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29.06.2023 13:18
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Cochrane Review: Helfen pflanzlichen Mittel bei Reizmagen?
Anhaltende oder immer wieder auftretende Oberbauchbeschwerden wie Schmerzen, Brennen, Völlegefühl und vorzeitige Sättigung, für die sich keine organische Ursache findet, werden unter dem Begriff funktionelle Dyspepsie („Reizmagen“) zusammengefasst. Ob sich die Symptome eines Reizmagens mit pflanzlichen Mitteln lindern lassen, hat ein aktueller Cochrane Review untersucht.
Zwischen acht und dreißig Prozent der Weltbevölkerung leiden epidemiologischen Studien zufolge daran: Unter dem Oberbegriff „Reizmagen“ (auch als „funktionelle Dyspepsie“ bezeichnet) werden Oberbauchbeschwerden wie Schmerzen und Völlegefühl zusammengefasst, wenn sie länger als drei Monate anhalten oder immer wieder auftreten und wenn es keine organbedingte Erklärung gibt. Pflanzliche Mittel in verschiedenen Darreichungsformen (z. B. Kapseln, Tabletten, Pulver, Tee) erfreuen sich bei dieser Erkrankung zunehmender Beliebtheit.
Ein Team von Cochrane-Autor*innen hat nun die Evidenz zu Wirksamkeit und Sicherheit pflanzlicher Mittel bei Reizmagen zusammengestellt und bewertet. Pflanzliche Präparate werden auch im Rahmen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) verwendet. Da ein weiterer Cochrane Review speziell zu diesem Thema zur Zeit in Arbeit ist, wurde für diese Review lediglich Evidenz zu pflanzlichen Präparaten begutachtet, die nicht Teil der TCM sind.
Der Review umfasst 41 Studien für insgesamt 27 pflanzliche Mittel. Das bedeutet, dass für jedes Pflanzenmittel nur wenige oder nur einzelne Studien vorliegen. Viele Studien berichten zudem nicht, wie die funktionelle Dyspepsie diagnostiziert wurde – beides schränkt die Aussagekraft und Übertragbarkeit der Evidenz ein.
Die wichtigsten Ergebnisse: Pflanzliche Mittel in Kapselform mit den ätherischen Ölen von Pfefferminze und Kümmel sowie Curcumin (aus der Wurzel von Curcuma longa) lindern wahrscheinlich Reizmagenbeschwerden insgesamt über den untersuchten Zeitraum von vier Wochen (moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz nach GRADE).
Für das Kombipräparat Iberogast, das neun verschiedene Pflanzenextrakte (Angelika + Bittere Schleifenblume + Kamille + Kümmel + Mariendistel + Melisse + Pfefferminze + Schöllkraut + Süßholz) enthält, fanden die Cochrane-Autor*innen sechs Studien mit 970 Teilnehmenden, die Zeiträume von 4 bis 12 Wochen untersuchten. Demnach verbessern sich die Gesamtsymptome möglicherweise, doch die Evidenz ist aufgrund methodischer Mängel der Studien, uneinheitlicher Ergebnisse und Unsicherheiten in Bezug auf die Schätzung der Effektgröße unsicher (niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz nach GRADE).
Insgesamt fand das Cochrane-Team für 14 weitere pflanzliche Mittel (z. B. Pacari-Pflanze, Schwarzkümmel, Ingwer, Artischocke) aus jeweils einer Studie Hinweise auf eine mögliche positive Wirkung bei Reizmagen.
Die Studien untersuchten Zeiträume von 15 Tagen bis 12 Wochen. Zwar traten in diesem Zeitraum unerwünschte Wirkungen mit den pflanzlichen Mitteln nicht oder allenfalls geringfügig häufiger auf als mit Placebo. Reizmagen ist allerdings ein chronisches Problem, so dass der Nachweis der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit über längere Zeiträume notwendig ist. So ist beispielsweise bekannt, dass Schöllkraut (in Iberogast enthalten) in hoher Dosierung und bei längerer Anwendungsdauer die Leber schädigen kann.
Originalpublikation:
Báez G, Vargas C, Arancibia M, Papuzinski C, Franco JVA. Non‐Chinese herbal medicines for functional dyspepsia. Cochrane Database of Systematic Reviews 2023, Issue 6. Art. No.: CD013323. DOI: 10.1002/14651858.CD013323.pub2
Weitere Informationen:
https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD013323.pub2/full/de
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
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Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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