansprechpartnerin für Medien:
Dr. Katharina Pracht
Molekular-Immunologische Abteilung in der Medizinischen Klinik 3
Tel.: 09131/85-39339
katharina.pracht@uk-erlangen.de
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Katharina Pracht
Molekular-Immunologische Abteilung in der Medizinischen Klinik 3
Tel.: 09131/85-39339
katharina.pracht@uk-erlangen.de
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1016/j.celrep.2024.113739
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