Fettzellen helfen bei der Reparatur verletzter Nerven



Teilen: 

28.11.2023 10:53

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Fettzellen helfen bei der Reparatur verletzter Nerven

Die Verletzung peripherer Nerven im Körper kann Schmerzen und Bewegungsstörungen zur Folge haben. Wie sich geschädigte Nerven besser regenerieren können, haben Wissenschaftler:innen der Universitätsmedizin Leipzig aktuell untersucht. Sie fanden heraus, dass Fettgewebe die zur Reparatur benötigten Schwann-Zellen beim Heilungsprozess stark unterstützt. Die Ergebnisse sind im renommierten Journal Cell Metabolism veröffentlicht worden.

Unser Körper ist durchzogen von Millionen von Nervenfasern, die Informationen übertragen. So können beispielsweise Muskeln angesteuert oder Sinneseindrücke wahrgenommen werden. Periphere Nerven, wie die Nerven unserer Arme und Beine, werden jedoch häufig im Rahmen akuter Verletzungen geschädigt, etwa bei Unfällen. In der Folge leiden Betroffene unter einem Verlust der Muskelkraft oder sensiblen Problemen wie Taubheitsgefühlen. Dabei verfügen periphere Nerven prinzipiell über ein ausgeprägtes Regenerationspotential. Eine vollständige Wiederherstellung der Nervenfunktion ist jedoch trotzdem selten, aus Gründen, die bisher nicht hinreichend verstanden sind.

Bei einer Quetschung oder Durchtrennung eines Nervs sterben die einzelnen Nervenfasern, die von der Schädigung betroffen sind, zunächst ab. Grundsätzlich besitzen sie aber die Fähigkeit, erneut auszuwachsen und vollständig zu regenerieren. Abhängig sind sie dabei von den die Nervenfasern umgebenden Schwann-Zellen. Diese sterben nach einer Nervenverletzung nicht ab, sondern sind dafür verantwortlich, den Abbau wie auch das erneute Auswachsen der Nervenfasern zu ihren ursprünglichen Gebieten hin zu koordinieren. Schwann-Zellen nehmen somit eine Schlüsselrolle für den Reparaturprozess ein. Bisher war aber unbekannt, wie diese Zellen die enorme Stoffwechselbelastung, die mit dem Abbau und dem Wiederaufbau des Nervengewebes einhergeht, bewältigen. Wissenschaftler:innen der Universitätsmedizin Leipzig haben nun herausgefunden, dass Schwann-Zellen bei der Nervenreparatur von dem Fettgewebe, welches die Nerven im Körper umgibt, entscheidend unterstützt werden. Mit Hilfe genetisch veränderter Mäuse gelang ihnen dabei der Nachweis, dass hierfür der Botenstoff Leptin eine wesentliche Rolle spielt.

Leptin wird vor allem von Zellen des Fettgewebes produziert und ist bisher im Ernährungskontext für seine appetitzügelnde Wirkung bekannt. Überraschenderweise zeigte sich im aktuellen Forschungsprojekt, dass die Leptin-Signalwirkung auch einen wichtigen Faktor für die Reparatur verletzter Nerven durch Schwann-Zellen darstellt. „Das Leptin der Fettzellen regt den Energiehaushalt regenerierender Schwann-Zellen an, indem es deren Mitochondrien stimuliert”, erklärt Dr. Robert Fledrich vom Institut für Anatomie an der Universität Leipzig, einer der beiden Studienleiter.

„Gleichzeitig nutzen die Mitochondrien der Schwann-Zellen dabei Anteile des geschädigten Nervengewebes als Energiesubstrat, damit eine erfolgreiche Regeneration stattfinden kann”, ergänzt Prof. Dr. Ruth Stassart vom Paul-Flechsig-Institut für Neuropathologie am Universitätsklinikum Leipzig, Co-Leiterin der Studie. Der Stoffwechsel der Schwann-Zellen wird so optimal für die Nervenregeneration ausgerichtet und begünstigt damit maßgeblich die Wiederherstellung der ursprünglichen Nervenfunktion, wie die beiden Wissenschaftler:innen erläutern.

Die Kommunikation zwischen Fettzellen und Schwann-Zellen könnte dabei möglicherweise neue therapeutische Optionen eröffnen, die den Stoffwechsel der Reparaturzellen bei Nervenschädigungen positiv beeinflussen. Die beteiligten Forscher:innen erhoffen sich somit, dass die neuen Erkenntnisse dazu beitragen, die meist schlechte Regeneration geschädigter Nerven im Menschen in Zukunft zu verbessern.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Robert Fledrich Institut für Anatomie, Universitätsmedizin Leipzig E-Mail: Robert.Fledrich@medizin.uni-leipzig.de

Prof. Dr. Ruth Stassart Paul-Flechsig-Institut für Neuropathologie, Universitätsmedizin Leipzig E-Mail: Ruth.Stassart@medizin.uni-leipzig.de


Originalpublikation:

Originalartikel in Cell Metabolism: Adipo-glial signaling mediates metabolic adaptation in peripheral nerve regeneration. DOI: 10.1016/j.cmet.2023.10.017


Weitere Informationen:

https://doi.org/10.1016/j.cmet.2023.10.017


Bilder

Mikroskopischer Querschnitt durch ein peripheres Nervenbündel (dunkelblau), welches hunderte von Schwann-Zellen ummantelte Nervenfasern enthält. In der Nachbarschaft des Nervs sind zahlreiche große Fettzellen (hellblau) zu sehen.

Mikroskopischer Querschnitt durch ein peripheres Nervenbündel (dunkelblau), welches hunderte von Sch
Abbildung: Universität Leipzig
Fledrich/Stassart


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW