Baukastensystem für die ausgeklügeltsten Roboter



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29.04.2021 06:26

Baukastensystem für die ausgeklügeltsten Roboter

Ein Team von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme (MPI-IS) hat ein System entwickelt, mit dem sie passgenau Baustein für Baustein Miniaturroboter herstellen können. Wie bei einem Lego-System können die Wissenschaftler*innen einzelne Komponenten beliebig kombinieren.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Stuttgart – Ein Team von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme (MPI-IS) hat ein System entwickelt, mit dem sie passgenau Baustein für Baustein Miniaturroboter herstellen können. Wie bei einem Lego-System können die Wissenschaftler*innen einzelne Komponenten beliebig kombinieren. Die Bausteine oder Voxel – man könnte sie auch als 3D-Pixel bezeichnen – bestehen aus unterschiedlichen Materialien: welche, die die Konstruktion halten, bis hin zu magnetischen Komponenten, die die Steuerung der weichen Maschinen ermöglichen. „Man kann die einzelnen weichen Teile beliebig zusammensetzen, es gibt keine Einschränkung, was man erreichen kann. Jeder Roboter hat so ein individuelles Magnetisierungsprofil“, sagt Jiachen Zhang. Zusammen mit Ziyu Ren und Wenqi Hu ist er Erstautor der Publikation „Voxelated three-dimensional miniature magnetic soft machines via multimaterial heterogeneous assembly“. Die Arbeit wurde am 28. April 2021 in Science Robotics veröffentlicht.

Das Projekt ist das Ergebnis vieler vorangegangener Arbeiten, die in der Abteilung für Physische Intelligenz am MPI-IS durchgeführt wurden. Seit vielen Jahren arbeiten die Wissenschaftler*innen dort an kleinen, magnetisch gesteuerten und kabellosen Robotern, die eines Tages in der Medizin eingesetzt werden könnten. Der Maßstab reicht von wenigen Millimetern bis hinunter zu einigen Mikrometern. Die bislang von der Abteilung entwickelten hochmodernen Designs haben in Wissenschaftskreisen weltweit Aufmerksamkeit erregt. Dabei waren sie in ihrer Funktionalität eingeschränkt, da sie nur aus einem einzigen Material hergestellt werden konnten.

„Möchte man weiche Miniaturroboter bauen, dann hat man viele unterschiedliche, oft komplexe Designs. Aufgrund der geringen Größe sind die verfügbaren Fertigungsmöglichkeiten sehr begrenzt. Das stellt uns vor große Herausforderung. Seit Jahren versuchen Forscher*innen, eine innovative Fabrikationsplattform zu entwickeln, die völlig neue Möglichkeiten bietet. Unserem Team ist das nun gelungen. Wir können sehr komplexe Konstrukte bauen, die maßgeschneidert funktionieren. Unser neues Baukastensystem wird den Weg ebnen für viele neue Roboter, von denen einige möglicherweise die minimal-invasiven medizinischen Geräte der Zukunft sein werden“, sagt Metin Sitti, der die Abteilung für Physische Intelligenz leitet. Er ist ein Pionier auf dem Gebiet drahtloser medizinischer und bio-inspirierter Miniaturroboter.

„Bisher haben wir die Voxel aus nur einem Material in 3D gedruckt oder gegossen. Das schränkt ihre Funktionalität ein – was kann schon ein einziges Material?“, sagt Ziyu Ren. „Wenn man wie wir mehr Funktionen möchten und ein einzigartiges Magnetisierungsprofil, dann geht das nur, wenn man verschiedene Materialien miteinander mischt.“

„Bisher war das Magnetisierungsprofil eines jeden Roboters gekoppelt an seine Geometrie und damit limitiert. Jetzt haben wir eine Plattform geschaffen, die ein beliebiges Magnetisierungsprofil ermöglicht. Das ist möglich, weil wir mehrere magnetische Teile frei in ein System integrieren können“, ergänzt Jiachen Zhang.

Die neue Bauplattform ermöglicht viele neue Designs und ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Forschungsgebiet der Soft-Robotik. Die Abteilung für Physische Intelligenz hat bereits eine Vielzahl an Robotern entwickelt: von einem krabbelnden und rollenden, von einer Raupe inspirierten Roboter über ein spinnenartiges Konstrukt, das hoch springen kann, bis hin zu einem nachgebauten Heuschreckenbein und magnetisch gesteuerten Maschinen, die anmutig wie Quallen schwimmen. Die neue Plattform wird diesen Trend beschleunigen. Sie bietet eine Spielwiese neuer Möglichkeiten, um noch modernere weiche Miniaturmaschinen zu bauen.

Die Forschenden stützen jede Konstruktion auf zwei Materialkategorien. Die Basis bildet meistens ein Polymer, das die Matrix zusammenhält. Aber auch andere Arten von weichen Elastomeren kommen hier zum Einsatz, beispielsweise biokompatible Materialien wie Gelatine. Die zweite Kategorie umfasst Materialien, in die magnetische Mikro- oder Nanopartikel eingebettet sind. So wird der Roboter steuerbar, da er auf ein Magnetfeld reagiert.

Die Voxel werden zu Tausenden in einem Schritt hergestellt. Als würde man Teig in einer Muffin-Backform verteilen, kreieren die Wissenschaftler die einzelnen Blöcke mit winzigen Gussformen. Jeder Block ist dabei in etwa 100 Mikrometer klein. Zusammengebaut werden sie von Hand unter dem Mikroskop, denn das automatisierte Zusammensetzen der Partikel ist noch zu komplex. Während die Forscher vor dem Bau jedes Roboters die Form und Funktionalität simulierten, gingen sie bei der Konstruktion nach dem Trial-and-Error Prinzip vor, bis sie mit dem Ergebnis zufrieden waren. Letztendlich strebt das Team jedoch an, die Herstellung zu automatisieren – nur dann können sie die Skaleneffekte nutzen, sollten sie die Roboter eines Tages kommerzialisieren. „Bei unserer zukünftigen Arbeit wird die automatisierte Fertigung einen hohen Stellenwert einnehmen“, sagt Jiachen Zhang. „Was unsere heutigen Roboterdesigns angeht, verlassen wir uns auf unsere Intuition, die auf langjähriger Erfahrung mit verschiedenen Materialien und weichen Robotern basiert.“

Pressekontakt:
Linda Behringer
Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme
Heisenbergstr. 3
70569 Stuttgart

+4915123001111
linda.behringer@is.mpg.de


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Metin Sitti
Direktor der Abteilung für Physische Intelligenz
Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme
sitti@is.mpg.de


Originalpublikation:

https://robotics.sciencemag.org/content/6/53/eabf0112


Weitere Informationen:

https://is.mpg.de/de/news/a-modular-building-platform-for-the-most-ingenious-of-…


Anhang

attachment icon Voxels made of multimaterials are freely integrated together to create robots with arbitrary 3D geometries and magnetization profiles.


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Maschinenbau, Medizin, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW