Entzündliche Botenstoffe: böse Buben, gutes Werk



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31.08.2023 13:07

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Entzündliche Botenstoffe: böse Buben, gutes Werk

Bei der Entstehung der Atherosklerose in den Gefäßwänden spielen unter anderem Fresszellen (Makrophagen) eine besonders relevante Rolle und werden durch ganz bestimmte Botenstoffe des Immunsystems im Sinne einer schädlichen Dauerentzündung rekrutiert. Aber diese Botenstoffe haben zwei Gesichter, wie Forschende des LMU Klinikums um Dr. Kami Pekayvaz und Prof. Dr. Konstantin Stark mit Kollegen anderer Institutionen entdeckt haben: Die ansonsten entzündungsfördernd wirkenden Botenstoffe sind innerhalb der Gefäßwand – ausgeschüttet von Gefäßmuskelzellen – überraschenderweise entzündungshemmend. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal Immunity veröffentlicht.

Atherosklerose entsteht, wenn Cholesterinablagerungen sich in der Wand von Blutgefäßen ansammeln und Entzündungszellen in die Gefäßwand einwandern. Dort baut sich eine schädliche Entzündungsreaktion auf, die sich verselbstständigt, chronisch wird und zu Ablagerungen führt, die im Fachjargon Plaques genannt werden. Sie verengen die Gefäße. Mehr noch: Auf den Plaques können Gerinnsel entstehen und sich lösen, durch das Blut wandern und Gefäße im Herzen oder im Gehirn verstopfen. Dadurch entsteht ein Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Makrophagen gehören zu den Immunzellen, die in den Geweben unseres Körpers unter anderem Zelltrümmer entsorgen und weitere wichtige Funktionen erfüllen. Aber: Sie sind auch wesentlich an der atherosklerotischen Plaque-Bildung in der Gefäßwand beteiligt. „Bisher war nur bekannt, wie die Fresszellen zur atherosklerotischen Ablagerung rekrutiert werden und zur Krankheitsentstehung beitragen“, sagt Dr. Kami Pekayvaz, Erstautor der Studie. Dabei spielen bestimmte Botenstoffe des Immunsystems – CCL2 und MIF genannt – eine entscheidende Rolle.

Die Forschenden untersuchten in ihrer Studie nun mittels moderner Analyse-Methoden detailliert, was nach der Rekrutierung von Fresszellen in die Gefäßwand geschieht. Sie entschlüsselten, wie Muskelzellen in der Gefäßwand das lokale Entzündungsmilieu aktiv beeinflussen – und machten eine überraschende Entdeckung: Gefäßmuskelzellen schütten die als besonders schädlich geltenden Botenstoffe CCL2 und MIF aus, die stark auf die Funktion und die Verteilung von Fresszellen wirken.

Dies führt aber nicht zu einer entzündungsfördernden Beeinflussung von Fresszellen, sondern sichert die normalen, gesunden Funktionen der Fresszellen. Denn als die Wissenschaftler die Ausschüttung von CCL2 und MIF verhinderten, starben die Makrophagen ab oder arbeiteten nicht mehr richtig, „was die Entstehung der Gefäß-Entzündung und der Atherosklerose beschleunigte“, sagt Pekayvaz. Abhängig vom Ort in der Gefäßwand entfalten die eigentlich bösen Buben mithin einen schützenden Effekt für den atherosklerotischen Prozess, der weltweit Millionen Menschen das Leben kostet.

Diese Entdeckung ist sehr wichtig für die weitere Herz-Kreislauf-Forschung, denn in ihren Laboren arbeiten Forschende weltweit an antientzündlichen Therapien. „Diese Therapien sollten aber nicht die potentiell vorteilhaften Effekte der Botenstoffe in gewissen Bereichen des Gefäßsystems blockieren und sollten somit zellspezifisch sein“, sagt der Münchner Forscher, „um die Wirkung dieser innovativen Behandlungsansätze optimal zu gestalten“.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. med. Kami Pekayvaz
Medizinische Klinik I
LMU Klinikum München
Tel: +49 89 2180-76505
E-Mail: kami.pekayvaz@med.uni-muenchen.de


Originalpublikation:

Mural cell-derived chemokines provide a protective niche to safeguard vascular macrophages and limit chronic inflammation
Pekayvaz et al., 2023, Immunity 56, 1–17
DOI: https://doi.org/10.1016/j.immuni.2023.08.002


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW